Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die neue Menschheit

Die neue Menschheit

Titel: Die neue Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chad Oliver
Vom Netzwerk:
ein bißchen festes Zeug heraus, und das war alles. Es war überstanden.
    Seine Gefährtin lag in ihrem Nest und drückte das, was aus ihr gekommen war, an sich. Das Ding fand eine ihrer prallen Brüste.
    Dieh sah sehr müde aus, aber auch sehr glücklich. Sie lächelte.
    Wieder ging er hin und her. Er fühlte sich völlig verwirrt und nutzlos. Er glaubte nicht, daß Dieh ihn jetzt im Nest haben wollte. Er glaubte auch, daß Dieh nicht wollte, daß er das Ding nahm und in den Bach warf.
    Er wußte nicht, was er tun sollte. Aber er hatte auch das Gefühl, daß es gar nicht nötig war, daß er etwas tat. Dieh lebte. Es war überstanden, und sie lebte noch. Sie schien nicht mehr in Gefahr zu sein. Das war gut. Das war das Schönste.
    Er warf den Kopf zurück und brüllte seinen Jubel hinaus. Das war nur ein unbedeutender Beitrag, aber er erschien ihm passend für den Anlaß.
     
    Das kleine Tier, das im Körper seiner Gefährtin gewachsen war, starb nicht. Es teilte ihr Nest. Es beanspruchte viel von Diehs Zeit. Es forderte Aufmerksamkeit. Nur wenn es schlief, war Dieh frei.
    Es leistete nichts. Es konnte nicht einmal gehen. Es war ständig da. Er war nicht erfreut, aber Dieh war fasziniert von dem Ding und spielte endlos damit.
    Eine nach der andern stießen die restlichen geschwollenen Frauen das in ihnen Gewachsene aus. Die meisten blieben am Leben und die Frauen reagierten darauf wie Dieh. Sie begutachteten die kleinen Geschöpfe und stießen seltsame weiche Laute hervor. Die Männer waren verwirrt und nahmen es übel. Sie gingen viel jagen.
    Dieh schien zu verstehen, was das kleine Ding war. Sie zeigte es ihm, Teil um Teil. Sie war stolz darauf. Sie deutete auf die Beine. Zwei! Sie ließ ihn die winzigen Zehen berühren. Sie deutete auf die Arme und streckte die Händchen hoch, damit er die Finger sehen konnte. Wenn das Ding lächelte und gurgelte, lachte sie.
    Das kleine Tier war von männlichem Geschlecht. Auch das zeigte sie ihm. Er wußte, was sie ihm sagen wollte. Sie dachte, es sei einer der Leute. Das war natürlich unmöglich! Schließlich war er kein Dummkopf. Er wußte, wie die Leute begannen. Alle hier waren so auf der heißen Ebene aufgewacht, wie sie auch jetzt waren. Nie waren sie klein und mißgestalt gewesen. Nein, so hatten sie nicht begonnen.
    Trotzdem war es merkwürdig.
    Es gab tatsächlich so etwas wie eine Ähnlichkeit. Das mußte er zugeben. Wenn er das Ding näher betrachtete, schien ihm … Er versuchte den Gedanken zu verdrängen.
    Eines stand jedenfalls fest: das kleine Geschöpf würde in seinem Nest bleiben! Er hatte es am Hals!
    Manchmal, wenn es lächelte, lächelte er unwillkürlich zurück. Manchmal, wenn er es berührte, konnte er sich vorstellen, daß es wirklich ein winziges Wie-er war.
    Es gab Zeiten, wenn es brüllte, da wünschte er sich, er hätte es in den Bach geworfen.
    Jedenfalls sah es ganz so aus, als wäre jetzt alles anders.
    Aber die Bäume waren wieder grün, und frisches Gras wuchs. Der Wind am Mittag war warm. Der Bach plätscherte, und seine Farbe veränderte sich wieder.
    Er hatte viel gelernt, und seine Leute hatten überlebt. Er hatte Dieh nicht verloren. Alles in allem war er recht zufrieden.
     

 
3. Die rettende Welt
     
    Er hatte einen Namen: Varnum.
    Zunächst war das seine einzige Erinnerung, die über die Zeit seines Anfangs hinausreichte. Das war alles, was ihn – woran erinnerte?
    An eine andere Zeit. Einen anderen Ort. Eine Zeit vor dem Anfang.
    Wie konnte das sein? Er war in der sengenden Hitze, im blendenden Licht aufgewacht, das war lange her. Er hatte nichts gewußt, war nichts gewesen. Alles, was er war, alles, was er gelernt hatte, war seit jener schrecklichen Zeit des Anfangs auf der versengten Ebene gekommen. Er hatte zuvor nicht existiert.
    Und nun ein Name.
    Varnum! Das kam ihm merkwürdig vor.
    »Varnum«, flüsterte er unbeholfen. Es hinterließ einen seltsamen Geschmack in seinem Mund. Es war ein Teil seines Selbst, das älter als seine eigene Entstehung war. Es hatte ihn irgendwo und von irgendwann überlebt. Es ergab keinen Sinn.
    »Varnum!«
    Es ließ sich nicht verdrängen.
    Es war sein Name. Er war Varnum.
    Da war noch mehr. Es hatte keinen Namen. Es war subtil, prickelnd.
    Es war wie völlig erwachen.
    Es war wie mit neuen Augen sehen.
    Es war eine Erweiterung des Bewußtseins, ein genaues Wahrnehmen.
    Seine Welt war nicht dieselbe.
    Er sah sich anders. Er sah sich und seine Leute. Es war, als kenne er sie und hätte sie doch

Weitere Kostenlose Bücher