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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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nun kam unser Vater mit einem geheimen Staatsauftrag nach Byblos. Ich darf Euch darüber nichts verraten, nur so viel, dass er sich in dieser Angelegenheit mit Fürst Qazabal und dem Oberpriester des Baal-Tempels traf.«
    Maduk verstand. Die Sache roch nach internationaler Diplomatie, bilateralen Problemen und religiösen Interessen auf höchster Ebene. Und dann war etwas so Banales wie ein Raubmord geschehen.
    »Und mitten in diesen Verhandlungen fiel dann Euer Vater leider einem Verbrechen zum Opfer«, warf Maduk ein.
    »Es scheint so, aber wir sind uns nicht sicher, ob nicht mehr dahintersteckt als ein simpler Raubüberfall.«
    »Wenn die Schatten von Byblos morden, ist es immer simpel. Es tut mir wirklich leid für Euch, aber Euer Vater befand sich zur falschen Zeit am falschen Ort. Könnt Ihr mir sagen, was er ausgerechnet im Hafenviertel wollte? Oder ist das auch geheim?« Der Ermittler in Maduk ließ nicht locker.
    »Er wollte einen alten Gelehrten besuchen, der unerkannt und völlig verarmt in diesem Viertel lebt. Warum er das wollte, darf ich Euch nicht sagen.«
    »Schon gut.« Maduk winkte ab, da er genau wusste, dass es sich bei dem Gelehrten nur um Orakles von Phaistos handeln konnte. Er war der Einzige, der in Frage kam. Ohne sein Wissen preiszugeben, fuhr er fort: »Doch nun zu etwas anderem. Ihr habt binnen vierundzwanzig Stunden drei Männer getötet. Meine Fragen: Erstens, seid Ihr sicher, dass es die Richtigen waren, und zweitens, seid Ihr mit Eurem Rachefeldzug nun fertig?«
    »Wir sind sicher. Alle drei gestanden vor ihrer Fahrt in den Hades die Tat. Und Ihr könnt beruhigt sein, unsere Rache ist vollbracht. Wir suchen nur noch nach einem Gegenstand aus dem Besitz unseres Vaters.«
    »Um welchen Gegenstand es sich dabei handelt, ist natürlich geheim.«, fügte Maduk ironisch hinzu. »Aber darf ich zumindest erfahren, ob Ihr eine heiße Spur habt?«
    »Ja. Wir sind dem Gegenstand auf der Spur. Sein jetziger Besitzer soll ein ägyptischer Schreiber sein, der in der Oberstadt wohnt.«
    Maduk wusste sofort, wen der Kreter meinte, denn er hatte alle Tajarim gleich nach ihrer Ankunft unter die Lupe genommen. Aber er würde sich hüten, den Namen preiszugeben. Maduks Devise lautete: »Eine Hand wäscht die andere, aber wenn du nichts preisgibst, erfährst du auch nichts von mir.« Stattdessen fragte er: »Falls Ihr den Mann finden solltet, wird er die Begegnung mit Euch überleben? «
    Nelos warf seinem Bruder Pelos einen kurzen Blick zu, bevor er antwortete: »Er wird leben. Falls er den Gegenstand freiwillig herausgibt.«
    »Dann wünsche ich Euch viel Erfolg bei Eurer Suche. Und bitte, schont künftig Eure Waffen und die Einwohner meiner Stadt.« Mit diesen Worten gab Maduk seinen Wachen ein Zeichen. Gemeinsam kletterten sie in ihr Ruderboot, das kurz darauf vom kretischen Schiff ablegte.
     
    *
     
    Henenu saß unter einer Dattelpalme und beaufsichtigte seine zwanzigköpfige Kuhherde, die in einiger Entfernung graste. Er genoss die abendliche Ruhe dieses Fleckchens Erde etwas außerhalb von Dendara. Am gegenüberliegenden Nilufer lag, von der tief stehenden Sonne beschienen, die Stadt Qena mit ihren prächtigen Villen und gepflegten Gärten. Während Dendara, das die Eingeweihten Iunet nannten, vor Heiligkeit nur so strotzte, fand in Qena das wahre Leben statt – im Bazar, im Badehaus, in den Quartieren der nichtgöttlichen Dirnen. Mehr und mehr Menschen bevorzugten es in den letzten Jahren, am Ostufer in komfortablen neuen Häusern zu wohnen, und überließen die Tempelstadt Dendara den Priestern. Und denen, die es sich nicht leisten konnten, auf der anderen Seite des Flusses zu leben. So wie er, der arme Hirte.
    Plötzlich erschien mitten in der Herde eine Frau aus dem Nichts. Henenu rieb sich die Augen, doch die Erscheinung verschwand nicht. Die Frau war überaus attraktiv, strahlte große Sinnlichkeit aus, und sie war – völlig nackt. Normalerweise reagierten Henenus Kühe auf die geringste Störung, das kleinste Schwanzwedeln eines Schakals versetzte sie in Panik. Doch jetzt zeigten sie keinerlei Regung.
    Die Frau, es handelte sich um keine geringere als Hathor, blickte irritiert um sich. Sie wusste weder, woher sie gekommen war, noch, wo sie sich gerade befand.
    Henenu winkte ihr zu und forderte sie auf, die Kuhherde zu verlassen. Daraufhin ging die Frau auf den Hirten zu. Die Kühe folgten ihr. Henenu war vom Anblick der nackten Schönheit sichtlich fasziniert. Krampfhaft versuchte er, der

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