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Die Naschmarkt-Morde

Titel: Die Naschmarkt-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Gründerzeithaus, in dem die Hofratsfamilie wohnte, zurück. Als sie die Wohnungstür aufsperrte, strömte ihr intensiver Kaffeegeruch entgegen, aus dem Speisezimmer hörte sie das morgendliche Geklapper des Kaffeegeschirrs. In ihrer Kammer legte sie den Strohhut ab, sah in der Küche nach dem Rechten, bemerkte zufrieden, dass die Gerti gewaschene Hände und offensichtlich alle Sachen ordentlich erledigt hatte. Die Köchin ging zum Speisezimmer, klopfte an, trat ein und wünschte den Herrschaften einen guten Morgen. Mit wachsamem Auge ging sie einmal rund um den Tisch, schenkte dem Hofrat, der Zeitung las, Kaffee nach und trug der Gerti auf, ein Glas frisches Wasser zu bringen. Bernadette Schmerda beobachtete sie unentwegt. Schließlich konnte sie nicht länger an sich halten und platzte heraus: »Frau Aurelia, Sie schauen heute so strahlend glücklich aus! Gerade so, wie wenn Sie frisch verliebt wären …«
    Ihre Zwillingsschwester und Alphonse brachen daraufhin in Gekicher aus, die Litzelsberger bekam einen roten Kopf. Der Hofrat ließ die Zeitung sinken, sah seine Kinder streng an und brummte: »Bernadette! Ein Wort noch, und du hast die kommende Woche Hausarrest. Alphonse, grins nicht so blöd! Geh lieber in dein Zimmer und steck deine Nase in die Lateingrammatik. Nach dem Mittagessen werde ich dich prüfen. Bernadette und Charlotte, ihr beide räumt jetzt anstatt der Gerti den Frühstückstisch ab. Danach bereitet ihr euch in eurem Zimmer auf den Sonntagsgottesdienst vor.«
    Die Gemaßregelten traten schnellstens den Rückzug an, die Mädchen nahmen dabei all das Geschirr mit, das nicht mehr verwendet wurde. Als die Kinder aus dem Zimmer waren, wandte sich der Hofrat an die Köchin: »Sie müssen schon entschuldigen, Frau Aurelia. Aber wir sind alle ein bisserl beunruhigt, seitdem Sie so intensiven Kontakt zu dem Herrn Inspector von der Polizei-Direction pflegen. Nicht dass ich was dagegen hätte. Aber man macht sich halt so seine Gedanken …«
    Nun schaltete sich auch die Hausfrau ein: »Liebe Aurelia, Sie wissen, dass ich Ihnen alles Glück der Welt wünsche. Versprechen Sie mir bitte nur eines: Wenn Sie den Herrn Inspector heiraten, bleiben Sie weiterhin bei uns im Dienst. So eine gute Köchin wie Sie finden wir nie wieder.«
    »Gnädige Frau, gnädiger Herr, ich bitt Sie, machen Sie sich wegen mir keine Sorgen. Weil … weil, von einer Heirat ist wirklich keine Rede nicht. Dem Herrn Inspector Nechyba erlaube ich nur, mich hin und wieder auszuführen. Und seine Besuche hier im Haus waren rein dienstlicher Natur.«
    Der Hofrat schmunzelte und meinte begütigend: »Sie wissen, Frau Aurelia, dass ich Ihre Kochkünste über alles schätze und dass meine Frau und ich Ihnen im Haushalt absolut freie Hand lassen. Weiters gebe ich Ihnen hiermit meine ausdrückliche Erlaubnis, dass der Herr Inspector Sie untertags hier in der Wohnung besuchen darf. Und jetzt schauen Sie, dass Sie weiterkommen und den sonnigen Tag genießen. Schönen Sonntag!«
    »Das wünsche ich Ihnen und der gnädigen Frau auch«, antwortete die Litzelsbergerin und zog sich mit einem Knicks aus dem Speisezimmer zurück. In der Küche nahm sie entgegen ihren sonstigen Gewohnheiten keinen Kaffee und auch keinen einzigen Bissen zu sich. Ihre Hände zitterten, die Nerven flatterten. Das Wohlwollen, das sie soeben erfahren hatte, war für die Litzelsbergerin, die sich ihrer Stellung als einfacher Dienstbote sehr wohl bewusst war, nicht leicht zu verkraften. Zusätzlich war sie, obwohl das ja nicht ihr erstes Rendezvous mit dem Nechyba war, nervös wie ein Schulmädchen.
     
    Flotten Schrittes ging sie die Magdalenenstraße stadteinwärts und die Engelgasse hinauf zum vereinbarten Treffpunkt – dem Café Sperl. Vor dem Eingang erblickte sie die vertraute Gestalt. Einem Turm gleich hatte sich Nechyba vor dem Kaffeehaus 76 aufgebaut. In seinen Pranken hielt er einen riesigen Picknickkorb. Er begrüßte sie mit Handkuss und ging voran ins Café, wo er seinen Lieblingsplatz ansteuerte. Artig nahm er ihr den Schirm ab und rückte einen Stuhl zurecht, auf dem sie Platz nahm. Dann ließ er sich selbst mit einem Schnaufer nieder. Mit großem Vergnügen bestellte er für sich und die Litzelsbergerin Kaffee, Eier, Schinken, frische Semmerln, Kipferln und Marmelade. Beide sprachen den gebotenen Genüssen kräftig zu, ohne dabei viel zu reden. Nach dem Frühstück fragte er, ob es sie störe, wenn er rauchen würde. Sie gestattete es ihm und beobachtete neugierig

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