Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott
als er sie herauszog, war sie weiß wie von Aussatz.«
»Du hast das selbst gesehen?«, wollte Seshmosis wissen. »Wann war das denn, guter Mann?«
»Vor ein paar Monden nur, und ich spreche die Wahrheit, so wahr ich hier sitze.«
»Ich wollte die Worte nicht bezweifeln, entschuldige. Aber als Schreiber interessieren mich alle Einzelheiten.« Seshmosis zuckte verlegen mit den Schultern und warf dem anderen einen aufmunternden Blick zu.
»Dieser Hyksos-Zauberer, Moses heißt er, ist ein gefährlicher Bursche. Er will unseren Pharao, gepriesen sei sein Name und sein Leben möge ewig währen, unter Druck setzen. Diese Hyksos wollen unser Land ausplündern. Sie werden unsere Herden stehlen. Sie überziehen das Land mit einer schlimmen Plage nach der anderen.«
An dieser Stelle unterbrach ihn Seshmosis. »Ich verstehe dich ja, guter Mann. Doch bitte erzähle mir mehr von den Ereignissen im Norden. Ich und meine Gefährten sind begierig, davon zu erfahren.«
»Also, der Zauberer stand mit seiner Herrlichkeit, unserem Pharao Ahmose, am Ufer des Nils. Ich wartete in einiger Entfernung und weiß nicht, worum es ging. Doch auf einmal tauchte dieser Hyksos seinen Schlangenstab in das Wasser, und es verwandelte sich in Blut.« Der Erzähler schüttelte sich angewidert.
»Ist noch mehr passiert?«, fragte Seshmosis vorsichtig.
»Ja, es kam noch schlimmer, viel schlimmer. Neferura, die Schwester meines Freundes Senmut, ist Kammerdienerin am derzeitigen Hof des Pharaos im Delta. Sie erzählte uns, dass es im ganzen Palast von Fröschen wimmelte, sogar ins Schlafgemach und in das Bett des Pharaos sind sie gekrochen.«
»Das ist wirklich übel. Ließ der Pharao daraufhin den bösen Zauberer bestrafen?«
»Wo denkst du hin! Der ließ nun sogar Frösche über ganz Ägypten regnen!«
Seshmosis zögerte. »Über ganz Ägypten? Du meinst, vor nicht allzu langer Zeit hat es über ganz Ägypten Frösche geregnet?«
Der Mann nickte und hielt ihm gleichzeitig seinen leeren Becher entgegen.
Während Shamir für Nachschub sorgte, sagte Seshmosis: »Also bei uns gab es in letzter Zeit überhaupt keinen Regen. Es gab zwar einige Blitze und auch Donner, aber Regen gab es seit Wochen nicht, weder in Theben noch in Abydos, weder Wasser noch Frösche.«
»Wenn es aber die Schwester meines Freundes sagt!«, wandte der Mann ein.
»Hast du den Froschregen gesehen? Du persönlich?«
»Wenn du so fragst, nein«, antwortete er kleinlaut. »Vielleicht war es doch nicht ganz Ägypten, sondern nur im Palastbezirk?«
»Das wird es gewesen sein«, sagte Seshmosis versöhnlich. »Gab es noch mehr Zauberei?«
»Ja, ja doch, viel mehr! Dann kamen die Stechmücken. Sie plagten Mensch und Vieh.«
»Das ist in Ägypten nicht ungewöhnlich, guter Mann. Solange ich denken kann, plagen mich diese Biester. Das schaffen die auch ohne Zauberei. War sonst noch etwas?« Seshmosis wurde ruhiger. Es schien sich nur um die üblichen Schreckensgeschichten vom Hörensagen zu handeln, und er gewann langsam seine Souveränität zurück.
»Aber was ist mit dem Ungeziefer, das so zahlreich auf dem Vieh saß, dass man nicht mehr erkennen konnte, ob es Stier oder Kuh war?«
In diesem Moment trat ein anderer Mann aus der Taverne hinzu und sagte: »Gib mir auch einen Becher Henket, und ich will gern erzählen, wie der Schrecken uns wirklich heimgesucht hat.«
Der erste Mann blickte wütend auf und schrie: »Was weißt du schon von den Schrecken? Ich, ich kenne alle Schrecken. Keiner weiß darüber besser zu berichten als ich, der ich jahrelang im Tempel des Mahes diente!«
Mahes klang nach einem überzeugenden Argument für Schreckensexperten. Immerhin trug der löwenköpfige Sohn der Bastet den Titel »Herr des Gemetzels«, und man nannte ihn »den, der sich über Blut freut«. Seine Stärke gewann er aus der verzehrenden Kraft der untergehenden Sonne.
»Na und? Ich gehöre zur freiwilligen Tempelgarde der Heiligen Söhne des Babi, des fürchterlichsten und zahnreichsten Dämons der Finsternis. Wenn einer den Schrecken kennt, dann ich!«, trumpfte der andere auf.
»Gemach, gemach. Ich denke, ihr beide seid vortreffliche Zeugen des Schreckens. Warum berichtet ihr nicht abwechselnd? Der eine erzählt, während der andere trinkt, und umgekehrt?«
Die beiden nahmen den Kompromiss begeistert auf.
»Ich bin Snofur, der stellvertretende Hafenmeister. Meine Liebe gehört vor allem den dunklen Göttern und den Dämonen, die ich sehr verehre. Ich dachte mir, du bist
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