Die neuen Leiden des jungen W
und die Decke. Er ließ mich allein dabei, und ich mixte mir die schönste blaue Soße und fing an, mit der Rolle die Wände und die Decke zu verzieren, und zwar auf diese Pop-art. Am Ende sah das aus wie eine Serie von Entwürfen für Autobahnschleifen. Und das alles schön blau. Ich war noch gar nicht ganz fertig, da stand Zaremba da und der Rest der Truppe hinter ihm. Sie waren wahrscheinlich höllisch gespannt, was er jetzt mit mir anstellen würde, vor allem Addi. Aber er machte bloß: No?!
Das war wohl das längste »no«, was ich je von ihm gehört habe. Außerdem legte er dabei noch den Kopf schräg, zog die Filzbrauen hoch und kniff seine Schweinsritzen zu. Ich hätte mich beölen können. Ich bin heute noch stolz auf diese neue »no«-Variante.
»Klar, er benahm sich komisch. Einwandfrei. Aber ebendas hätte uns stutzig machen müssen, vor allem mich. Statt dessen jagte ich ihn weg, daran konnte auch Zaremba nichts ändern. Zaremba war vielleicht der einzige von uns, der ahnte, was in Edgar steckte. Aber ich war wie vernagelt. Es ging um unser NFG, nebelloses Farbspritzgerät. Wir hatten schon mehrere Sachen gebaut, aber das sollte unsere größte werden. Ein Gerät, das Farben jeder Art versprüht, ohne daß dieser unverträgliche Farbnebel entsteht, der bis jetzt noch bei jedem Gerät dieser Art auftritt. Das wäre eine einmalige Sache gewesen, sogar auf dem Weltmarkt. Leider waren wir damals ins Stocken gekommen damit. Nicht mal Experten, die wir schließlich ranholten, kamen damit weiter. Und in dieser Situation stellte sich Edgar hin und machte Bemerkungen. Da platzte mir leider der Kragen. Ich will mich nicht entschuldigen. Ich war einfach nicht voll da.«
Jetzt tu mir einen Gefallen, Addi, und halt endlich die Luft an damit. Was in mir steckte, kann ich dir genau sagen: nichts. Und in Sachen NFG überhaupt nichts. Deine Idee mit der Druckluft und der Hohldüse war nichts, und meine Idee mit der Hydraulik war auch nichts. Also wozu das Geplärre. Ich gebe zu, daß ich mir von der Hydraulik allerhand versprochen hatte, eigentlich von Anfang an, kaum daß ich das Ding gesehen hatte. Es lag da unter unserem Salonwagen rum. Ich war schon mindestens dreimal darüber gestolpert und hatte es auch schon beschnarcht. Aber ich hätte mir doch lieber sonstwas abgebissen, als einen danach zu fragen, was das für ein Apparat war und so. Schon gar nicht Addi. Bis dann eines Tages Zaremba selber den Mund aufmachte. Ich glaube, dieser Hund sah durch mich durch wie durch Glas.
Hast du noch nicht gesehen, no? Kannst du auch nicht. Ist einmalig. Diese Farbspritze versprüht Farben jeder Art auf der Erde, im Wasser und in der Luft, schafft wie drei Maler am Tag in drei Stunden, no, arbeitet ohne diesen Farbnebel und ist damit allen vergleichbaren Sachen auf dem Weltmarkt überlegen, selbst amerikanischen, her ich. — Wenn sie erst funktioniert, verstehst, no?
Anschließend wischte er ein bißchen Staub auf dem Ding und seufzte eine Weile rum. Dann sagte er noch: Es ist nicht unsere erste Erfindung, aber unsere beste, no.
Es sah so aus, als wollte er damit Addi und die Truppe anpieken, die natürlich längst dastanden. Das Ding lag wohl schon eine Weile rum. Es funktionierte nämlich keineswegs, es nebelte und nebelte, weiter nichts.
Ich sagte: Die Maschine wird ihn nie ersetzen. Dabei hielt ich meinen Pinsel hoch. Ich durfte gerade mal wieder vorstreichen.
Sofort ging Addi los: Hör mal zu, mein Freund. Alles schön und gut. Ich weiß nicht, was du fürn Spleen hast, aber irgendeinen hast du. Einwandfrei. Interessiert mich nicht. Aber wir sind hier eine Truppe und keine ganz schlechte, und du gehörst nun mal dazu, und es wird dir auf die Dauer nicht viel übrigbleiben, als dich einzufügen und mitzuziehen. Und glaub nicht, du wärst unser erster Fall. Wir haben schon ganz andere hingebogen. Frag Jonas. — Jedenfalls, der muß erst noch kommen, der uns auf den Durchschnitt zieht.
Das war’s mal wieder. Er machte auf den Hacken kehrt und zog ab, die anderen ihm nach. Ich verstand bloß die Hälfte. Der Spruch mit der Maschine war schließlich ziemlich harmlos. Ich hatte noch ganz andere Sachen auf der Pfanne. Old Werther zum Beispiel. Ich analysierte kurz die Lage und stellte fest, daß ich Addis schwächsten Punkt erwischt hatte mit der Spritze. Zaremba sagte denn auch: Mußt ihn verstehen, no. Ist sein Einfall, die Spritze. Jesus, nicht dran rühren. Entweder es wird der Knüller oder der Reinfall, no? —
Weitere Kostenlose Bücher