Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise
löste seine Faust mit ihren Fingern, die sie dann mit seinen verschränkte. »Er ist weg. Vergiss ihn. Er ist keinen zweiten Gedanken wert.«
Sein Blick kehrte wie aus weiter Ferne zu ihr zurück. Er atmete tief durch. »Du hast Recht.« Er ließ ihre Hände los. »Lass uns ein wenig spazieren gehen. Die frische Luft wird mich abkühlen.«
Gemeinsam schlenderten sie durch den beleuchteten Park und gelangten schließlich zu dem größten der künstlichen Teiche. Einige Ruderkähne mit Fackeln zogen durch das dunkle Wasser.
»Lust auf eine Bootspartie?«, fragte Tris.
»Danke, ich habe lieber festen Boden unter den Füßen, vor allem nachts. Aber ich würde gerne das Feuerwerk von einem günstigen Platz aus beobachten«, fügte sie hinzu.
Tris sah sich um. »Gehen wir hinauf zum Diana-Pavillon, das ist der höchste Punkt auf Belletoile. Von dort sollten wir den besten Überblick haben.«
Sie wanderten die gekiesten Serpentinen eines Hügels hinauf. Die Anzahl der Fackeln verringerte sich, je weiter sie sich vom Gebäude entfernten. Auch begegneten ihnen keine anderen Gäste.
Die weißen Marmorsäulen des Pavillons leuchteten in der Dunkelheit. Marie stieg die fünf Stufen hinauf und legte den Kopf in den Nacken, um die Deckenfresken in der gewölbten Kuppel zu betrachten. Doch die beiden in einiger Entfernung aufgestellten Fackeln hellten die Nacht nicht genügend auf, um Einzelheiten zu erkennen. Das schwarz-weiße Mosaik auf dem Boden stellte eine mythologische Jagdszene nach. Abwesend rieb sie mit der Spitze ihres Schuhs über den Bogen, den Diana in der Hand hielt.
Tris hatte sich auf die Stufen gesetzt und blickte hinunter auf den Park und die erleuchteten Fenster des Schlosses. Vereinzelte Musikklänge drangen bis zu ihnen hinauf.
Marie setzte sich neben ihn. »Danke, dass du mich vor Saint-Croix verteidigt hast.«
Er wandte den Kopf. »Du bist schließlich meine Frau, also beleidigt er mich. Außerdem hat er auch Jacques angegriffen.«
Seine Worte verletzten sie tiefer als jene von Saint-Croix. »Verstehe. Der Einzige, der mich Hure nennen darf, bist du«, entgegnete sie bitter. Ihre Augen brannten, und sie starrte blind auf die im Schoß verschränkten Hände.
Er seufzte. »Marie, du weißt, dass es nicht so gemeint war.«
»Nein? Wie war es denn gemeint?« Ihre Stimme klang nicht annähernd so scharf, wie sie es gerne gehabt hätte, deshalb sprach sie schnell weiter. »Ich habe mir vorgenommen, mich durch nichts davon abbringen zu lassen, dir immer wieder zu sagen, dass ich dich liebe. So lange, bis du es einsiehst. Aber ich werde müde ...«, sie brach ab, weil ihre Worte in Tränen ertranken.
»Du kannst solche Dinge nicht erzwingen, Marie.«
Sie schluckte. »Nein, ich kann dich nicht zwingen, mir zu glauben. Ich kann dich auch nicht zwingen, mich zu lieben.« Mit einer fahrigen Bewegung wischte sie die Tränen ab, die über ihre Wangen rannen. Sie blickte starr geradeaus.
Seine Hand griff nach ihrem Kinn, doch sie warf den Kopf zurück und rückte ein Stück von ihm weg. »Ich will nicht mehr darüber reden. Lass uns aufs Feuerwerk warten.«
Er rutschte ihr nach und streckte wieder die Hand aus. Mit einem resignierten Ausdruck ließ sie es geschehen und wehrte sich nicht, als er ihr Gesicht zu sich drehte. Sie sah ihn mit leeren, müden Augen an, in denen nichts mehr außer Hoffnungslosigkeit lag.
Sein Kuss war erstaunlich sanft, und gegen ihren Willen breitete sich Wärme in ihrem Körper aus. Ihre Hand zuckte, und Marie hatte Mühe, sie nicht zu heben und an seine Wange zu legen. Süßer, unbeschreiblicher Schmerz floss in ihre Seele. Sie begann zu zittern und riss schließlich ihren Mund von seinem.
»Hör auf damit«, stieß sie wütend hervor. »Hör auf damit, so zu tun, als ob.«
»Als ob?«
»Als ob du mir glauben würdest. Als ob du mich lieben würdest.«
Er sah sie an. »Vielleicht ist das alles, was ich kann. Tun, als ob.«
Sie schüttelte den Kopf und wollte aufstehen, aber er hielt sie fest. »Vielleicht habe ich Angst zu entdecken, dass du mich nur liebst ...« - er brach ab und holte tief Atem - »... weil ich alles bin, was dir geblieben ist und du nichts von dem bekommen hast, was du wirklich wolltest.«
Sie brauchte einen Moment lang, um seinen verschnörkelten Satz zu verstehen. Ihr Herz fing so heftig zu klopfen an, dass sie Mühe hatte, einen klaren Gedanken zu fassen. »Du willst wissen, warum ich dich liebe?«
Er nickte kaum merklich und Marie schloss die
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