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Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Faustus, dessen seid versichert.« In dem schalen Versuch, uns allen Hoffnung zu machen, fügte er hinzu: »Es gibt mehr geheime Kammern in dieser Burg, als Asendorf in einem ganzen Jahr durchstöbern könnte.«
    Wir kamen überein, daß wir trotz allem die Pferde satteln lassen und die Burg zum Schein verlassen würden. Landsknechte und Bedienstete mußten glauben, daß wir in der Nacht abgereist seien, denn zuviele von ihnen wußten, daß wir Berlepschs Gäste waren. Obgleich sie unsere Namen nicht kannten, war die Gefahr zu groß, daß einige von ihnen Asendorf die richtige Hinweise geben würden. Alles mußte daher so aussehen, als hätten wir die Wartburg vor der Ankunft des Hexenjägers verlassen.
    Während Faustus und ich so lautstark wie nur möglich unsere Abreise vorbereiteten und mitten auf dem Hof, gut sichtbar für jeden, unsere Taschen auf die Pferde luden, führte Berlepsch persönlich das Mädchen aus seinem Gästezimmer zu uns herab. Auf Faustus besonderen Wunsch hin hatte man ihr eine Hose statt eines Kleides angezogen. Darüber trug sie ein weites Wams mit Kapuze, unter der sie ihr zerstörtes Gesicht verbarg.
    Zu dritt ritten wir durchs Tor hinaus in die Nacht. Die Wachtposten grüßten, als wir sie im Licht ihrer Fackeln passierten. Unsere Pferde trugen uns den Weg hinab bis zum Fuß des Berges. Dort bogen wir nach links auf einen schmalen Pfad ins Unterholz. Berlepsch hatte uns diesen Weg beschrieben, und ganz wie er versprochen hatte, führte er uns in einem weiten Bogen durch die Wälder schließlich zurück zur Felswand unterhalb der Burg. Ich blickte nach oben und erkannte hoch über unseren Köpfen den Umriß des Südturms, der sich dräuend vom Himmel abhob. Wir mußten uns jetzt etwa an jener Stelle befinden, an der noch vor kurzem Mephisto gestanden hatte. Freilich war von dem Hund keine Spur zu entdecken.
    Statt seiner fanden wir den Hauptmann, der plötzlich vor uns aus dem Dickicht am Fuß der Felswand emporwuchs, unerwartet wie ein hölzerner Magier aus den Tiefen einer Puppenbühne.
    »Hier entlang«, zischte er uns zu und schob Büsche und Unterholz beiseite. Dahinter kam die schwarze Öffnung eines geheimen Felsengangs zum Vorschein. Es war ein Spalt, hoch genug, daß wir auf den Rücken der Pferde hätten hineinreiten können. Trotzdem stiegen wir ab und führten die Tiere an den Zügeln. Sie mußten uns notgedrungen in unser Versteck folgen.
    Als wir den Gang betraten, schlug uns der muffige Geruch von feuchtem Gestein und Erdreich entgegen.
    »Um ehrlich zu sein, werter Hauptmann, Eure Dachkammer schien mir behaglicher«, bemerkte ich naserümpfend.
    Berlepsch entzündete eine Fackel, die er aus der Burg mit hierhergebracht hatte. Ihr Licht ließ mich die Umgebung deutlicher erkennen. Der Felsspalt verbreiterte sich nach einigen Schritten zu einer hohen, äußerst schmalen Höhle. Hier banden wir die Pferde an zwei Pfähle, die aus dem Gestein ragten, und ließen sie zurück. Vertraute des Hauptmanns würden sich später um sie kümmern. Uns selbst führte Berlepsch tiefer hinein ins Innere des Felsens. Es ging enge, aus dem Stein gehauene Treppen hinauf, so viele Stufen, daß ich nach einer Weile das Zählen aufgab. Ich sorgte mich um das Mädchen, doch unsere verletzte Begleiterin nahm unermüdlich Absatz um Absatz.
    Endlich erreichten wir eine niedrige Kammer, in deren Decke eine hölzerne Falltür eingelassen war. Wir alle mußten uns bücken, um nicht mit den Köpfen anzustoßen. Berlepschs Fackel zeichnete wirre Muster aus Ruß aufs Gestein.
    »Über uns liegen die Ställe«, erklärte der Hauptmann und drückte die Falltür behutsam nach oben. Augenblicklich drang der Geruch von Stroh und Pferdedung an meine Nase.
    Berlepsch sah sich vorsichtig um, dann schob er die Falltür gänzlich auf. Eilig kletterte er hindurch, ich folgte als zweiter. Von oben streckte ich dem Mädchen die Hand entgegen, doch es zog sich aus eigener Kraft an den Rändern der Luke hinauf. Faustus verließ das Loch als letzter und scharrte loses Stroh über die geschlossene Falltür.
    »Hier entlang«, flüsterte der Hauptmann und lief gebückt durch den dunklen Stall. Einige der Pferde schnaubten leise, als wir ihm folgten.
    An der Rückwand des Stalls gab es eine schmale Tür, dahinter schraubte sich eine Wendeltreppe aus Holz in die Höhe. Sie knirschte unter jedem unserer Schritte. Die Geräusche schienen mir laut genug, um jeden Bewohner der Burg aus dem Schlaf zu reißen. Doch falls einer

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