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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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helfen.«
    »Ich verstehe.«
    »Wirklich?«
    »Betrete diesen Abgrund, und du wirst wieder zu dem Ungeheuer, das du einmal warst.«
    »Oder ich definiere einfach das Ungeheuer um, das ich jetzt bin.«
    »Also hättest du Tiny Tim sein können?«
    »Genauso leicht wie du auch.«
    Kimberlain ging zur Tür.
    »Bleib doch zum Frühstück«, rief Peet ihm hinterher.
    »Ich mache mich besser auf den Weg«, erwiderte Kimberlain und drehte sich noch einmal zu ihm um.
    »Aber du wirst zurückkommen.«
    »Ich bin schon zurückgekommen. Du hast mir deine Antwort gegeben, und ich akzeptiere sie. Es war falsch von mir, hierher zu kommen.«
    »Ich bin wegen dir hier.«
    »Eine Rückzahlung, Peet. Ich war es dir schuldig. Wir sind quitt. Dabei können wir es belassen.«
    »Wir können niemals etwas einfach belassen, Fährmann. Du hast geschworen, ich sei das letzte Ungeheuer, das du zur Strecke bringst, doch dann kam Leeds. Jetzt ist Leeds wieder frei, und du mußt die Jagd erneut aufnehmen. Und danach wirst du hierher zurückkommen und bei einem anderen meinen Rat suchen.«
    »Bei Tiny Tim, Winston?«
    Peet kam aus der Küchennische. Seine massige Gestalt blockierte einen Großteil des Lichts, das durch das Fenster fiel. »Wir ähneln uns so stark, Fährmann. Wir sind wegen gewisser Eigenschaften verdammt, die nur wir beide haben. Wir sind verdammt, im Schatten des Urteils der Gesellschaft über uns zu leben. Verdammt, mit einer Kraft zu wachsen, die andere nicht verstehen und daher fürchten. Akzeptiere dies und sei auf der Hut.«
    »Auf der Hut wovor, Peet?«
    »Je höher wir streben, Fährmann, desto kleiner wirken wir auf die, die nicht fliegen können.«
    Librarian saß in dem abgedunkelten Zimmer und sah zu der Kamera hoch, die an die Decke über ihm montiert war.
    »Sie enttäuschen mich, Mr. Chalmers«, sagte eine Stimme durch einen unsichtbaren Lautsprecher.
    Chalmers überzeugte sich, daß sein eigener Lautsprecher auf die Kamera ausgerichtet war, bevor er antwortete. Die Schnur, die ihn mit seiner Kehle verband, baumelte schlaff auf seinen Schoß hinab.
    »Es war … unvermeidlich.«
    »Wirklich? Dann muß ich davon ausgehen, daß Heddas Entkommen Ihrer Nachlässigkeit zuzuschreiben ist.«
    »Meine Männer hätten … das Feuer früher … eröffnen müssen.«
    »Sie hätten es ihnen befehlen müssen.«
    Chalmers erwiderte nichts darauf.
    »Halten Sie mich nicht zum Narren, Mr. Chalmers.«
    »Sie mich … aber auch nicht.«
    »Ich fürchte, Sie lassen mir keine Wahl. Wir müssen schließlich auch noch berücksichtigen, daß der Rest Ihrer Einsatzkräfte noch nicht auf der Insel eingetroffen ist.«
    »Die Rückrufaktion hat … länger gedauert … als erwartet.«
    »Ich verliere langsam die Geduld, Mr. Chalmers.«
    Chalmers' Hände schlossen sich um die Lehnen seines Sessels.
    »Diese Kräfte sind wichtig für mich. Ich brauche sie. Sie sind lebenswichtig für meinen Plan. Sie werden Sie zu der Insel schicken, Mr. Chalmers.«
    »Ja.«
    »Und Sie werden Hedda beseitigen.«
    »Ja.«
    »Enttäuschen Sie mich nicht noch einmal.«
    Chalmers starrte in die Kamera und sagte nichts.

9
    »Werden wir sterben?«
    Die Frage des Jungen riß Hedda aus ihrer Benommenheit, und sie versuchte, selbstsicher zu klingen, als sie ihm antwortete.
    »Dafür sind wir schon viel zu weit gekommen.«
    »Ich habe Angst«, sagte er, während er den Hosengürtel enger zog. Sein Bein war steif und lahm von der Verletzung und schmerzte.
    Hedda zwang sich zu einem zuversichtlichen Lächeln und schüttelte den Kopf. »Wir werden bald in Sicherheit sein. Ich verspreche es dir.« Doch ihre Gedanken glitten zurück und versuchten verzweifelt, eine deutliche Erinnerung an die letzten vierundzwanzig Stunden zu bewahren.
    Solange war es jetzt her – fast auf die Minute genau –, seit sie und der Junge von der Brücke gesprungen waren.
    Sie hatte Christopher beim Sturz loslassen müssen und hörte dann, wie er einen winzigen Augenblick nach ihr auf das Wasser schlug. Als sie ihn erreichte, war er bereits untergegangen. Obwohl er bewußtlos war, zitterte er – anscheinend der Schock. Sie wußte, daß die Kevlar-Weste, die sie ihm gegeben hatte, ansonsten augenblicklich tödliche Treffer verhindert hatte, doch je nachdem, an welcher Stelle ihn die Kugel ins Bein getroffen hatte, würde das vielleicht keine Rolle mehr spielen. Sie schwamm zu dem Jungen und drückte ihm einen Arm unter das Kinn. Das Wasser konnte den Geruch des Blutes nicht verbergen,

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