Die Niete Im Bett
neidisch.«
Sie nimmt meine Hand und zieht mich mit sich. Ich drehe mich nicht noch mal um, weil mir das jetzt alles noch peinlicher ist. Dass Mia so vulgär reden kann, das ist wirklich unfassbar … unfassbar genial!
9
Mia
»Das war ein richtig toller Freundschaftsdienst«, sagt Leonhard und lächelt mich an. »Danke. Obwohl es mir bei den Lesben egal ist. Trotzdem ist es nicht gerade toll, dass jetzt offenbar ganz Hamburg glaubt, dass ich zu blöd zum Vögeln bin.«
»Das denkt nicht ganz Hamburg.« Manchmal übertreibt er wirklich.
»Noch nicht.« Er seufzt. »Gib ihnen noch ein paar Stunden.«
»Blödsinn.« Wir liegen auf Leonhards Bett und schauen zur Decke. Sein Vater ist noch nicht zurück, und es ist noch nicht mal Mittag, erst halb zwölf. Ich überlege, ob ich so langsam nach Hause fahren sollte, da setzt Leonhard sich auf.
»Was ist, wenn ich wirklich so scheiße im Bett bin?«, fragt er mich ernst. »Was ist, wenn alle meine Freundinnen deswegen so schnell wieder mit mir Schluss gemacht haben? Ich habe letztens mal alles aufgeschrieben, also alle meine Freundinnen und die Dauer unserer Beziehung. Das war ein ziemlich beschissener Abend, falls es dich interessiert. Ich …«
»… weiß«, sage ich. »Das war der Abend, an dem du auf der Straße randaliert und meinen Anrufbeantworter vollgelallt hast. Von deiner armen Nachbarin ganz zu schweigen.«
»Das war wirklich kein guter Abend. Ich habe meine ganzen Beziehungen Revue passieren lassen. Länger als sechs Wochen hat keine gehalten. Das sind zweiundvierzig Tage. Das ist doch nicht normal!«
»Was? Dass sechs Wochen zweiundvierzig Tage sind?«
»Nein, dass ich immer nur so kurze Beziehungen hatte.«
»Vielleicht hast du die Richtige einfach noch nicht gefunden.«
»Und was ist mit Sarah?«
»Na ja …«
»Woran erkennt man denn, dass es die Richtige ist?«
»Ich glaube, man hat das irgendwann im Gefühl.«
»So wie bei dir und Benedikt?« Sofort wird Leonhard rot, weil er seinen Fehler bemerkt. »Tut mir leid, jetzt habe ich gerade glatt vergessen, dass ihr gar nicht mehr zusammen seid. Ich weiß ja, dass du darüber und die Gründe dafür nicht sprechen willst«, entschuldigt er sich.
»Schon okay. Ich erzähle es dir irgendwann mal, versprochen. Nur jetzt nicht.« Sie seufzt. »Also, wo waren wir? Woran man das erkennt? Ich weiß es wirklich nicht. Also, nicht sicher jedenfalls. Ich habe meine Mutter mal gefragt, das war kurz nach der silbernen Hochzeit von meinen Eltern. Ich habe mich gefragt, wie man so lange mit einem Menschen verheiratet sein kann. Das muss ja die wahre Liebe sein. Und genau das habe ich meine Mutter gefragt: ›Woran hast du gemerkt, dass Papa der Richtige ist?‹«
»Ja und?«
»Ihre Antwort war: ›Er ist es nicht. Und genau deswegen werde ich morgen ausziehen. Die Feier wollte ich aber noch mitnehmen. Dein Vater hat seit Monaten nur gezetert und sich über die Kosten beschwert, da wäre es doch eine Schande gewesen, das Fest ausfallen zu lassen, oder? Und war das Essen nicht lecker? Denk mal an das köstliche Perlhuhn.‹«
»Das ist nicht wahr?« Entsetzt richtet Leonhard sich auf.
»Doch, ist es.« Ich nicke und verschränke die Hände hinterm Kopf. »So wahr ich hier liege. Sie ist dann tatsächlich am nächsten Tag ausgezogen, und zwei Monate später hat sie mir ihren neuen Freund vorgestellt. Reinhold. Er ist das komplette Gegenteil von meinem Vater. Reinhold ist agil, interessiert, liebt Kunst und Musik und fährt gerne in den Urlaub. Er geht gern gut essen und ins Kino, sie haben ein Theater-Abo und gehen zusammen tanzen.«
»Und dein Vater?«
»Hat immer nur zu Hause gehockt und gemeckert. Alles war doof. Im Urlaub wird man abgezockt, im Theater schreien sie zu laut, Kunst ist was für Arrogante, Essengehen ist zu teuer und, und, und. Dass meine Mutter das so lange mitgemacht hat, hat mich eh gewundert.«
»Ist sie denn jetzt glücklich?«
»Ja. Total. Mein Vater auch.«
»Echt?« Leonhard scheint gar nichts mehr zu kapieren.
»Ja. Jetzt hat er Luise, die genauso viel meckert wie er, nicht gern in den Urlaub fährt und am liebsten zu Hause hockt. Die beiden bedienen jedes Rentnerklischee, hängen aus den Fenstern, auf Kissen gestützt, damit es bequemer ist, und schreiben Falschparker auf oder erklären den Hilfspolizisten, wie sie ihre Arbeit zu verrichten haben. Ein absoluter Albtraum, aber die beiden sind glücklich.«
»Unfassbar«, bewundert Leonhard meine nicht anwesenden
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