Die Niete Im Bett
geschlossen.«
»Der hat um acht Uhr abends eh nicht mehr offen«, sagt Leonhard, und damit hat er recht.
»Trotzdem tue ich es für dich.«
»Ist ja schon gut. Ich …«
»Verzeihen Sie bitte die Störung von eben«, entschuldigt Mark sich bei den Anwesenden. »So ist das, wenn man eine Geschäftspartnerin wiedertrifft, die man schon lange nicht mehr gesehen hat.« Er lächelt in meine Richtung und zeigt dabei eine Reihe makelloser Zähne.
Ich ärgere mich über Leonhard. Was soll dieses Ausgefrage? Immerhin bin ich nicht mit ihm liiert. Er ist ja fast eifersüchtig!
»Wenn Sie sich also nun nacheinander erheben und kurz vorstellen würden.« Er nickt mir zu, also stehe ich auf, sage meinen Namen und setze mich wieder hin. Die anderen tun es mir nach.
»Sehr schön«, sagt Mark. »Hier im Kurs sagen wir du zueinander, so wie in einer großen Familie. An jedem der zehn Termine werden wir andere Methoden und Sichtweisen erarbeiten und natürlich diskutieren. Wir werden gemeinsam über unsere Schwächen und Stärken sprechen. Und natürlich darüber, wie wir unseren Lustgewinn und den des Partners steigern können. Die Quintessenz dieses Seminars soll das gemeinsame Wiederentdecken einer lebendigen Sexualität sein, und, das ist ganz wichtig, der jeweilige Partner soll am Ende das Gefühl haben, mit einem Menschen zusammen zu sein, der ein absoluter König beziehungsweise eine Königin im Bett ist. Nieten soll es keine mehr geben.«
Ich weiß genau, was Leonhard jetzt denkt, nämlich, dass er hier goldrichtig ist. Ich zweifle allerdings noch. Also nicht an Marks Fähigkeiten, aber an diesem ganzen Seminar. Die anderen scheinen allerdings begeistert zu sein, sie sehen allesamt erwartungsvoll bis aufgeregt aus.
»Jeder von euch nimmt sich nun ein Kissen dort aus dem Regal, und dann bilden wir zusammen einen Kreis«, sagt Mark. Wir erheben uns gehorsam von unseren Stühlen und tun, was er sagt. »Nun sucht sich jeder von euch einen neuen Partner, immer Mann und Frau. Dann setzt ihr euch in den neuen Paarkonstellationen einander gegenüber.« Ich schaue mich um. Außer Leonhard und Mark gibt es hier nicht wirklich attraktive Männer. Ich entscheide mich für einen, der, glaube ich, Gerd heißt, eine Glatze hat und zumindest halbwegs normal aussieht, und gehe schnell zu ihm, damit ihn mir keine der anderen Frauen wegschnappt. Leonhard geht zu einer Brünetten, die ein Sweatshirt mit dem Konterfei der Schlagersängerin Andrea Berg trägt.
Gerd und ich setzen uns auf unsere Kissen und sehen uns interessiert an. Mein Gegenüber grinst unbeholfen und knibbelt an seinen Fingernägeln herum, was ihn nicht gerade attraktiver macht.
Ich sitze einfach nur da und warte ab.
Mark läuft herum und verteilt nun Schlafmasken.
»Setzt jetzt bitte die Maske auf«, fordert er uns auf.
»Oje«, sagt Gerd.
Ich finde das irgendwie blöd, sage aber nichts, sondern setze einfach meine Maske auf. Gar nicht so schlecht, so muss ich immerhin Gerds unbeholfenes Grinsen nicht mehr sehen.
»Ich habe nun extra ein Sinnesorgan ausgeschaltet«, sagt Mark. »Je mehr Sinnesorgane ausgeschaltet werden, desto besser kann man sich auf das Wesentliche konzentrieren. Ich bitte euch, ab sofort nicht mehr miteinander zu sprechen, bis ich euch wieder das Okay dazu gebe. Und nun möchte ich, dass ihr euer Gegenüber zärtlich berührt.«
Leonhard ist so gut wie tot. Das schwöre ich.
Eine Sekunde später spüre ich Gerds Hände an meinen Unterarmen und möchte sie am liebsten wegstoßen, traue mich aber nicht.
»Oje«, sagt Gerd immer wieder und nervt mich wahnsinnig damit. Ich berühre ihn ebenfalls, obwohl mir das extrem unangenehm ist. Ich möchte am liebsten gehen, kann aber Leonhard ja nicht im Stich lassen. Immerhin habe ich mich auf die ganze Sache eingelassen und werde sie jetzt durchziehen. Auch wenn Leonhard nachher sterben muss.
»Nur Mut«, sagt Mark. »Nicht nur die Arme anfassen. Erkundet den gesamten Körper des anderen.«
Jetzt spüre ich Gerds Hände auf meinen Oberarmen, dann auf meinem Gesicht. Er hat dicke Hornhaut an den Fingern, und ich möchte mich auf der Stelle übergeben.
»Oje«, sagt er wieder.
»Meine Güte«, fahre ich ihn an. »Warum sagst du denn dauernd ›Oje‹?«
»Das ist immer so, wenn ich eine Erektion habe«, erklärt er mir höflich. »Das hat aber nichts mit dir zu tun. Ich habe oft eine Erektion.«
»Aha.« So tief bin ich also schon gesunken, dass ich mit meinem platonischen Freund in einem
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