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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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Nil im Norden der Stadt Edfu begleitete. Dort würde er auf seine Braut Hathor treffen.
     
    Horus war nun allein in dem Tempel, der nur spärlich durch ein Oberlicht beleuchtet wurde. Er saß in einem thronähnlichen Sessel, und ein Falke knabberte an seinem Ohrläppchen.
    Während er wartend dasaß, versuchte er sich seiner Herkunft zu erinnern, doch vergeblich. Resigniert strich er dem Vogel über das Gefieder, als sich die Tür des Tempels plötzlich öffnete und das Sonnenlicht in den düsteren Raum eindrang. Im Gegenlicht sah er viele schemenhafte Gestalten, die sich auf ihn zu bewegten. Horusanch erhob sich aus dem Sessel, um die Ankömmlinge zu begrüßen.
    Eine Stimme verkündete: »Horus, wir bringen dir deine Braut, Hathor!«
    Hatemhat und Horhernecht führten Hathor an den Händen zu Horus und nahmen ihr dort den Körperschleier ab.
    Dann ergriff die Priesterin das Wort: »Bevor du Hathor zur Gattin nehmen darfst, musst du sie als Mutter anerkennen.«
    Dieses Ansinnen steigerte Horus' Verwirrung noch mehr. Wie sollte er das tun?
    Fragend sah er Hatemhat an, die ihn aufforderte: »Du musst an der Brust deiner Mutter saugen!«
    Horus war entsetzt. Wie ein Säugling sollte er vor den Augen der Leute an der Brust dieser Frau nuckeln. Nicht genug, dass er sein Gedächtnis verloren hatte, nun wollte man ihn auch noch zum Narren halten. Vehement lehnte er ab.
    Horhernecht trat ganz nahe zu ihm und flüsterte ihm drohend ins Ohr: »Wehe, du machst mir mein Ritual kaputt! Wenn du nicht sofort an der Brust saugst, werfe ich dich den Tempelhunden zum Fraß vor!«
    In Horus' Gehirn kämpfte sich eine Erinnerung ins Bewusstsein. Irgendwie kam ihm dieses Ritual bekannt vor. Andererseits hatte der Priester nicht das Recht, so mit ihm zu reden oder ihm gar zu drohen. Widerwillig näherte er sich mit dem Mund der Brustwarze der Frau. Das Saugen war dann aber gar nicht so unangenehm, wie er erwartet hatte. Nach einer Weile legte sich eine Hand auf seine Schulter, und eine Stimme sagte: »Genug! Nun könnt ihr hinaustreten ins helle Licht des Tages, auf dass die Gläubigen sehen, das Hathor und Horus wieder vereint sind!«
    Die Priesterin hängte Hathor erneut den Schleier um, dann wurden die beiden Götter ins Freie geführt. Mehr als zwanzig Falken kreisten über ihren Häuptern. Hatemhat fragte sich im Stillen, wie Horhernecht diese grandiose Falkennummer hinbekommen hatte.
    Eine große Menschenmenge empfing das Paar vor dem Tempel und huldigte seinen Göttern mit Musik und Lobpreisungen:
    »Beglückende Hathor, du Goldene, du Herrin der Göttinnen, du Meisterin des Rausches, der Musik und des Tanzes, du Göttin der Wonnen der Liebe! Heil dir, Horus, Sohn der Isis und des Osiris, Bezwinger des finsteren Seth, Herr der Ewigkeit und des Lichts, heil dir, großer Falke, dessen Samen Frucht bringt!«
    Hathor und Horus grüßten segnend die Menge. Sie taten dies zum Erstaunen von Hatemhat und Horhernecht mit einer Souveränität, als hätten sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Danach wurden die beiden in den kleinen Tempel zurückgeführt.
    »Bevor ihr die mystische Hochzeit vollziehen dürft, müsst ihr noch den toten Göttern von Edfu die Reverenz erweisen.«
    Hathor und Horus sahen sich verunsichert an, doch Horhernecht erklärte den beiden, worum es dabei ging.
    »Als der große Demiurg, der Weltengestalter, die Schöpfung plante, schuf er sich Urgottheiten, die ihm bei seinem Werk assistierten. Nach der Schöpfung waren diese natürlich überflüssig, und so ließ er ihre Seelen gen Himmel steigen und hieß sie zwischen den Sternen wohnen. Ihre Körper befinden sich jedoch immer noch in der Nekropole von Edfu. Diesen göttlichen und ehrwürdigen Körpern, die für immer in Edfu ruhen, müsst ihr nun ein Opfer darbringen und euren Dank für ihren Beitrag zur Schöpfung abstatten, stellvertretend für alle Menschen, denn sie sind die Vorfahren der Götter. Und sollten sie euch um etwas bitten, so müsst ihr dies erfüllen.«
    Dann trug man Hathor und Horus gemeinsam in einer Sänfte zur Nekropole an das ›Grab der toten Götter‹. Horus nutzte die Zeit, seine neue Gefährtin näher zu betrachten. Das also war seine Mutter und künftige Gattin. Hoffentlich war sie nicht auch noch seine Schwester, dachte er bei sich. Ihr Gesicht war fein geschnitten, und ihr Körper besaß die faszinierende Mischung aus distanziert verlockender Erotik und üppiger Sinnlichkeit. Je länger er die Frau betrachtete, desto bekannter und

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