Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
Vom Netzwerk:
allem sah er keinen besonderen Ruhm darin, schiffbrüchige Frauen niederzumetzeln. So sagte er nur: »Diese Insel scheint der Treffpunkt aller zu sein, die nach Hause wollen«, und ging zu seinen Leuten zurück.
    Erleichtert wandte sich Seshmosis wieder der Amazone zu.
    »Ich bin Seshmosis aus Byblos, und Zerberuh, mit dem Ihr an Bord gesprochen habt, ist der Kapitän unseres Schiffs. Wir sind keine Achäer, wir sind Tajarim! Ihr seid sicher hungrig. Diese Insel bietet Fleisch und Früchte im Überfluss. Wie viele Leute seid ihr denn?«
    »Lass das Ge-Ihrze! Unter Gestrandeten sollte es keine Standesunterschiede geben«, forderte ihn Cleite auf. »Wir sind noch vierzig, acht unserer Kameradinnen fielen den Stürmen zum Opfer. Danke, dass du uns helfen willst. Jetzt müssen wir aber unser Lager aufschlagen und uns versorgen. Später können wir uns in Ruhe unterhalten.«
    Diese Aussicht brachte Seshmosis derart in Verlegenheit, dass er nur stumm nicken konnte. Wie auf Wolken schwebte er zu seinem Zelt.
     
    *
     
    Am Nachmittag ging Seshmosis an Bord der Gublas Stolz, weil er mit GON im Versteck des Schreins reden wollte. An Deck bemerkte er, dass eine Planke das Schiff der Tajarim mit dem Schiff der Amazonen verband. Dann hörte er ein lustvolles Kichern aus dem Zelt auf dem Vorderdeck. Neugierig schlich sich der Schreiber auf Zehenspitzen näher und spähte durch einen Spalt in der Zeltplane. Was er da sah, trieb ihm die Schamesröte ins Gesicht. Sein Freund Zerberuh lag auf dem Rücken, und auf seiner Mitte hockte eine üppige, splitternackte Amazone mit riesigen Brüsten wie eine archaische Muttergottheit. Verwirrt wandte sich Seshmosis ab. Als er leise Richtung Mast schlich, hörte er Zerberuh noch stöhnen: »Ach, Hippoxena, du bist noch gewaltiger als Thoeris!«
    Plötzlich verspürte Seshmosis überhaupt kein Bedürfnis mehr, mit GON zu reden. Mit merkwürdigen Gefühlen verließ er das Schiff wieder und spazierte am Strand entlang.
    Das Treiben der Menschen verdrängte langsam das eben Gesehene aus seinem Bewusstsein. Ein Trupp Amazonen kehrte gerade mit erlegten Ziegen zurück, der junge Skamandrios schlenderte mit Homeros am Waldrand entlang, und Raffim gab seinen Dienern gestenreich und lautstark irgendwelche Befehle. An einer Feuerstelle sah er Nostr'tut-Amus mit Cleite in ein Gespräch vertieft. Seshmosis' Neugierde drängte ihn, hinzugehen, seine Schüchternheit hielt ihn aber zurück. Schließlich siegte, wie fast immer, letztere. So versäumte der Schreiber einen äußerst interessanten Dialog.
     
    »Du wirst nur dann in deine Heimat zurückkehren, wenn du eine Nacht mit einem Mann verbringst, der noch nie in den Armen einer Frau lag«, prophezeite Nostr'tut-Amus der Amazone.
    »Meinst du verbringen oder meinst du richtig verbringen?«, fragte Cleite unsicher.
    »Richtig verbringen, und du wirst nicht nur in deine Heimat zurückkehren, sondern auch Ruhm und Ehre erlangen.«
    »Muss ich ihn auch heiraten?«
    »Nein, eine Nacht mit ihm genügt völlig. Und noch etwas, Amazone. Der Kandidat sollte die Nacht unbedingt überleben!«
    »Gut, so sei es! Doch wie finde ich den geeigneten Mann? Unter diesen Kriegern ist doch bestimmt keiner, der noch nie bei einer Frau lag.«
    »Unter den Kriegern sicher nicht«, entgegnete der Seher. »Aber ich kenne da jemand, von dem ich ganz genau weiß, dass er diese Voraussetzungen erfüllt.«
    »Und wer ist dieser Wunderknabe?«, fragte Cleite mit freudig erregter Stimme.
    »Der dort!«, sagte Nostr'tut-Amus und deutete auf Seshmosis, der ahnungslos in Gedanken versunken am Strand stand.
     
    *
     
    Die Nacht brach herein, und wieder brannten viele Dutzend Lagerfeuer am Strand der Ziegeninsel. Durch die Ankunft der Amazonen waren es noch mehr als am Tag zuvor. Seshmosis genoss mit Homeros die friedliche Stimmung, und sie unterhielten sich, wie es mit ihnen weitergehen solle. Da näherte sich Cleite und fragte, ob sie Platz nehmen dürfe. Freudig begrüßte Seshmosis die Amazone, und sie setzte sich zu seinem Erstaunen direkt neben ihn. Sie trug zwar keinen Helm und auch auf die bronzenen Beinschienen hatte sie verzichtet, doch von ihrem Brustpanzer mochte sie sich anscheinend auch am Abend nicht trennen.
    Während sich Seshmosis noch über diese ungewöhnlichen Bekleidungssitten der Amazonen wunderte, sprach ihn Cleite an: »Dein Freund Nostr'tut-Amus erzählte mir, dass du ein Schreiber bist und aus Ägypten stammst. Lebt dort deine Familie?«
    »Nein, meine Familie

Weitere Kostenlose Bücher