Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
gab nun keinen Unterschied mehr zwischen Bürgern und Bauern, Landsknechten und Kirchendienern. Selbst Asendorf und DeAriel wirbelten jetzt mit den Händen um ihre Köpfe und versuchten vergeblich, sich vor den rasenden Wespen zu schützen.
    Während die Männer und Frauen in alle Himmelsrichtungen davonstürzten, liefen rechts von uns aus einer Gasse mehrere vermummte Gestalten. Sie hielten Schwerter und Dolche in den Händen, einer sogar eine Armbrust, mit der er tödliche Bolzen auf die Landsknechte Asendorfs verschoß.
    Der Inquisitor schrie nach seinen Männern und befahl ihnen mit schriller Stimme, für den Fortgang der Hinrichtung zu sorgen. Er selbst aber wandte sich um, sprang auf sein Pferd und preschte davon.
    Da entdeckte ich zwei weitere Menschen, die inmitten des Tumultes standen, ohne zu flüchten. Es waren Angelina und Gregorius, beide in weite Kapuzenmäntel gehüllt. Einen Augenblick lang glaubte ich, sie steckten hinter der teuflischen Wespenlist, doch tatsächlich schienen sie von den Ereignissen ebenso überrascht wie alle anderen. Sie zogen sich die Ränder ihrer Mäntel vor die Gesichter und kamen wagemutig näher, der Pater nur zögerlich, Angelina aber schnell und entschlossen.
    Dann verlor ich sie aus den Augen, denn im selben Moment sprangen gleich zwei der vermummten Gestalten auf mein Podest und machten sich an meinen Fesseln zu schaffen. Mit einem dumpfen Laut lösten sich die Seile, und ich war frei. Einer der beiden zog mir einen groben Leinensack übers Gesicht, in den man einen dünnen Spalt für die Augen geschnitten hatte. Dann zerrte mich meine Retter in einem weiten Satz über die Flammen hinweg und riefen mir zu, so schnell wie möglich davonzulaufen.
    Das tat ich – und stieß schon nach wenigen Schritten mit Faustus zusammen, dem man offenbar denselben Rat gegeben hatte. Polternd stürzten wir übereinander. Ich riß mir den Sack vom Gesicht und bemerkte, daß die Wespen sich allmählich verteilten. Die meisten schwirrten immer noch dort umher, wo sich einige der unglücklichen Zuschauer voller Qual am Boden wälzten. Der Rest flog davon, um sich in Dachstühlen und Bäumen neue Nester zu bauen.
    Auch Faustus zog sich den Sack herunter und grinste mich an.
    »Lauf!« rief er mir zu. »Ich will derweil unseren Freunden beistehen.«
    »Unseren Freunden?« fragte ich, denn ich wußte noch immer nicht, wem wir unsere Rettung verdankten.
    »Ja, hast du sie denn nicht erkannt?« erwiderte er, gab mir aber keine Erklärung, sondern rannte los zu den anderen.
    Ich stand einen Augenblick lang ratlos da, dann folgte ich ihm.
    Asendorfs Landsknechte hatten sich zu einem erbärmlichen Haufen zusammengerottet. Viele hatten ihre Waffen fortgeworfen und schlugen mit bloßen Händen nach den stechenden Insekten. Einigen schwollen bereits Gesichter und Finger an, dort, wo sich die Stacheln der Wespen in ihr Fleisch gebohrt hatten. Noch dazu drangen nun die Vermummten, nicht mehr als ein knappes Dutzend, auf sie ein. Es bereitete ihnen keine Schwierigkeiten, die angeschlagenen Landsknechte gänzlich zu entwaffnen und jene, die Widerstand leisteten, niederzumachen.
    Die Pferde der Soldaten irrten ziellos auf dem Marktplatz umher. Drei der Vermummten packten je ein Tier an den Zügeln, schwangen sich hinauf und folgten dem flüchtenden Asendorf. Die vorderste der Gestalten riß sich die Tücher vom Kopf. Zum Vorschein kam ein schwarzer Haarschopf, der hinter ihr wehte wie ein Schweif. Lady Lara schien mir schöner denn je.
    Die Gauklerin hieb ihrem Pferd die Fersen in die Flanken und preschte stadtauswärts davon. Ihre beiden Gefährten folgten ihr. Sie waren entschlossen, Asendorfs Flucht zu vereiteln.
    Faustus griff nach einem herrenlosen Schwert, zog sich gleichfalls auf ein Pferd und folgte den dreien auf der Spur des Hexenjägers. Ich wollte es ihm gleichtun, doch es gelang mir nicht, eines der panischen Pferde zu zähmen. So blieb mir nur, ihm besorgt hinterherzublicken. Er rief mir etwas zu, doch wurden seine Worte vom Lärm der Kämpfenden verschlungen. Einen Augenblick später war er fort.
    Ich blickte ihm nach und zögerte noch, dann schloß ich mich mit einem Schwert in der Hand unseren Rettern an. Nach und nach entledigten sie sich ihrer Vermummung. Immer mehr bekannte Gesichter kamen zum Vorschein. Selbst der Junge, Gisbrands Sohn, war darunter. Ich sah, wie er mit dem viel zu großen Schwert ausholte und es einem wehrlosen Landsknecht in den Rücken hieb. Blut besudelte ihn vom

Weitere Kostenlose Bücher