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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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aufmerksamen Publikum: »Liebe Freunde! Als Höhepunkt unseres Festes wird nun El Vis einige Lieder für uns anstimmen. Bald wird er die Könige der Inseln erfreuen, doch heute Nacht singt er für euch, nur für euch. Dieses kleine Konzert ist unser Dank an alle, die uns so treu begleitet haben, und an die, die unseren Neuanfang in Byblos ermöglichten.«
    Applaus brandete auf, und Seshmosis drängte sich durch die Menge, um näher an der Musik zu sein. Er liebte die Lieder von El Vis.
    Der Sänger trat in den Schein der Fackeln. Sein pechschwarzes Haar glänzte von frischem Öl, und der gewaltige Backenbart säumte sein attraktives Gesicht. Eine fliederfarbene Toga unterstrich die gute Figur, und sein Lächeln bezauberte das Publikum. Kein Wunder, dass sich Kalala diesen Mann als Gefährten erwählt hatte.
    Mumal begann mit gleichmäßigen Trommelschlägen, dann entlockte Elimas seinem Shofarhorn einen sonoren Bordunton. El Vis griff in die Saiten seiner Harfe und begann mit samtweicher Stimme zu singen:
     
    Trommeln der Inseln,
    ihr seid der Rhythmus meines Herzens.
    Ihr seid bei mir, wo immer ich bin.
    Wenn ich je auf Fahrt gehe,
    wenn ich je fern von hier bin,
    ich weiß, ihr geleitet mich heim.
     
    Und wenn ich über die tiefe blaue See reise,
    werde ich nie die Purpurküste vergessen.
     
    Trommeln der Inseln, ich höre euch rufen,
    und ich kehre für immer heim.
     
    Ich liebe jedes Tal, jedes Sandkorn, jeden Hügel,
    die Blumen und die Musik der Küste.
    Hier sind die Dinge, die ich liebe und begehre,
    und bin ich auch tausend Meilen von hier.
     
    Trommeln der Inseln …
    Trommeln der Inseln …
    Trommeln der Inseln … 1
     
    Leise verklangen El Vis' Stimme, Mumals Trommelschläge und Elimas' klagender Shofarton in der Nacht. Einige Herzschläge lang schwieg das Publikum ergriffen, dann brach ein Sturm der Begeisterung los, und alle forderten eine Zugabe.
    El Vis ließ sich nicht lange bitten und sang, bis die Sterne verblassten.
     
    *
     
    Hatemhat, die Hohepriesterin des Hathor-Tempels von Dendara, betrachtete eingehend die Frau, die man zu ihr gebracht hatte. Das Alter der Fremden war schwer zu schätzen. Einmal schien es, als stünde ein soeben erblühtes Mädchen vor ihr, ein andermal eine reife Frau. Ebenso verhielt es sich mit ihrer Ausstrahlung. Je nach Blickwinkel veränderte sich die Schönheit der Fremden, und das irritierte Hatemhat über die Maßen. Deshalb fragte sie schließlich:
    »Bist du noch Jungfrau?«
    Die namenlose Schönheit überlegte kurz, dann zuckte sie mit den Achseln. Sie wusste einfach nicht, was die Priesterin mit dieser Frage meinte.
    »Egal, wir werden sehen«, sagte Hatemhat sachlich und befahl, die Frau in ein Quartier zu bringen.
    Die wie vom Himmel gefallene Fremde kam ihr wie gerufen, denn am nächsten Tag begann der Höhepunkt des Jahres, die große Prozession auf dem Nil. Jedes Jahr wurde ein Mädchen oder eine Frau ausgewählt, die bei diesem Fest die Göttin Hathor darstellte. Ursprünglich wollte Hatemhat dafür wie jedes Jahr eine ihrer Novizinnen auswählen, doch nun würde diese Rolle die schöne Unbekannte übernehmen. Ihre Ausstrahlung übertraf alle Ansprüche, die man an eine Hathor-Darstellerin haben konnte.
    Nachdem man die fremde Schönheit in ein Quartier gebracht hatte, beaufsichtigte die Hohepriesterin persönlich die Vorbereitungen für die feierliche Reise mit der großen Barke, in der am folgenden Morgen die goldene Hathorstatue zusammen mit ihrer menschlichen Personifikation nilaufwärts fahren sollte. Es waren nur noch fünf Tage bis zur Neumondnacht im Monat Epiphi, dem elften im altägyptischen Kalender, den andere Völker den Wonnemonat Mai nannten. Es galt das große Fruchtbarkeitsfest zu feiern, auf dass die Saat aufgehen und sie eine reiche Ernte bringen würde. Dies war das Anliegen der Heiligen Hochzeit, zu der Hathors Stellvertreterin morgen reisen würde.
     
    Pünktlich zur achten Stunde am nächsten Vormittag legte die prächtig geschmückte Barke im Hafen von Dendara unter Anteilnahme der gesamten Bevölkerung ab. Zwanzig Sklaven ruderten das Boot gegen den Strom Richtung Süden. Die goldene, überdimensionale Kuhstatue der Hathor glänzte in der Morgensonne auf dem Deck. Neben ihr stand Hathor in menschlicher Gestalt, ohne Erinnerung und ohne Namen. Ihren Kopf schmückte eine gehörnte Krone mit einer glänzenden Sonnenscheibe, ihr Körper war von den Schultern bis zu den Knöcheln mit einem hauchdünnen Schleier mehr entkleidet

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