Die Niete Im Bett
büßen«, zischt sie mir zu.
»Ich liebe dich auch«, antworte ich.
»Setzt jetzt bitte eure Masken wieder auf«, befiehlt Mark, und das Spiel geht von vorne los.
Ich suche mit meinen Händen Mias Gesicht und fahre sanft über die Konturen, streichele ihre Haare, ihre Stirn, die Wangen, die Nase, die Lippen. Himmel, hat Mia schöne Lippen. Voll und warm und weich. Dann macht sie das Gleiche bei mir. Ihre Finger sind kühl, behutsam streichelt sie mir übers Kinn und den Hals hinunter. Es ist schön, einfach nur schön. Ganz anders als bei Cheyenne. Die wollte ich eigentlich gar nicht anfassen.
Aber mit Mia ist es anders. So vertraut. So … schön einfach.
Am liebsten würde ich gar nicht mehr aufhören.
Mia
Nachdem das mit dem Streicheln und Erkunden erledigt ist, soll sich ein Kursteilnehmer freiwillig zu einer Übung, die später auch eine Hausaufgabe ist, melden. Natürlich melde ich mich nicht, aber eine gedrungene Frau, die, wenn ich mich recht erinnere, Heidemarie heißt und um die fünfzig ist. Erwartungsvoll steht sie von ihrem Kissen auf und gesellt sich zu Mark in die Mitte. Der hat schon eine Yoga-Matte geholt, auf die sich Heidemarie nun legen soll. Dann geht Mark zu einem der Fenster und betätigt einen Knopf, woraufhin sich die schweren Vorhänge zuziehen. Mit einer Fernbedienung schaltet er einen CD-Player ein, und es ertönen Mönchsgesänge. Ich muss Mark nachher unbedingt abfangen und ihn fragen, warum er das hier macht. Und überhaupt. Was tut er in Hamburg?
Aber jetzt müssen wir uns erst mal auf Heidemarie konzentrieren. Mark holt von irgendwoher eine Art Puschel, der wie ein kleiner Staubwedel aussieht, hervor und sagt: »Schließe nun die Augen und genieße. Stell dir vor, es ist dein Mann.« Heidemarie tut, was er sagt, und kurz nachdem ihre Augen zu sind, beginnt Mark, ihr mit dem Puschel über den Körper zu streichen.
»Was spürst du?«, fragt er nach zwei Minuten.
»Nichts«, sagt Heidemarie. »Ich bin ja angezogen. Über dem dicken Norwegerpullover spüre ich überhaupt nichts.«
»Ah«, macht Mark. »Das ist natürlich richtig. Entschuldige bitte, ich bin heute irgendwie nicht ganz bei der Sache. Würde es dir etwas ausmachen, deinen Pullover auszuziehen? Hast du noch was drunter?«
Heidemarie nickt und schält sich aus dem Pulli. Jetzt hat sie nur noch ein Unterhemd an, das auch schon bessere Tage gesehen hat. Auf Marks Anweisung hin schließt sie nun wieder die Augen, und Mark beginnt erneut, mit dem Puschel auf ihr herumzuwedeln. Ich halte das alles für sinnlos, tue aber interessiert.
Die anderen scheinen ehrlich interessiert.
»Wie fühlt sich das an?«, fragt Mark.
»Ganz gut.«
Nun gibt Mark den Puschel an Heidemaries Mann weiter, ein spindeldürres Etwas mit randloser Brille. Seinen Namen habe ich vergessen, aber Günni könnte passen. Günni ist hundertprozentig Beamter auf Lebenszeit und nimmt morgens eine Thermoskanne und belegte Brote mit ins Büro, weil er sich den Appetit auf das liebevoll zubereitete Abendessen von seinem Heidemariechen nicht verderben will.
Mark deutet dem Beamten, es ihm gleichzutun, und nun fängt der an, seine Frau zu bepuscheln, allerdings auch ohne Erfolg. Nichts hat hier Erfolg. Ich habe mir das irgendwie anders vorgestellt. Wie genau, weiß ich auch nicht, aber anders eben.
Leo
Nach eineinhalb Stunden ist der Zauber vorbei, und ich bin eigentlich ganz froh, dass wir endlich gehen können. Ein bisschen enttäuscht bin ich schon, irgendwie hatte ich mir unter dem Seminar etwas anderes vorgestellt. Glaube kaum, dass ich mich auch nur einen Millimeter weiter in Richtung »Hengst im Bett« bewegt habe, auch wenn ich jetzt weiß, dass Cheyenne und Manni ganz gern in den Swingerclub gehen und da lecker Erbsensuppe essen. Bei dem Gedanken daran schüttelt es mich, und ich möchte jetzt einfach mit Mia ein Bier trinken gehen. Aber die steht noch bei diesem Mark rum und himmelt ihn an. Kurze Zeit später lässt sie sich dazu herab, zu mir rüberzukommen.
»Ich habe Mark gefragt, ob er mit mir was trinken geht«, informiert sie mich.
»Und?«
»Heute hat er keine Zeit. Aber er ist ja noch länger hier.«
»Wollen wir zwei was trinken gehen?«
»Ach nee.« Sie gähnt. »Ich bin total müde. Außerdem muss ich diesen merkwürdigen Abend erst mal verdauen.«
Eben wollte sie doch noch mit Mark was trinken gehen. Und mit mir nicht? Aber gut. Ich dränge mich nicht auf. Vielleicht ist sie einfach sauer, weil ich sie zu dem Seminar
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