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Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Männern. Wenn sie euch einholen, seid ihr allein aufeinander gestellt.«
    Aufeinander? Ich war nicht ganz sicher, wie er das meinte. Fraglos konnte er nicht wirklich glauben, ich würde mich Faustus anschließen!
    »Ganz richtig«, sagte Martinus lachend, als er meine Gedanken erriet. »Du, bester Wagner, wirst mit dem Doktor gehen.«
    Ich sprang auf, mit solcher Heftigkeit, daß der Stuhl hintüber kippte. »Keinesfalls!« entfuhr es mir lautstark. »Ich bin kein Ketzer und will keiner sein. Ich habe mein Leben einmal zu oft aufs Spiel gesetzt. Das muß genügen!«
    »Ich fürchte, dir bleibt keine andere Wahl«, widersprach Martinus. »Bleibst du in Wittenberg, wird man dir zweifelsohne auf die Spur kommen. Vergiß nicht, du hast einen gesuchten Ketzer befreit.«
    Plötzlich begriff ich, daß er all das von Anfang an geplant hatte. Schnaubend vor Wut ballte ich die Fäuste, um auf ihn loszugehen. »Ihr habt mich in mein Verderben laufen lassen! Ihr seid ein schöner Vormund! Erst droht Ihr mir, mein Geld zu rauben, dann zerstört Ihr mein Leben!«
    Martinus wich meinem zornigen Angriff mit erstaunlicher Behendigkeit aus und bückte sich dann hinab zu seinem Bündel, ganz so, als sei er sicher, daß ich es kein zweites Mal versuchen würde. »Dein Geld, das habe ich hier. Gut, daß du mich daran erinnerst.«
    Damit zog er einen ledernen Beutel hervor, in dem es versöhnlich klimperte. »Ich habe deinen Besitz verdoppelt, mein junger Freund«, sagte er und hielt mir den herrlichen Schatz entgegen. »Nicht, weil ich deine Dienste kaufen will, sondern weil das Studium an der Seite eines Mannes wie Faustus Unbehaglichkeiten mit sich bringt, die man mit klingender Münze wenigstens zum Teil beheben kann.«
    »Studium?« fragte ich überrascht und griff dabei eilig nach dem Beutel, bevor Martinus seine Meinung ändern konnte. Ich war sicher, daß die Aufregung ihn in einen Zustand zeitweiliger Umnachtung gestürzt hatte; wie sonst ließ sich seine plötzliche Freigiebigkeit erklären?
    »Ja, mein Lieber. Faustus wird fortan dein Lehrer sein«, entgegnete Martinus. »Vorausgesetzt, er ist einverstanden.« Damit wandte er sich erwartungsvoll an den Doktor.
    Es fiel schwer, dessen Miene richtig zu deuten. Es war offensichtlich, daß ihn der Gedanke an einen Klotz am Bein nicht freudig stimmte. Andererseits stand er gleich in zweifacher Schuld: Zum einen bei Martinus, der seine Rettung veranlaßt, zum anderen bei mir, der sie ausgeführt hatte. Offenbar galt ihm Dankbarkeit soviel, daß er Martinus’ Bitte nicht von vornherein ablehnte – wenngleich ich mir genau das wünschte. Hatte ich mich nicht eben erst an das gesicherte Dasein gewöhnt? An das geruhsame Leben, das Studium der Bücher? Sollte ich all das jetzt aufgeben, allein für die Aussicht auf unstete Wanderschaft? An der Seite eines verurteilten Ketzers noch dazu!
    Faustus ließ sich Zeit, ehe er zur Antwort anhob. Und selbst dann noch dauerte es eine Weile, bis sein Mund die Worte formte: »Meinethalben soll er mitkommen«, sprach er und wandte sich dann direkt an mich. »Bist du gelehrig, sollst du mein Schüler sein. Bist du es nicht, trennen wir uns auf der Wartburg.«
    Der Höflichkeit halber hätte er ein »Einverstanden?« anfügen können, doch das tat er nicht. Für ihn waren seine Worte Beschluß.
    Auch Martinus gab sich damit zufrieden, und mich selbst fragte ohnehin keiner mehr. Ich öffnete den Mund, um zu widersprechen, als Faustus plötzlich den Zeigefinger an seine Lippen hob und lautlos vom Stuhl sprang. Eilig löschte er die Kerze und huschte ans Fenster. Ich sah unsicher zu Martinus hinüber, doch in der Dunkelheit war sein Gesicht kaum mehr als ein Schemen. Mit einem Mal überkam mich Furcht. Sollte das bedeuten –
    »Wir sind entdeckt!« zischte Faustus.
    Er starrte angestrengt hinaus in die Nacht. Martinus und ich traten an ein Fenster auf der anderen Seite des Eingangs und taten es ihm gleich. Vor den trüben Scheiben war nichts als mitternächtliche Schwärze. So sehr ich mich auch bemühte, etwas zu erkennen, Gestalten vielleicht oder nur eine Regung – ich sah nichts außer Finsternis. Martinus und ich wechselten einen Blick, er zuckte mit den Schultern. Gemeinsam schauten wir fragend zu Faustus hinüber.
    Der Doktor war indes in hektische Betriebsamkeit geraten. Er sprang zum Tisch und schob ihn von innen gegen die Haustür.
    »Glaubt Ihr, daß sie das aufhalten wird?« wagte ich zweifelnd anzumerken.
    Faustus schenkte mir einen

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