Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
dafür verhaften, dass du mich duzt und so respektlos mit mir redest! Ich bin der Erstgeborene des…“ Belian sprach diese vermeintliche Ausflucht nicht zu Ende.
Jasko tat es für ihn, schonungslos, wie der Mann manchmal sein konnte. „Gewesen, Etienne. Biologisch zwar nicht, aber gesellschaftlich bist du es wohl laut deiner eigenen Ansicht mal gewesen. Und dir geht es nur so schlecht, weil du dich zu Recht falsch behandelt fühlst. So grundverkehrt diese absolute Monarchie aus meiner auswärtigen Sicht auch generell sein mag, selbst du als Teil der Aristokratie rebellierst gegen den Teil, den du als ungerecht empfindest. Wie geht es da wohl einem Bürger oder gar einem Leibeigenen?“
„Oder einem rechtlosen Gefangenen. Das meinst du doch auch, nicht wahr?“
„Ich sprach jetzt nicht von mir!“, verwehrte der Terraner sich energisch.
„Aber von deinem Freund und deinen Kollegen. Von eurer Besatzung.“
Ein Kopfschütteln war die Antwort, als der Offizier die Sinnlosigkeit seines Anliegens einsah. „Lass uns nicht streiten. Es führt zu nichts. Du bist in deiner Welt aufgewachsen und ich in meiner. Unsere Leute sind glücklicherweise nicht im Gefängnis, sondern nur in alle Winde verstreut worden. Wie man uns damals sagte, gelten nur Offiziere als nicht umerziehungsfähig. Vermutlich haben wir das zweifelhafte Glück gehabt, irgendwie als aristokratenähnlich betrachtet zu werden. Wie ich in eurer so genannten Verfassung las, hat der König bei euch sogar das Recht, eine ganze Familie auszulöschen, wenn das Oberhaupt Verrat begeht. Von daher ist unsere Haft vielleicht… nachvollziehbar. Wir hatten wohl noch Glück, dass es nur ein Gefängnis war und nicht die Verbannung in die Wüste… ach scheiße! Lass uns einfach nicht mehr darüber reden.“
„Okay“, bestätigte Belian bewusst mit einem terranischen Wort, das auch Jasko manchmal benutzte. Heute bekam er jedoch kein Lächeln zur Antwort wie sonst.
„Könnten wir bitte umkehren? Meine Oberschenkel tun mir langsam weh.“
Wie erbeten wandte Belian sich um und strich dabei auch Flore über den ebenmäßigen weißen Stern. Wie hatte er seine Wut heute nur an der Stute auslassen können? Sie war nicht Vent, und selbst wenn sie es gewesen wäre, so stellte der Unfall immer noch ein Gottesurteil dar.
Erst nach einigen Schritten dämmerte ihm etwas. „Sag mal, Kristian, hast du eigentlich gerade gesagt, deine Oberschenkel täten dir weh?“
„Ja, so ziemlich. Ich bin das Reiten einfach nicht…“ Der Satz wurde nie zu Ende geführt. Jasko starrte nur verdutzt an sich herunter und schlug eine Hand vor den Mund. Der erste Spruch war einfach eine Floskel gewesen, in Gedanken hervorgebracht, ohne darüber zu reflektieren.
„Tja, ich befürchte, wir werden noch öfters ausreiten müssen. Es gibt auf dem Kontinent Hospize, die kranken Kindern armer Bürger eine kostenlose Tiertherapie ermöglichen. Wir sollten wohl mal dasselbe versuchen. Flore mag dich, also fang schon einmal an, sie zu mögen. Wenn man Schmerzen in einem Körperteil hat,fühltman es nämlich wieder!“
Das nun entstehende Schweigen war gänzlich anders als das in dem Hybridgefährt. Es war gemeinschaftliches freundschaftliches Schweigen.
Etienne Belian wusste, dass wenigstens Kristian Jasko immer für ihn da sein würde. Vorbehaltlos und mit all seiner fremdweltlerischen Unverschämtheit. Hinken hin oder her, für seinen Freund war er nicht behindert.
Dafür dachte der fassungslose Terraner mit seiner Rückenverletzung erstmals hoffnungsvoll an die Möglichkeit, irgendwann in ferner Zukunft womöglich sogar die eigenen Zehen wenigstens wieder als Teil seines Körpers spüren zu können. Es musste kein Marathonlauf sein, aber nur das Bewusstsein, einen gänzlich fühlbaren und kontrollierbaren Körper zu haben. Diese Hoffnung verdankte er allein dem störrischen Jungen, den er gerade so zusammengestaucht hatte.
Noch immer unter dem Einfluss dieses Hochgefühls fand sich Jasko drei Stunden später plötzlich Theodore Charles Belian d’Auvergne gegenüber. Der Duc hatte den Trakt der Hausbediensteten heute aufgesucht, um sich zu bedanken. Er kannte seinen Erstgeborenen und glaubte, auch die kühle Reaktion des Terraners zu verstehen. Erst als der Hausherr seinen dennoch aufkeimenden Zorn kontrollierte, schaffte er es, doch noch auszusprechen, was er sich überlegt hatte.
„Sie sind jetzt beinahe sieben Monate in meinen Diensten, Monsieur. Dank Ihnen hat Etienne jetzt nicht
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