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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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deutlich im Mondlicht abzeichnete.
    Verwirrt blinzelte er in das Angesicht seines Herrn und gähnte herzhaft.
    »Die Zeit ist gekommen!«, sprach die Katze bedeutungsvoll. »Du holst noch vor Morgengrauen Homeros und Skamandrios an Bord der Gublas Stolz, und danach müsst ihr die Troas sofort verlassen! Jegliche Verzögerung könnte euer Tod sein, denn die Achäer werden jeden Fremden niedermetzeln.«
    »Aber Homeros ist ihr Berichterstatter, sie brauchen ihn doch«, wandte Seshmosis ein.
    »Darauf werden sie in ihrem Blutrausch keine Rücksicht nehmen. Tu, was ich dir sage! Eile mit Homeros zum Schiff. Dann hole Elimas als Träger für Homeros' Gepäck. Der Dichter wird ungern auf seine Werke verzichten und die Menschheit auch nicht. Und danach schaff eilends den Jungen herbei!« Die Katze sprach es und verschwand.
    Seshmosis unterdrückte einen Fluch und weckte den blinden Dichter.
     
    *
     
    Als die Sonne an diesem Morgen ihre Strahlen über Troja und die Ebene schickte, staunte sie nicht schlecht, wie aktiv die Menschen bereits waren. Normalerweise konnte sich das Licht in aller Ruhe ungestört ausbreiten, bevor die Menschen die Szenerie betraten. Doch heute schien es, als habe die Sonne verschlafen. Noch vor dem ersten Hahnenschrei schleppten Seshmosis und Elimas die Habseligkeiten des Homeros und die Ergebnisse seines langen Dichterlebens zur Gublas Stolz. Danach ging Seshmosis zu Mursils Lager.
    »Es ist also so weit«, flüsterte der Hethiter, weckte Skamandrios und gab ihm ein vorbereitetes Bündel. Skamandrios blickte in der Morgendämmerung noch einmal über die Ebene vor der Stadt, jenen Ort, an dem Achilleus seinen Vater Hektor mit den Füßen an den Streitwagen gebunden und dreimal um die Mauern geschleift hatte. Dann folgte er Seshmosis zum Schiff.
     
    Währenddessen hatte Odysseus einen Botschafter zu Agamemnon geschickt, auf dass dieser das achäische Heer im Schutz der Nacht lautlos bis zum Skäischen Tor führen solle. Bisher hatten die Achäer immer nur bei Tageslicht angegriffen, sodass es die Trojaner als unnötig empfanden, die Zinnen des Torturms des Nachts zu besetzen. Lediglich eine kleine Wache von fünf Leuten stand hinter den schweren Holzflügeln des Tores und hoffte auf baldige Ablösung.
    Draußen warteten derweil nervös und angespannt die Angreifer auf das entscheidende Zeichen ihrer Männer in der Stadt.
    Kassandra schaute in der Dämmerung aus ihrem Fenster auf das merkwürdige riesige Pferd aus Holz, das unvermutet auf dem Platz direkt beim Skäischen Tor stand. Da traf sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel eine Vision. Die Hufe des Pferdes verwandelten sich in schartige Äxte, aus seinen Flanken wuchsen tödliche Lanzen, und Blut triefte aus seinem Maul. Entsetzt wandte sich Kassandra ab. Sie wusste, dies war das Ende von Troja. Schnell rannte sie zum Tempel der Athene. Noch bevor sie ihn erreichte, hörte sie bereits Kampflärm und Schreie in der Stadt. Kassandra wollte sich im Tempel keineswegs verstecken, denn sie wusste, dass sie ihrem Schicksal nicht entrinnen konnte. Zu oft hatte sie in Visionen gesehen, welches Schicksal sie von den Achäern zu erwarten hatte.
    Sie wollte aber, wenn es denn nun so weit war, in der Gegenwart ihrer Göttin Athene sein. Die Prinzessin und Priesterin war sich sicher, dass diese Zeugin als gnadenlose Richterin und furchtbare Henkerin rächen würde, was immer man Kassandra antäte. Keine Göttin der Welt lässt es ungestraft zu, dass man ihre Priesterin im Tempel schändet. Wehe dem Mann, der sich zu solcher Freveltat hinreißen ließ!
     
    *
     
    Als die Gublas Stolz von kräftigen Ruderschlägen angetrieben die Küste verließ, stiegen von Troja die ersten Rauchsäulen auf.
    Unerwartet für Seshmosis hatte niemand gegen sein Drängen, die Troas sofort zu verlassen, Widerspruch erhoben. Als Seshmosis erzählte, dass GON ihm die Abreise befohlen hatte, hörten die Tajarim und die phönizischen Seeleute auf den Propheten. Zu gut hatten sie das Erscheinen des Gottes als Feuersäule am Strand noch im Gedächtnis.
    So standen sie nun am Heck des Schiffs und starrten Richtung Land, wo sich das Morgenrot mit den Feuern des brennenden Troja vermischte.
     
     

Die Irrfahrer
     
    Gute Winde ließen die Gublas Stolz schnell den Hafen von Methymna auf der südlich gelegenen Insel Lesbos erreichen, wo die Phönizier Frischwasser und Nahrung an Bord nehmen wollten. Auf dem Schiff gab es kaum Vorräte, denn die Eile des Aufbruchs aus der Troas hatte

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