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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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mich Dunkelheit, und als das Licht wiederkam, befand ich mich inmitten einer Kuhherde in der Menschenwelt. Man brachte mich in einen Tempel, und schließlich traf ich auf Horus, den ich aber zu diesem Zeitpunkt nicht erkannte. Später vollzogen wir die mystische Hochzeit, durch die ich meine Göttlichkeit wieder erlangte. Danach kehrten wir hierher zurück.«
    »Dir ist also kein Leid geschehen?«, wollte Thot wissen.
    »Nein, Leid eigentlich nicht. Aber man hat mich herumkommandiert und wie eine Sklavin behandelt!«
    »Also kein Leid«, betonte Thot und ignorierte den Rest von Hathors Aussage. »Und wie war das bei dir, Horus? Hat man dir ein Leid angetan?«, wandte sich der Ibisköpfige an den Falkenköpfigen.
    »Mir geschah Ähnliches, und auch ich wurde wie ein Sklave behandelt. Ich denke, ich werde den Priestern von Edfu in Bälde eine besondere göttliche Behandlung zukommen lassen.«
    »Gut, gut«, wiegelte Thot ab. »So konntest du also deine Priester und ihre Unarten kennen lernen. Das ist doch überaus hilfreich. Und hattest du auch positive Erlebnisse in der Menschenwelt?«
    »Durchaus. Ich bin unseren Ahnen begegnet, den toten Göttern von Edfu. Außerdem bin ich Hathor etwas näher gekommen.«
    »Also ist durch Arams Handeln keinem von euch wirklich Böses geschehen! Ich beantrage Gnade, hohes Gericht!«
    Erleichtert über Horus' Aussage, atmete Thot kräftig durch und klapperte noch einige Male mit dem langen Schnabel.
    »Freu dich nicht zu früh!«, bremste ihn Seth warnend. »Ein Mensch, besser ein gewesener Mensch und Uschebti, hat in die göttliche Ordnung eingegriffen. Allein diese Tatsache ist verdammenswert. Dafür verdient Aram den Rachen der ›Verschlingerin‹! Wo kämen wir denn hin, wenn jeder, wie er wollte, ins göttliche Geschehen eingreifen würde?«
    »Ja, wo kämen wir denn hin?«, äffte Thot Seth nach. »Ja, wo kämen wir denn hin, wenn einer nachschauen ginge, wo wir hinkämen, wenn wir gingen?«
    »Keine Philosophie, bitte!«, warf Osiris ein. Dann versank er in tiefes Nachdenken, und keiner der Anwesenden wagte es, ihn zu stören. Nach einer Weile kehrte er aus der Welt seiner Gedanken zurück und blickte von einem zum anderen. Dann sah er Aram direkt an und verkündete mit ungewöhnlich fester Stimme: »Der Uschebti Aram ist schuldig der Störung der Göttlichen Ordnung.«
    Nun war es an Seth zu triumphieren. Ausgerechnet sein schlimmster Widersacher Osiris gab ihm Recht.
    Doch der fuhr fort: »Dennoch fällt er nicht der ›Verschlingerin‹ oder den ›Zahnreichen Dämonen‹ anheim. Durch sein Tun entstand kein Schaden. Im Gegenteil beschleicht mich das Gefühl, dass die Geschädigten die Folgen des Bades durchaus genießen konnten. Da ich aber nicht zulassen kann, dass ein Mensch, und sei er auch verstorben, mit den Göttern spielt, schicke ich Aram in die Verbannung. Seine Strafe sei die Einsamkeit! Und zudem wird er so gleichzeitig eine wichtige Aufgabe für uns erfüllen, denn das Goldene Kalb, Sohn von Methyer und Apis, ist in Gefahr und wird von Menschen bedroht. Daher versetze ich augenblicklich das Goldene Kalb an einen sicheren Ort, und Aram soll sein Hüter sein. Aram! Ab sofort bist du der Hirte des Kalbes in seinem entlegenen Refugium auf Kreta, denn auf dieser Insel liebt man Stiere.« Sprach es, und Aram verschwand unter krachenden Lichtblitzen aus der Halle des Großen Gerichts.
     
    *
     
    Schon am ersten Tag passierte die Gublas Stolz die Kupferinsel Zypern im Süden. Die Schiffseigner hatten jedoch beschlossen, diese Insel nicht anzulaufen, weil dort die Preise für ihre Waren zu niedrig und die Zölle zu hoch waren. Mit günstigen Winden im Rücken lenkte Uartu, der erfahrene Steuermann aus Sidon, das Schiff in Richtung der Insel Rhodos. Die Gublas Stolz führte nur Dörrfleisch und getrockneten Fisch mit sich, weil lebende Tiere Platz und Futter benötigten und Mist machten. Auf Rhodos wollte man Proviant und Frischwasser fassen.
    Als das Schiff nur noch eine halbe Tagesreise von dieser Zwischenstation entfernt war, riss der Wind vollständig ab, und Zerberuh befahl, das Segel einzuholen und die Ruder zu besetzen. Kein Lüftchen regte sich mehr, und unter Deck plagten sich vierzehn Ruderer, um das Schiff noch vor Einbruch der Nacht nach Rhodos zu bringen.
    Seshmosis saß mit dem Rücken an den Mast gelehnt an Deck, neben ihm der Seher Nostr'tut-Amus. Die beiden gehörten als »Geistesarbeiter« nicht zu den Passagieren, die rudern mussten. Unvermittelt

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