Die neue Lust am Essen: Vom Laster Nikotin und Fastlife zu Lebensgenuss und Slow Food (German Edition)
berühmte französische Impressionist Claude Monet seine „Carnets de Cuisine“, weil er nicht nur ein genialer Maler, sondern auch ein begnadeter Genießer war und daher seine Lieblingsgerichte in stets gleichbleibender Qualität aufgetischt bekommen wollte. Hundert Jahre vor Petrini brauchte man zwar noch keine Angst vor verseuchten oder manipulierten Lebensmitteln zu haben, Qualitätsunterschiede gab es aber offenbar damals schon.
Daher ließ sich Monet für die legendären Tafelrunden des Fin de Siècle nur das Feinste vom Feinen kommen, um sich und seine Gäste zu verwöhnen: Gänseleberpastete aus dem Elsass, Trüffel aus dem Périgord, Wild aus den Wäldern der Umgebung und Fisch aus dem eigenen Zuchtbecken. Im Garten hinter dem Haus in Giverny bei Paris, wo er lebte und arbeitete, gediehen Gemüse, Pilze und Kräuter, die jeden Morgen frisch geerntet wurden. Und ohne Fett ging gar nichts, wie das Beispiel einer Erbsensuppe aus den „Carnets de Cuisine“ zeigt, die nicht nur mit Butter gekocht, sondern schließlich noch mit einem eigroßen Stück Butter, zwei Eigelb und einem Viertelliter Crème fraîche verfeinert wurde. Monet wusste wohl über die Wirkung von Fett auf den Geschmack einer Speise Bescheid und brauchte sich natürlich nicht um seinen Cholesterinspiegel zu sorgen.
Auch in unseren Breiten gibt es eine lange Tradition, mit reichlich Fett zu kochen. In der Altwiener Küche wurden die weltberühmten Schnitzel in heißem Schweineschmalz schwimmend herausgebacken. Anschließend wurde das Fett abgegossen und in dem in der Pfanne verbliebenen Schmalz-Bröselgemisch die Beilage gebraten, vorgekochte, grob geschnittene Erdäpfel, die auf diese Weise besonders knusprig und schmackhaft wurden. Das aufgefangene Schmalz verwendete man später zur Zubereitung von deftigem Gemüse wie zum Beispiel eingebranntem Kohl.
So viel Butter – o Graus! Und erst Schweineschmalz – igitt! werden jetzt wohl Viele sagen oder zumindest denken. Und in der Tat ist vor allem das Schmalz in den letzten Jahrzehnten ziemlich aus der Mode gekommen und sogar auf einer Art Index gelandet, als Teufelsfett schlechthin.
Ein Fett tierischen Ursprungs, gar nicht gut für unsere Gefäße und unser Herz, sagen die Ärzte und verteufeln in einem Aufwasch auch immer öfter das gute alte Butterbrot. Aber wie überall macht wohl auch hier die Menge das Gift, und so wird uns ein wenig Butter von Zeit zu Zeit genauso wenig schaden, wie eine Speckjause nach einer zünftigen Wanderung, ein Schmalzbrot beim Heurigen oder ein Schnitzel auf Altwiener Art.
Bei den Engelsölen sieht die Sache anders aus. Schon der Name verheißt nur Gutes. Bei Oliven-, Leinsamen-, Kürbiskern-und Rapsöl darf herzhaft zugegriffen werden – vorausgesetzt, man befindet sich nicht gerade im Clinch mit dem Barockengel und möchte abnehmen. Die Inhaltstoffe dieser Öle wirken jedenfalls wahre Wunder.
Die wertvollen ungesättigten Fettsäuren, unter anderem Omega 3, bewirken, dass unser Körper gewisse Vitamine (A, D, E und K) überhaupt erst aufnehmen kann, sind unerlässlich für den Aufbau gesunder Zellwände, stärken das Herz und haben einen positiven Effekt auf den Cholesterinspiegel. Neben den Engelsölen findet man Omega 3 übrigens auch in Fisch, Avocados, Nüssen und Samen. Außerdem enthalten kaltgepresste Pflanzenöle besonders viel verjüngendes Vitamin E, und das kann ja nie schaden.
Doch all das wusste man im Hause Monet natürlich noch nicht.
Tolle Knolle
In Monets Rezeptheften kommt sie kaum vor, vielleicht war sie ihm nicht ganz geheuer, zu minder oder er mochte sie einfach nicht. Vielleicht stammt auch aus dieser Zeit ihr Image als Arme-Leute-Essen – wer weiß das schon? Jedenfalls hat sich ihr Ruf inzwischen ziemlich geändert und wir schätzen sie mehr und mehr, und das aus gutem Grund.
Ein englischer Sir, Francis Drake oder Walter Raleigh, ein Spanier, ein Italiener, Columbus oder Marco Polo (nein, das war der mit den Nudeln) oder ein anderer, mittlerweile vielleicht in Vergessenheit geratener Entdecker fremder Welten – die Experten streiten noch heute, wer sie einst auf unsere Teller brachte, die tolle Knolle aus den Anden, die so gut schmeckt und so viel kann, vorausgesetzt sie landet nicht unglücklicherweise in einem Swimmingpool aus heißem Öl und wird dort gnadenlos zu Tode frittiert.
Was hat sie nicht alles für uns auf Lager, wenn wir liebevoll mit ihr umgehen. Eiweiß und Stärke, Magnesium, Eisen, Kalium, Kalzium,
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