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Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Titel: Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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rechten Arm eine umfassende Kreisbewegung. »Ich weiß, dass du die alten Geschichten kennst, die Eifersüchteleien und den Streit der Götter untereinander. Wie ich dieses Verhalten satt habe. Aber das hat nichts mit dir zu tun. Ich ließ dich aus einem anderen Grund holen.«
    Seshmosis’ Anspannung stieg ins Unermessliche.
    »Ich sorge mich immer noch um das Land, in dem ich einst als König herrschte, bevor ich in diese andere Lebensform wechselte. Ich hänge einfach an ihm, obwohl es kaum etwas Langweiligeres gibt als den Rhythmus der jährlichen Nilüberschwemmungen. Aber ich schweife ab. Dein Volk lebt nun schon einige Jahrhunderte in Ägypten. Zuerst wart ihr willkommene Arbeiter, Berater und Händler, dann seid ihr zu ungerechten Herrschern aufgestiegen, und jetzt seid ihr nur noch unwillkommene Fremdlinge. Es ist wirklich besser für euch, wenn ihr geht. Ich weiß, dass ihr das wollt, und ich bestärke euch darin. Ihr solltet nicht auf den Gedanken kommen, vielleicht doch in Ägypten zu bleiben, so wie das einige von euch bereits tun. Es wäre eine Katastrophe für euch, und zwar die letzte.
    Natürlich weiß ich auch, dass euch eine kleine Entität hilft, die sich selbst für einen Gott hält und vielleicht sogar eines Tages einer werden wird. Aber ihre Hilfe wird nicht ausreichen, nie und nimmer. Vor allem dann nicht, wenn ich zornig werde. Also höre, du Prophet deines Volkes: Verlasst Ägypten, so schnell ihr könnt! Wenn nicht, wird von diesem Tage an mein Fluch über euch lasten! Du bist entlassen!«
     
    Augenreibend stand Seshmosis vor dem Höhleneingang. Hatte er alles nur geträumt? Als er sich umblickte, sah er die anderen Tajarim, ebenso verwirrt wie er. Freudig registrierte er, dass sich unter ihnen auch Rachel und Mumal befanden.
    »Was ist geschehen?«, wollte Schedrach wissen. »Gerade waren wir noch in der Höhle, und jetzt stehen wir hier.«
    »Es ist alles in Ordnung, meine Freunde. Mir hat nur ein sehr großer Gott gerade klar gemacht, dass wir schwache Winzlinge sind und schnellstens aus diesem Land verschwinden sollten.«

     
    Auf der Windsbraut im Hafen von Memphis diskutierten Zerberuh, Kalala und El Vis, wie es weitergehen sollte. Einerseits gefiel Kalala die Zunahme der Bordbevölkerung überhaupt nicht, andererseits verspürte sie keine Lust, auf einem Pferd durch die Wüste zu reiten. Alle ihre Versuche, Zerberuh durch weitere Zahlungen zu einer Reduzierung der Passagiere zu verleiten, scheiterten an dessen Loyalität gegenüber seinen Tajarim.
    Zerberuh indes redete mit Engelszungen auf Ihre Hoheit ein.
    »Verehrte Prinzessin von Gebel Abjad, schwarze Perle Nubiens, Stern der Oase Salima, verzeiht meinen Widerstand, aber wollt Ihr wirklich, dass diese Alten, Gebrechlichen und kleinen Kinder zu Fuß durch die schreckliche Wüste laufen? Bedenkt die Gefahren, die dort lauern. Was ist das schon gegen einige Unbequemlichkeiten bei der Reise?«
    »Ich vermisse aber die lauschigen Sternennächte, ganz allein mit dem begnadeten El Vis«, entgegnete Kalala trotzig.
    Der Sänger schlang den Arm um die Hüfte der Prinzessin und sagte: »Aber wir haben doch immer noch unsere Kajüte für uns, Teuerste. Ich könnte nicht mehr glücklich singen, wenn ich die Ärmsten in der Wüste wüsste«, wobei die Worte »Wüste wüsste« einen Schlangenzischlaut auslösten, der eines Apophis würdig gewesen wäre.
    »Wenn du meinst«, willigte Kalala endlich ein. Weniger wegen der Ärmsten in der Wüste als wegen der Angst, ihren ganzen wertvollen Besitz unbeaufsichtigt auf dem Schiff zurückzulassen.
    Zerberuh atmete erleichtert auf. »Dann lasst uns umgehend aufbrechen!«
     
    Noch während Seshmosis überlegte, wie er seine über das ganze Plateau von Gizeh verstreuten Tajarim einsammeln sollte, hörte er hinter sich metallenes Geklapper.
    »Oh, oh, das sieht gar nicht gut aus«, entfuhr es dem zwergenwüchsigen Ziegenhirten Ismail, als er die schwerbewaffneten ägyptischen Soldaten sah.
    Jetzt kommt wohl die Sache mit der Axt, dachte sich Seshmosis. Hoffentlich behielt der alte Seher Recht.
    »Mitkommen!«, befahl der Kommandant der Soldaten, und die Tajarim machten keine Anstalten, sich zu widersetzen.
    Man führte sie zum Grab der Königin Chentkaus, das man auch die vierte Pyramide von Gizeh nannte. Dort löste sich Seshmosis’ Problem, die anderen Tajarim zu finden – sie waren alle schon dort. Seshmosis blickte in verstörte und verängstigte Gesichter, der touristische Ausflug hatte eine

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