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Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Umrisse schwebten darüber hinweg, Geister, die über den Hügeln jagten. Ich sah noch einmal hin; es war nur der Wind, der Zweige und Baumkronen erbeben ließ und die Schatten in zitternder Bewegung brachte. Es schien, als seien die Wälder in lautlosem Aufruhr.
    Faustus wartete, bis ich neben ihm stand. Dann erst drehte er den Kopf und sah mich an. Sein Körper blieb weiter über die Zinnen gebeugt.
    Stammelnd suchte ich nach einer Ausrede. »Ich… ich machte mir Sorgen um Euch und…«
    »Natürlich«, sagte er leise. »Das ist sehr ehrenwert von dir. Schließlich wäre es möglich, daß der Hauptmann mich entführen läßt, nicht wahr?«
    Ich brauchte einen Augenblick, ehe ich den Spott in seinen Worten verstand. Doch Faustus klang nicht erbost. Jetzt lächelte er sogar.
    »Nun, wo du einmal hier bist, möchtest du vielleicht wissen, was ich hier draußen treibe, nicht wahr?«
    »O nein«, wehrte ich eilig ab, »nicht nötig. Ich gehe einfach wieder hinauf in meine Kammer und lege mich schlafen. Alles andere geht mich nichts an.«
    »Das sollte es aber«, widersprach er. »Du bist jetzt mein Schüler. Zudem hätte ich dir ohnehin davon erzählt.«
    Aus dem Abgrund jenseits der Zinnen ertönte erneut das Hundebellen, das ich bereits früher vernommen hatte. Es klang jetzt ganz nah. Da begriff ich.
    Faustus sah es mir an und nickte. »Mephisto«, flüsterte er. Dann wandte er sich von mir ab und blickte wieder hinab in die Wälder.
    Ich beugte mich zwischen den Zinnen hindurch und sah wie mein Meister an Mauer und Felswand hinunter. Ihr Ende verschwamm mit dem wogenden Blätterdach, das sich weit unter uns bis an die Felsen schmiegte. Falls dort unten etwas Lebendes war, so hielt es sich gänzlich im Dunkeln verborgen. Und doch: Je länger ich hinab in die Finsternis blickte, desto deutlicher wurden zwei glimmende Punkte, die mein Starren erwiderten. Glühend rot und reglos. Augen.
    »Wie kommt er hierher?« flüsterte ich leise, fast ehrfurchtsvoll.
    »Niemand hält Mephisto gefangen«, erwiderte Faustus. »Nicht einmal die Heilige Inquisition.«
    »Aber er ist nur ein Hund«, entgegnete ich.
    Faustus legte einen Finger an die Lippen. »Laß ihn das nicht hören.«
    »Nicht hören?« fragte ich erstaunt. »Aber…«
    »Still jetzt«, unterbrach er mich bestimmt.
    Ich verstummte sofort, obgleich mir die Worte auf den Lippen brannten. Ich kannte die Gerüchte um den Hund meines Meisters. Es hieß, er sei kein Tier wie jedes andere. Die Alten erzählten sich, er könne die Farbe wechseln, wenn Faustus ihm die Hand auflegte. Manche behaupteten, er könne fliegen und sei in Wirklichkeit gar ein mächtiger Dämon, der Faustus nach seinem Pakt mit dem Teufel zur Seite gestellt worden sei.
    Ich selbst aber glaubte nicht an diesen Pakt, und so hielt ich auch die Schauermär über Mephisto für blühenden Unsinn. Ein Hund war ein Hund. Auch dieser. Wenngleich mir Faustus’ Benehmen und seine rätselhaften Worte Unbehagen bereiteten. Was hatte er gemeint, als er sagte, niemand halte Mephisto gefangen? Wollte er damit sagen, daß der Hund sich nie in Gefangenschaft befunden hatte? Oder daß man ihn nicht gefangenhalten könne ?
    Die Antwort darauf blieb er schuldig.
    Faustus blickte weiter wortlos in die Tiefe. Sein Mund schien sich sachte zu bewegen, doch kein Laut drang an mein Ohr. Dann wieder war sein Gesicht vollkommen reglos, so, als lausche er einer Antwort, die er nicht mit den Ohren vernahm.
    Du bist jetzt der Schüler eines Zauberers, sagte ich mir mit Nachdruck. Du solltest dich an dergleichen gewöhnen.
    Doch das war leichter gesagt als getan. Trotz aller Menschlichkeit, die Faustus im Umgang mit mir und dem Mädchen gezeigt hatte, schien er mir doch mehr als ein gewöhnlicher Mann. Wieder fragte ich mich, ob nicht doch manches an den unheilvollen Gerüchten, die man sich über ihn erzählte, der Wahrheit entsprach. Faustus, der mächtige Magicus. Faustus, der Satansdiener.
    »Weshalb kommt er nicht herauf in die Burg?« fragte ich leise.
    »Weil er dort draußen sehr viel nützlicher ist«, gab Faustus zu Antwort.
    Ich nahm all meinen Mut zusammen und fragte: »Spricht er zu Euch?«
    Die Mundwinkel des Schwarzkünstlers verzogen sich zu einem spröden Lächeln. Sein weißes Gesicht schimmerte im Mondlicht wie Schädel eines steinernen Götzen. »Manchmal.«
    »Tut er es…jetzt?«
    »Wenn du es sprechen nennen willst.«
    Ich schwieg und sah wieder hinab in die Dunkelheit. Das rote Augenpaar leuchtete noch immer

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