Die neue Lust am Essen: Vom Laster Nikotin und Fastlife zu Lebensgenuss und Slow Food (German Edition)
natürlich ganz besonders die Pflege ihres Körpers, um möglichst attraktiv zu erscheinen. Ihr Stellenwert in der Clique bedeutete ihnen sehr viel und außerdem strebten sie eine gute Ausbildung als Basis für einen guten und vor allem gutbezahlten Job an. Das Freiheitsgefühl meiner Jugend konnten sie nicht teilen und verteidigten sogar mehrheitlich die ihnen offenbar vertrauten Normen, die sie in gewisser Weise als Anhaltspunkte für ihre eigene Entwicklung sahen.
Was mich ziemlich nachdenklich stimmte, war der Umstand, dass sie sich nicht selten Zwängen ausgesetzt fühlten, einem gewissen Bild entsprechen, eine Rolle erfüllen mussten, die ihnen vorgegeben wurde, nämlich so zu sein, wie man zu sein hatte, wenn man in der Gruppe oder in der Gesellschaft bestehen wollte.
Schließlich diskutierten wir noch die Frage, ob heute nicht vielleicht viel zu oft in unseren persönlichen Freiraum eingegriffen wurde, indem man uns, zu unserem Besten, versteht sich, all das zu verbieten versuchte, was uns schaden konnte, was aber früher eine selbstverständliche Quelle des Genusses war.
Young, slim and healthy, meinetwegen, ich wollte ja auch mitmachen – in Maßen. Allerdings empfand ich es schon als Bevormundung, dass man uns einen gesunden Lebensstil quasi gesetzlich aufzwingen oder uns indirekt dazu drängen wollte. Mit Freiheit hatte das alles nicht viel zu tun. Aber vielleicht war diese heute gar nicht mehr so gefragt wie in meiner Jugendzeit und Normen, an die man sich klammern konnte, im Grunde sogar hilfreich.
Wir mussten die interessante Debatte leider vertagen, denn die Stunde war um.
Was heißt hier eigentlich normal?
Der Körper als Wert, der Körper als Kapital, der schlanke, schöne Körper als ästhetisches Muss – an dieser Norm führt heute kaum ein Weg vorbei. Aber wie realistisch ist dieser Anspruch und was bedeutet das für diejenigen, die von Natur aus nicht in das trendige Bild passen? Und vor allem: Was ist überhaupt normal?
Warum kämpfen manche ein Leben lang mit dem Barockengel, während andere essen können, was sie wollen, ohne je aus der Form zu geraten? Woher kommt das ungeliebte Fett, und wo liegt die Grenze zwischen normal und Zuviel, unter Umständen auch Zuwenig?
Wer abnehmen will, muss weniger Kalorien zu sich nehmen als er verbraucht, das weiß mittlerweile wohl schon jeder, und selbstverständlich gilt auch der Umkehrschluss: Wer auf Dauer mehr Kalorien zu sich nimmt, als er verbrauchen kann, wird langsam aber stetig zunehmen. Ab und zu einmal über die Stränge zu schlagen und ausgiebig zu schlemmen schadet keinem, nur die dauernde Überversorgung wird früher oder später zum Problem. Die nicht benötigte Energie wird in Fettzellen deponiert, das überschüssige Fett bleibt im Körper und vermehrt sich dort weiter.
Die Menschen des Fast-Life, die alles immer schnell und ohne viel Aufwand erledigt haben wollen, auch das Essen, greifen oft und gerne zu Fast Food und Fertiggerichten, die meistens viel Fett enthalten und daher wahre Dickmacher sind. Es kommt zu einem permanenten Überschuss an Energie, während gleichzeitig Bewegungsmangel und sitzende Tätigkeiten den Energieverbrauch reduzieren – ideale Bedingungen für den Barockengel.
Der Grundstein für spätere Fettleibigkeit wird oft schon in der Kindheit durch falsches Essverhalten und Mangel an körperlicher Aktivität gelegt. Auch Erbanlagen können eine gewisse Rolle spielen, davon allein wird man aber nicht dick, sondern hauptsächlich durch die erlernten Essensmuster.
„Frust-Esser“, die ein allfälliges Problem oder ein Gefühl des Unwohlseins mit Essen zu kompensieren versuchen, können rasch in einen Teufelskreis geraten. Das Problem – welches auch immer es sein mag – löst sich nicht, aber der Körper reagiert auf das Zuviel, man nimmt zu und das neue Problem schafft neuen Frust, der wiederum mit Essen bekämpft wird.
Auch Stoffwechselerkrankungen wie eine Schilddrüsen-Unterfunktion können zu Übergewicht führen, aber in den meisten Fällen gilt einfach der Satz: Zuviel des Guten macht dick. Offen bleibt also die Frage nach der Grenze. Was ist normal, was nicht mehr? Wo fängt Übergewicht an, ein gesundheitliches Problem zu werden?
Alle Versuche, ein Maß vorzugeben, können nur Durchschnittswerte liefern und berücksichtigen individuelle Kriterien wie Körperbau, Konstitution und den allgemeinen Gesundheitszustand einer Person nicht.
Nach der seit langem bekannten klassischen Formel:
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