Die narzisstische Gesellschaft
sind solche Frauen die beliebtesten Mitarbeiterinnen von Chefs, weil sie fortgesetzt alles gerne und beflissen tun, was dem Vorgesetzten (dem «Vater») gefällt.
Hingegen kann es ein von der Mutter emotional missbrauchter Sohn schwer haben, einen guten Zugang zum Vater zu finden, da er auf die Bedürfnisse der Mutter «abgerichtet» ist. In diesem Fall wird der Vater («der Mann») von der Mutter meistens abgewertet, verachtet und bekämpft: «Werde ja nicht wie dein Vater!», «Du gleichst ja jetzt schon deinem Vater!» Die Mutter agiert auf diese Weise ihren unbewältigten Männerhass aus, indem sie versucht – und das gelingt bei der großen Abhängigkeit des kleinen Jungen meistens sehr gut –, den Sohn auf ihre Seite zu ziehen, ihn mit ihren Negativerfahrungen und Vorurteilen zu vergiften. Der Sohn bleibt dann muttergebunden und vaterverachtend und erleidet damit eine doppelte narzisstische Verletzung: Die notwendige Ablösung von der Mutter hin zur Selbstbestimmtheit gelingt ebenso wenig wie die Identifikation mit einem guten männlich-väterlichen Vorbild.
Der von der Mutter abhängig gehaltene Junge kann aber auch vom Vater gerettet werden. Die Hauptaufgabe des Vaters liegt in der Ermutigung und Unterstützung des Kindes, sich aus der Situation der Geborgenheit und der Versorgung durch die Mutter allmählich zu entfernen und die befreiende Erfahrung von selbstbewusster Autonomie zu gewinnen. Der Vater ist (idealerweise) der beste Begleiter des Kindes beim notwendigen Verlassen des «Nestes» und für die selbst zu verantwortende Gestaltung des eigenen Lebens und der Welt. Damit diese so wichtige väterliche Funktion als Retterfunktion für das Kind wirksam werden kann, muss der Vater seine eigene Mutterbindung gelöst und mithin auch den Mut entwickelt haben, seiner Frau gegebenenfalls zu widersprechen und sich entsprechend abzugrenzen, um so für den Jungen einen Freiraum zu schaffen, in dem er eigene Erfahrungen machen und Entscheidungen treffen kann. Leider ist viel häufiger das Gegenteil der Fall, dass der Vater nämlich den Sohn verrät, ihn im Stich lässt, weil er die Auseinandersetzung mit seiner Frau scheut, was Ausdruck seiner eigenen Mutterabhängigkeit ist.
Zugegeben: Wenn eine solche konfliktreiche Unterstützung des heranwachsenden Sohnes durch den Vater nötig ist, dann ist meistens auch die Beziehung der Eltern schon schwer belastet und in Gefahr auseinanderzubrechen. Für das Kind ist die Trennung der Eltern immer eine traurige Erfahrung, doch bei chronischem Streit und Kampf der Eltern gegeneinander kann ihre Scheidung auch zu einer Befreiung aus dem emotionalen Sumpf der elterlichen Verstrickungen und Projektionen werden und die notwendige Aufgabe des Kindes, zwischen Mutterwelt und Vaterwelt unterscheiden zu lernen, wesentlich erleichtern. Gelingt es dem Kind, sich einer Manipulation zur Parteilichkeit zu entziehen, und lernt es, gute wie schlechte Seiten bei Mutter
und
Vater zu identifizieren und auseinanderzuhalten, dann ist ein wichtiger Schritt zur eigenen Positionierung erreicht. Dann gilt nicht länger: gute Mutter – böser Vater oder, seltener: böse Mutter – guter Vater, sondern es gibt Eltern, deren unterschiedliche Eigenschaften, Stärken und Schwächen dazu herausfordern, eigene Positionen zu finden, indem mütterliche und väterliche Beeinflussungen überwunden und aufgegeben oder als nützliche Möglichkeiten übernommen und weiterentwickelt werden. Jeder narzisstisch halbwegs gesättigte und freie Mensch wird alle Gepflogenheiten, Regeln und Rituale seiner Familie, seiner Kultur und der gesellschaftlichen Gebote auf ihre Tauglichkeit für das eigene Leben hin überprüfen und entsprechend verändern, ablegen oder übernehmen. Die Einstellung der Eltern zum Geschlecht ihrer Kinder ist also eine wesentliche Ursache für narzisstische Bestätigung oder Verunsicherung. Über die Auswirkungen der typischen Mütterlichkeits- und Väterlichkeitsstörungen auf die narzisstische Regulation äußere ich mich im nächsten Kapitel.
Die elterliche Prägung verfestigt sich später unter dem Einfluss der geschlechtsspezifischen Rollen, die die Gesellschaft für Frauen und Männer vorsieht; bisweilen wird sie dadurch auch konfliktreich modifiziert. Eine Vatertochter etwa wird in aller Regel von feministischen Schwestern kritisiert und abgelehnt werden. Töchter, die mit Hilfe des Vaters dem emotionalen Missbrauch oder der Abwertung durch die Mutter entronnen sind, wissen
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