Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott
Stadt saß Seshmosis in seinem Zelt im Lager und döste vor sich hin. Er versuchte die Schreckensnachrichten einzuordnen. Bei aller Unwahrscheinlichkeit und allem Seemannsgarn schienen doch merkwürdige Dinge vorzugehen. Und sie waren nicht dazu angetan, ihn zu beruhigen.
Plötzlich materialisierte sich vor seinen Augen eine Katze. Obwohl sie nicht sonderlich groß erschien, erschrak er.
»Bastet?«, fragte der Schreiber.
»Nein, ich, dein Herr und Gott«, kam es ärgerlich aus dem Mund der Katze.
»Warum erscheinst du mir als Katze, Herr?«
»Weil mir in der Eile nichts Besseres eingefallen ist. Ist doch egal, wie ich aussehe, oder?«
Seshmosis glaubte, einen drohenden Unterton zu hören, und beeilte sich zu versichern, dass das Aussehen des Herrn wirklich keine Rolle spiele. Vor allem dann nicht, wenn man sich in seiner unmittelbaren Reichweite befand.
»Schreckliche Ereignisse stehen bevor. Die Götterwelt ist in einem Aufruhr, wie ich ihn seit den großen Kriegen von Osiris und Seth nicht mehr erlebt habe. Ihr seid in Gefahr, alle sind in Gefahr.«
Seshmosis wunderte sich, dass ein Gott so verunsichert und beunruhigt sein konnte. Standen Götter denn nicht über allem?
»Nein, wir stehen nicht über allem, sondern mittendrin. Vor allem, wenn es unter den Göttern verschiedene Fraktionen gibt.«
»Was ist geschehen?«, fragte Seshmosis besorgt.
»Du solltest besser fragen, was wird geschehen. Und ich weiß es nicht einmal. Es ist zu groß, zu furchtbar, aber ich weiß nicht, was.« Nun klang schon Verzweiflung in der Stimme von GON.
Der Schreiber lehnte sich zurück und rang um Fassung. Vor ihm saß eine rund dreißig Zentimeter große, besser kleine, rot getigerte Katze und warnte ihn vor schrecklichen Ereignissen, konnte aber nicht sagen, was das für Ereignisse sein würden.
Seshmosis versuchte, sich zu beruhigen. So viel Anstrengendes musste er in letzter Zeit erleben. Die Heimat und die geliebte Schreibstube hatte er verlassen, der tägliche Kleinkrieg mit Raffim zehrte ihn auf, Melmaks Super-Rinder bereiteten ihm Kopfzerbrechen, ein Gott hatte sich ihm offenbart, und jetzt tauchte eine sprechende Katze auf, die ihn vor großem Unheil warnte – das war einfach zu viel.
Er wurde ohnmächtig.
Seshmosis erwachte vom Regen, der auf sein Gesicht prasselte. Nun, Regen in dieser Jahreszeit mochte ungewöhnlich sein, aber nicht unmöglich. Aber hier, in seinem Zelt? Aus einer einzigen dunklen Wolke, die einen halben Meter über seinem Kopf schwebte?
Seshmosis versuchte erneut ohnmächtig zu werden, doch eine Stimme warnte ihn: »Hör mir zu, Schreiber! Ich will euch doch nur helfen.«
Seshmosis wandte sich nach links, wo die Stimme herkam. Irgendwie hatte er erwartet, eine rot getigerte Katze zu sehen. Aber dort stand sein Vater. Allerdings war auch er nicht größer als vorher die Katze.
Alles Augenreiben half nicht, die Erscheinung blieb. Mit seinem Gewand trocknete Seshmosis sich das Gesicht ab und blieb bäuchlings auf dem Boden liegen, um zu seinem Gott aufsehen zu können.
»Ich dachte, wenn ich die Gestalt deines Vaters annehme, hast du vielleicht mehr Respekt als vor einer Katze. Wie auch immer, sorge dafür, dass heute Nacht alle Tajarim im Lager sind, wirklich alle. Obwohl ich nicht weiß, was geschehen wird, kann ich euch doch schützen. Du weißt schon, so weit mein Auge reicht.«
Seshmosis nickte. Und da er dies im Liegen tat, schlug sein Kinn auf den Boden.
»Ich verstehe, das Lager ist klein genug für dich, um es zu beschützen.«
GON ging auf diese Bemerkung nicht ein.
»Gut, ich werde dafür sorgen, dass heute Nacht alle hier sind. Aber eine Frage habe ich doch noch«, fügte er hinzu.
»Was willst du wissen?«
»Du sagst, dein Wirkungskreis beträgt ungefähr hundert Meter. Wie kommt es dann, dass deine Erscheinung so klein ist?«
Das Menschlein vor ihm sah verlegen an sich herab.
»Das ist noch so ein heikler Punkt, der unter uns bleiben muss. Wenn ich mich materialisiere, kann ich eine gewisse Größe nicht überschreiten. So etwa dreißig mal dreißig mal dreißig Zentimeter ist die Grenze.«
Seshmosis schluckte heftig. »Ich werde es niemandem verraten«, versprach er.
Die Gesichtszüge des Miniaturgottes entspannten sich. »Und wo wir schon dabei sind, wenn ihr die kommende Nacht heil übersteht, sollt ihr mir zum Dank einen Schrein bauen. Die Maße des Kastens müssen genau dreiunddreißig mal dreiunddreißig mal dreiunddreißig Zentimeter betragen. Aus gutem
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