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Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Titel: Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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Holz und mit schönen Beschlägen, bitte. Ich habe gern einen festen Wohnsitz.«
    »Ich sage es Schedrach, dem Karrenbauer. Falls er morgen früh noch leben sollte.«
    Seshmosis merkte, dass ihn schon wieder der gleiche Fatalismus wie in Theben beschlich. Verblasst waren die Euphorie, die Freude und die Zuversicht von Abydos.
    Er verließ das Zelt, um seine Leute zu warnen. Deshalb sah er nicht mehr, wie sich die Miniaturausgabe seines Vaters verformte und in eine rot getigerte Katze verwandelte, die sogleich begann, sich behaglich zu putzen.

Die Nacht des Todes
     

    Als der Käfer Chepre am Ende des Tages die Sonne in die Arbeitskammer des m’m-Tieres rollte, erschien sie ihm wesentlich abgenutzter als an anderen Tagen. Doch das gehörte nicht zu seinen Problemen, sollte sich doch die Spitzmaus darum kümmern.
    Diese schüttelte beim Anblick der Sonne traurig den Kopf und sagte: »Das heißt nichts Gutes. Das letzte Mal, als die Sonne so aussah, tötete Seth in der Nacht darauf Osiris.«
    Zur gleichen Zeit bestieg der falkenköpfige Sonnengott Ra wie jede Nacht seine Barke Mesektet, um auf ihr die Unterwelt zu durchqueren. Wie jede Nacht würde ihn auf dieser Fahrt der Schlangendämon Apophis angreifen, und wie jede Nacht würde er diesen Angriff abwehren. So dachte er zumindest.
     
    Es gab keinen größeren und mächtigeren Feind der Götter Ägyptens als Apophis. Vielleicht lag es daran, dass man ihm nie einen richtigen Götterstatus zuerkannte. Zwar konnte er für sich göttlichen Ursprung beanspruchen, immerhin verdankte er seine Entstehung »der großen Mutter« Neith, als diese ins Urwasser Nun spuckte.
    Doch das wurde weder von den Göttern noch von den Menschen als besonders ehrenvolle Abstammung gesehen. So ernährte er sich Tag für Tag von seinem Hass auf alle Götter, vor allem aber von seinem Hass auf Ra, der alles Strahlende verkörperte.
    Jede Nacht durchquerte dieser Apophis’ Reich, die Unterwelt, und jede Nacht versuchte der Schlangendämon die Barke zu verschlingen. Seine größten Chancen waren bei Mondfinsternissen und in Neumondnächten, so wie heute.
    Doch heute wollte er Ra nicht allein angreifen. Erstmals wartete er mit Verbündeten. An seiner Seite lauerten Meresger, die schlangenköpfige Herrscherin des Westens, Nehebkau, ein Schlangendämon wie er, den man auch »Herr der Zeit« nannte, und der löwenköpfige, blutrünstige Mahes, der kein Massaker ausließ. Allesamt Dämonen und Götter des dunklen Reichs.
    Noch nie hatte es einen günstigeren Augenblick als in dieser Nacht gegeben. Die Aufmerksamkeit der meisten großen Götter galt dem verlorenen Ankh und den neu aufgetauchten Gottheiten. Seinen routinemäßigen Angriff erwartete man, so wie man den Sonnenuntergang erwartete, nahm ihn aber nicht ernst.
    Schon seit vielen Jahrhunderten nicht mehr.
    Doch sie sollten sich täuschen!

     
    Seshmosis blickte mit Besorgnis nach Westen, wo gerade die Sonne unterm Horizont versank. Wenn GON Recht hatte, und davon ging er aus, stand in dieser Nacht Schreckliches bevor. Ein namenloser Schrecken, den selbst ein Gott nicht benennen konnte. Hinter seiner jetzigen Angst verblassten die Ereignisse in Theben zu grauen Schemen. Seine Leute verkrochen sich in ihren Zelten, nur die Mutigsten scharten sich um das Feuer in der Mitte des Lagers. Wider Erwarten hatte es keine Einwände gegen seine Worte gegeben, selbst Raffim schwieg.
    Seshmosis verspürte keine Lust auf Gesellschaft am Feuer und begab sich in sein Zelt. Er setzte sich auf einen kleinen Hocker und vergrub das Gesicht in den Händen.
    »Verliere nie die Zuversicht«, forderte ihn eine Stimme auf, von der er wusste, dass sie GON gehörte.
    Ganz vorsichtig spähte Seshmosis durch zwei gespreizte Finger in das Dämmerlicht des nur sparsam erhellten Zelts. Er erwartete die Gestalt seines Vaters oder die einer rot getigerten Katze zu sehen, beide nicht größer als dreißig Zentimeter. Doch GON erschien dieses Mal als Kind. Als sehr kleines Kind natürlich.
    Bei näherem Hinsehen entpuppte sich das dreißig Zentimeter große Kind als Seshmosis selbst, etwa im Alter von zehn Jahren. Der Schreiber hatte sich größer in Erinnerung, aber er kannte ja das Problem von GON, obwohl er die Ursache immer noch nicht begriff.
    »Weißt du nun, was geschehen wird?«, wollte er wissen.
    »Nicht genau. Aber es gibt Anzeichen, dass das dunkle Reich sich ins Land der Menschen schiebt. Und das ist furchtbar.«
    »Meine Leute sind alle im Lager. Sind sie

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