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Die neue Menschheit

Die neue Menschheit

Titel: Die neue Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chad Oliver
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Weile, und Schaum drang aus ihrem Mund. Sie starb schnell. Ihr Gefährte schaukelte in dem Nest vor und zurück, ahmte nach, was sie getan hatte, aber er brachte keinen Laut hervor.
    Er war der Führer. Ein Führer mußte handeln. Er hob die geschrumpfte Frau auf die Arme. Sie war feucht, warm und schmutzig. Er trug sie zum Bach, watete bis zur Mitte und ließ sie los. Dann kehrte er zurück und schaute nach dem Ding, das in ihr gewesen war. Es war grotesk, es hatte sie getötet. Er zögerte eine Weile. Man könnte es vielleicht essen. Doch dann entschied er sich dagegen. Er packte es und übergab es ebenfalls dem Bach. Es trieb im Wasser und folgte der Frau.
    Er kehrte zu seinen Leuten zurück. Er blickte Dieh an und sie ihn. Grauen erfüllte ihn. Er wußte, was in ihr war. Sie wußte es ebenfalls.
    Sie konnten den Mann nicht trösten, der sich in seinem Nest verzweifelt auf den Knien vor und zurück wiegte. Er war keinem Trost zugängig. Aber sie hatten auch ihr eigenes Problem, das ihnen nun arg zu schaffen machte.
    Sie kehrten zu ihrem Nest zurück, und er drückte Dieh fest an sich. Seine Furcht war kälter als der Wind. Er spürte, wie ihr geschwollener Bauch sich an ihn preßte. Er schauderte. Da war ein Gesicht unter der Haut. Da waren zwei wartende Augen, und sie schauten zu ihm heraus.
     
    Es vergingen noch viele Tage, bis es mit Dieh soweit war.
    Alle Frauen mit geschwollenen Bäuchen – es waren mehr als Finger an einer Hand, aber weniger als die Finger beider Hände – warteten angstvoll. Eine finstere Wolke hing über dem Lager.
    Es war unerträglich, auch nur daran zu denken, daß er Dieh verlieren würde. Er tat für sie, was er konnte. Er besorgte ihr zu essen. Er achtete darauf, daß sie sich ausruhte. Er wollte, daß sie stark war. Sie trafen eine gemeinsame Entscheidung. Wenn es geschah, würde sie tun, was sie konnte. Auf keinen Fall aber würden sie versuchen, das Ding herauszureißen. Das war ein Fehler gewesen.
    Die Kälte war nicht mehr so durchdringend. Die Tage waren heller und länger. Winzige Dinge wuchsen aus den Zweigen der Bäume.
    Wachsende Dinge …
    Er wollte nicht daran denken. Er hoffte, daß Dieh nicht die nächste sein würde. Je mehr Erfahrung sie mit der Krankheit gewannen, desto mehr konnten sie lernen. Diehs Chancen waren größer, wenn sie die letzte wäre. Natürlich wußte er, daß er nicht so denken sollte. Schließlich waren alle seine Leute. Er war verantwortlich für jeden. Trotzdem hoffte er es. Dieh war ihm wichtiger als alle anderen.
    Doch es sollte nicht sein. Es überraschte ihn allerdings nicht. Irgendwie hatte er gewußt, daß seine Gefährtin die nächste sein würde. Es begann so wie bei der andern, sie bekam krampfartige Schmerzen in größeren Abständen. Sie biß die Zähne zusammen und schrie nicht. Vielleicht waren ihre Schmerzen nicht so groß. Möglicherweise war es ein gutes Zeichen. Er wußte es nicht. Er hielt die anderen vom Nest fern. Das war wenigstens etwas, das er tun konnte, und er fühlte sich nicht ganz so hilflos. Es störte ihn nicht, wenn sie zuschauten. Das sollten sie, damit sie lernen würden. Aber er wollte nicht, daß sie eingriffen. Er setzte sein Vertrauen in Dieh.
    Sie würde das Richtige tun. Es war ihr Körper.
    Erst kam der blutige Schleim, dann die wässerige Flüssigkeit. Das jagte ihm Angst ein. Es war zu sehr wie bei der anderen Frau. Er scheute sich zuzusehen. In seiner verzweifelten Hilflosigkeit rannte er, die Zähne fletschend, hin und her.
    Dieh ächzte. Sie lag auf dem Rücken im Nest, den Kopf auf einen Stein gestützt, die Beine angezogen. Sie war schweißüberströmt.
    Das Ding begann herauszukommen.
    Er zwang sich zuzusehen. Sein Herz hämmerte. Auch er war schweißgebadet. Plötzlich durchzuckte ihn Hoffnung. Es war nicht ganz so wie bei der anderen Frau.
    Ein rundes, glattes Ding kam als erstes heraus. Es war größer als eine Frucht. Es war der Teil, der das Gesicht hatte. Es war ein Kopf!
    Dieh arbeitete schwer. Sie drückte und entspannte sich, drückte und entspannte sich. Ihr Gesicht wirkte besorgt. Aber sie wurde jedenfalls nicht auseinandergerissen.
    Es kam!
    Es war da. Mit der Schnur und allem.
    Dieh beugte sich vor und hob das glitschige Ding hoch. Sie legte sich wieder auf den Rücken und hielt es an ihrer Brust. Das Ding trat mit den kurzen festen Beinen und schnappte nach Luft. Und dann stieß es einen erstaunlich lauten und kräftigen Schrei hervor.
    Was immer es war, es lebte.
    Aus Dieh kam noch

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