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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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die Statue für euch holen. Aber nur, wenn wir einen Umweg über die Küche machen. Mit hungrigem Magen konnte ich noch nie stehlen!«
     
    Die beiden Unbekannten sahen staunend zu, wie Raffim nach einem ganzen Zicklein auch noch drei gebratene Hühner vertilgte. Das alles spülte er mit einem Krug Wein hinunter.
    Raffim war sich darüber im Klaren, dass dies seine Henkersmahlzeit sein mochte. Bestimmt hatte es mit der Statue eine besondere Bewandtnis, die ihm seine Befreier nicht verraten hatten, und wenn man ihn beim Diebstahl erwischen sollte, war ihm der schnelle Tod gewiss. Deshalb wollte er seinen Aufenthalt in der verhältnismäßig sicheren Küche noch verlängern und forderte zum Nachtisch einen Korb Obst.
    Man sah den beiden Unbekannten an, dass sie Raffim am liebsten auf der Stelle erschlagen hätten, doch sie waren auf ihn angewiesen.
    »Schluss jetzt mit der Fresserei, es ist genug! Komm endlich!«, drängte der Sprecher der Fremden. »Du hast schon genug Zeit vertrödelt.«
    Widerwillig folgte Raffim seinen Befreiern durch viele Gänge und über viele Treppen kreuz und quer durch das Gebäude. Endlich erreichten sie einen kreisrunden Raum, in dessen Mittelpunkt die Statue der Pallas Athene stand. Die Figur war ungefähr einen halben Meter hoch und ziemlich unscheinbar. Kein Vergleich zu den üblichen prachtvollen Abbildern, die man sonst aus den Athene-Tempeln der Achäer kannte. Doch diese Statue besaß eine ganz besondere Ausstrahlung, die Raffim irritierte.
    Vorsichtig betrachtete der Tajarim die Figur erst einmal von allen Seiten. Und da erkannte er die Magie der Statue: Sie schien lebendig, denn sie verfolgte ihn mit ihren Augen. Wo auch immer er im Raum stand, die Augen der Athene richteten sich stets auf ihn.
    Auch seinen Begleitern war diese Situation unangenehm, ja unheimlich.
    »Mach schon! Nimm sie und lass uns von hier verschwinden!«
    Es kostete Raffim große Überwindung, sich der Statue zu nähern. Doch dann fasste er sich ein Herz und nahm sie vom Sockel.
    Als er sie in Händen hielt, schienen die Augen plötzlich erloschen und der Bann gebrochen. Schnell verließen die drei Diebe den Raum und verschwanden im Gewirr der Korridore und schließlich in einer Wäschekammer.
    »Was soll das? Ich dachte, ihr führt mich aus der Stadt?«, erregte sich Raffim, der die Statue noch immer in Händen hielt.
    »Genau deshalb sind wir hier«, entgegnete der Sprecher der Fremden ruhig. »Zieh das an!«
    »Aber das sind Frauenkleider!«, entsetzte sich Raffim.
    »Genau! Und deine einzige Möglichkeit, Troja zu verlassen.«
    Widerwillig zog sich Raffim die Frauenkleider an und verhüllte seinen Kopf mit einem Schleier. Er sah aus wie eine dicke Vettel, die kaum ein Mann zweimal ansehen würde.
    Dann gab einer der Unbekannten Raffim ein Laken, in das er die Statue der Pallas Athene einwickeln sollte.
    »So, und nun nimm die Figur in die Arme. Eine trauernde Mutter trägt ihr totes Kind zur Bestattung zum Scheiterhaufen außerhalb der Stadtmauern. Nun musst du nur noch schön jammern, und die Wachen werden dich ohne weiteres passieren lassen. Bring die Statue zur zerstörten Zeus-Eiche, wo ein gewisser Kalchas auf dich wartet, und übergib sie ihm. Du kannst den Baum nicht verfehlen, er wurde vom Blitz gespalten und verkohlt.«
     
    *
     
    In der Troas herrschte jene Art von Frieden, die entsteht, wenn die Kriegsgegner ihre Wunden lecken und ihre Schwerter neu schärfen.
    Die Tajarim beschäftigten sich mit den letzten Vorbereitungen für das große Konzert von El Vis, als völlig unerwartet Raffim auftauchte.
    Zerlumpt und abgemagert erschien er im Lager, und es gab ein großes Hallo.
    Selbst Seshmosis freute sich, seinen alten Widersacher einigermaßen wohlbehalten wieder zu sehen. Raffims Anwesenheit symbolisierte für ihn die Normalität, er gehörte zu seiner vertrauten Welt, wie er sie von klein auf kannte.
    Es spielte dabei überhaupt keine Rolle, ob er Raffim mochte oder nicht, für Seshmosis war Raffim Bestandteil der natürlichen Ordnung. Seine Gegenwart beruhigte ihn einfach, weil es sich richtig anfühlte.
    Raffim jammerte zwar, welch unerträgliche Foltern er habe aushalten müssen, und prahlte, dass ihm ganz allein die Flucht aus den Kerkern Trojas gelungen sei, aber über die näheren Umstände schwieg er sich aus. Dann ließ er sich über die Geschehnisse im Lager informieren, begutachtete das große hölzerne Pferd für das Konzert und machte sich in Gedanken eine Notiz, El Vis die

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