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Die Nebelkinder

Die Nebelkinder

Titel: Die Nebelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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dich dazu?«
    »Ich bin in allen Punkten unschuldig«, sagte Albin gefasst, nicht sonderlich laut, aber doch deutlich vernehmbar.
    Wenrichs Faust fuhr krachend auf den Tisch. »Du machst es dir zu einfach! Halte dir vor Augen, dass auf Hochverrat und heidnischen Zauber der Tod steht!«
    »Das ändert nichts an meiner Unschuld, Herr.«
    »Tut es nicht?«, fragte der Vogt lauernd. »Du bestreitest also, ein Wesen des Teufels zu sein, eine heidnische Missgeburt der Sorte, die man Nebelkinder nennt?«
    Bei der Erwähnung der Nebelkinder ging ein Raunen durch die Zuhörer. Die Mönche bekreuzigten sich, und die Barschalke dachten an manch nebligen Abend, an dem sie ihre Hütten verbarrikadiert und ihre vor Angst zitternden Frauen und Kinder beruhigt hatten, obwohl ihnen selbst die Angst vor den unheimlichen Wesen in den Knochen steckte. Allein der Verdacht, dass Albin ein Kind des Nebels sei, genügte vielen, ihm jede Schandtat zuzutrauen.
    »Er schweigt, weil er weiß, dass Leugnen zwecklos ist«, fuhr Wenrich fort. »Denn er trägt die Zeichen seiner unheiligen Abkunft an sich. Los, Männer, entblößt seine Füße!«
    Der Ruf galt seinen Soldaten, die sich augenblicklich über Albin hermachten, um ihm Schuhe und Strümpfe auszuziehen. Die Beherrschung, die Albin mühsam bewahrt hatte, fiel von ihm ab. Sein Herz raste und das Blut pochte in seinem Kopf. Kein klarer
    Gedanke wollte ihm mehr kommen. Nur eins stand für ihn fest: Wenn die Menge seine nackten Füße sah, war das Urteil gefällt, sein Schicksal besiegelt. Er wehrte sich nach Leibeskräften und konnte sich einige Male dem Zugriff der Soldaten entziehen. Dann aber hatten sie ihn fest im Griff und befolgten Wenrichs Befehl. Sobald sie ihm Schuhe und Strümpfe mehr von den Füßen gerissen als ausgezogen hatten, hoben sie Albin hoch und trugen ihn im Saal herum, zeigten ihn vor wie ein erlegtes Stück Wild. Und fast jeder, der seine Füße sah, stöhnte auf und schlug hastig das Kreuz vor seiner Brust. Graman aber saß vollkommen starr und blickte mit Tränen in den Augen auf das, was er schon kannte.
    An den Unterschenkeln wurden Albins Beine außergewöhnlich dünn, wie bei einem kleinen Kind, dafür waren sie sehr sehnig. Auch die Füße waren unnatürlich schmal, was sie noch länger wirken ließ, als sie es ohnehin waren. Jeder Fuß hatte nur vier Zehen, die von gleicher Länge waren und etwas voneinander abstanden. Die Zehennägel bildeten lange, leicht gebogene Krallen, was den vogelartigen Eindruck noch verstärkte. Ledrige braune Haut überzog Unterschenkel und Füße.
    »Der Leib eines Knaben und die Füße eines Raben!«, rief Wenrich den alten Spruch durch den Saal. »Seht ihn nur an und ihr werdet erkennen, dass die Missgeburt ein Kind des Nebels ist! Wer will jetzt noch an seiner Schuld zweifeln?«
    Zustimmende Rufe wurden laut, während die Wachen Albin wieder auf die - nackten - Füße stellten. Er blickte zu Boden und wäre am liebsten darin versunken. Teils aus Scham, weil er anders war als alle anderen, teils aber auch, weil sein Todjetzt so gut wie beschlossen war. Wäre Gerswind auch tot gewesen, hätte er sich vielleicht in sein Schicksal ergeben. Aber das fast sichere Wissen, dass sie noch lebte, machte es für ihn unerträglich, dass er sie niemals wiedersehen sollte.
    Triumphierend blickte Wenrich in die Runde. »Ich glaube, wir sind einer Meinung, was den Vogelfüßigen angeht. Dennoch, weil es hier um Leben oder Tod geht, wiederhole ich noch einmal: Wer zweifelt angesichts dieser Missbildung an Albins Schuld?«
    »Ich!«, kam es mit tiefem Klang und fremdartigem Zungenschlag von der großen Doppelflügeltür, durch die man Albin hereingeführt hatte. Ein Flügel war aufgestoßen worden, und in der Tür stand der mit eüi- chen Verbänden umwickelte Nordmann, gestützt auf Goswin. Arne löste sich von dem Novizen und kam mit wackligen Schritten in den Saal. »Ich war dabei, als Albin sich in den See stürzte, um meinen Bruder zu retten, den zuvor ein Nebelkind angegriffen hatte.« Er zeigte auf Grimald. »Der Hauptmann und seine Leute können es bezeugen.«
    Grimald nickte zögernd. »Es ist wahr, ich sah es mit eigenen Augen. Albin wagte sein Leben für den Bruder des Wikingers.«
    Wenrich sprang auf und rief noch lauter als zuvor: »Ein Heide steht einem Heiden bei. Was ist das für ein Beweis? Wollen wir unsere chrisdichen Gesetze vergessen, sobald ein Ungläubiger versucht, das Leben eines anderen Ungläubigen zu retten?«
    »Darum

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