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Die Noete des wahren Polizisten

Die Noete des wahren Polizisten

Titel: Die Noete des wahren Polizisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
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Santa Teresa vermuten lassen, und auch eine traurige Skulptur, fast abwesend vor lauter Traurigkeit, könnte man sagen.

8
     
    An einem Montagmorgen begann Pancho Monje mit der Überwachung von Amalfitano. Um neun sah er ihn in Richtung Universität aufbrechen, und dann, eine halbe Stunde später, sah er die Tochter das Haus verlassen. Eigentlich hätte er Amalfitano folgen müssen, aber Pancho ließ sich von seinem Instinkt leiten. Als Rosa um die Ecke war, stieg er aus dem Wagen und folgte ihr. Rosa lief längere Zeit die Avenida Escandón entlang. Für einen Moment war sich Pancho sicher, dass sie kein genaues Ziel hatte, dann dachte er, dass sie vielleicht auf dem Weg zur Schule sei, zu irgendeiner Schule, aber ihr unbeschwertes Schlendern und die nicht vorhandenen Bücher brachten ihn davon wieder ab. An der Kreuzung, die sie mit der Calle Sonora bildet, ändert die Avenida Escandón ihren Namen und belebt sich, und plötzlich verschwand Rosa. An Cafeterías herrschte dort kein Mangel, und Pancho betrat eine von ihnen und bestellte ein Frühstück, bestehend aus Kaffee, Eiern und Toast. Als er den ersten Schluck Kaffee nahm, bemerkte er, dass seine Hände zitterten. An diesem Abend sagte man ihm, dass im Parque México ein totes Mädchen aufgetaucht sei, und er erfuhr, dass Álvarez und Chucho Peguero den Fall übernommen hatten. Er traf sich mit den beiden und fragte, wer die Tote sei.
    »Edelmira Sánchez, sechzehn und echt scharf«, sagte Álvarez und zeigte ihm ein Foto, auf dem ein Mädchen in zerrissenem Kleid zu sehen war.
    Er dachte, dass er den ganzen Tag zu Hause vor dem Fernseher verbracht und nichts getan hatte, während seine Kollegen arbeiteten.
    Am Dienstag begann er das Haus von Amalfitano zu überwachen. Er parkte den Ford in zweihundert Meter Entfernung und wartete. Lange kam ihm das Haus leer vor, als hätte das Leben in seinem Innern in dieser Nacht aufgehört, ohne dass er dort gewesen war, um einzugreifen. Um neun öffnete sich die Tür, und Amalfitano trat heraus. Er trug ein schwarzes Sakko, und sein weißes, für einen Mann seines Alters vielleicht ein wenig zu langes Haar war noch feucht. Bevor er die Tür zuzog und losging, sprach er mit jemand im Innern des Hauses. Pancho ließ ihm einen Vorsprung, dann stieg er aus dem Wagen und folgte ihm. Amalfitano schritt zügig aus. Seine Rechte hielt eine kunstlederne Aktentasche, und in der Sakkotasche trug er zwei Bücher. Mehrere Menschen kamen ihm entgegen, aber er grüßte keinen. An der nächsten Bushaltestelle blieb er stehen. Pancho ging noch fünfzig Meter weiter und betrat dann ein Lebensmittelgeschäft. Er griff sich eine Dose Nestlé-Kondensmilch, bezahlte, zückte sein Taschenmesser, machte zwei Löcher in den Deckel und begann, zurück auf der Straße, zu trinken. Er ging wieder an der Bushaltestelle vorbei, blieb aber nicht stehen. Amalfitano las in einem der beiden Bücher. Pancho kehrte gemächlich zu seinem Ford zurück, stieg ein und startete. Dann fuhr er die Straße hinunter, bis er den Bus traf, auf den Amalfitano wartete, und folgte ihm. Als der Bus zur Haltestelle kam, stand Amalfitano noch da. Er stieg zusammen mit anderen Personen ein, und der Bus fuhr los. Um zwanzig vor zehn betrat Amalfitano inmitten eines Stroms von Studenten die Universität. Pancho folgte ihm bis ins Philosophische Institut und plauderte ein Weilchen mit einer Sekretärin. Die Sekretärin hieß Estela und ging für ihr Leben gern samstagabends tanzen. Sie war neunundzwanzig und geschieden. Sie glaubte an Ehrlichkeit und Freundschaft.
    »Man merkt, dass du bei den Philosophen arbeitest«, sagte Pancho.
    Als er zu Amalfitanos Haus zurückkehrte, war Rosa schon fort. Pancho klingelte eine Weile vergeblich. Dann ging er zum Auto zurück und hörte Musik, bis er spürte, dass ihm die Augen zufielen und er einschlief. Als er aufwachte, war es schon nach zwölf. Er startete den Wagen und fuhr los. Den restlichen Tag verbrachte er in einer Bar in der Calle Nuevo León namens Jacinto, die von Polizisten frequentiert wurde. Um sieben Uhr abends wartete er am Ausgang der Universität auf Amalfitano.
    Am folgenden Tag traf Pancho kurz vor neun ein. Um Viertel nach neun hielt ein Taxi vor dem Haus, und Amalfitano kam herausgerannt. Um halb zehn sah er Rosa aus der Tür treten und in Richtung Avenida Escandón davongehen. Diesmal trug sie eine Plastiktüte mit Videokassetten. Als Rosa um die Ecke bog, stieg Pancho aus dem Auto und ging zur Haustür. Sie zu

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