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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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angebrochen,
    wie der allererste Morgen.
    Die Amsel hat gesprochen,
    wie der allererste Vogel.
    Preise das Singen, preise den Morgen,
    preise das Entspringen der ganzen Welt.
     
    Süß ist der Regen, Sonnenlicht vom Himmel,
    fällt wie der erste Tau aufs erste Gras.
    Preise die Anmut des frischen Gartens.
    Alles ist vollkommen, wo immer ER ging.
     
    Mein ist das Sonnenlicht, mein ist der Morgen.
    Geboren aus dem Licht, das in Eden gestrahlt.
    Preise mit Stolz, preise jeden Morgen,
    der Götter Schöpfung des neuen Tags. 3
     
    El Vis, Mumal und Elimas, die auf den Stufen der Tribüne saßen, waren beeindruckt. Dann erhob sich El Vis, ging zur Bühne und umarmte den jungen Sänger.
    »Deine Freunde sollten dich nicht Katze, sondern Orpheus nennen! Dein Lied ist ganz großartig. Ich denke, man wird in Zukunft viel von dir hören«, prophezeite El Vis.
     
    *
     
    Der Minos war nicht zu sprechen. Glaukos teilte ihnen mit, dass sein Vater sich gleich nach dem morgendlichen Wasserritual zurückgezogen habe. Doch als sein Stellvertreter wolle er sich gern die Sorgen der Tajarim anhören.
    »Unser Freund Seshmosis ist spurlos verschwunden. Wir sahen ihn zuletzt gestern Abend beim Konzert. Wir sind sehr in Sorge, denn sein Zimmer wurde durchwühlt«, erklärte Kalala.
    »Habt ihr einen Verdacht, wer hinter ihm her sein könnte? Hat er Feinde in Knossos?«
    Die Tajarim verneinten. Sie konnten sich absolut nicht vorstellen, wer Seshmosis Böses wollte. Außer Raffim vielleicht, aber der war ja nicht hier. Dann ergriff Nostr'tut-Amus das Wort und erzählte von seiner Vision von Seshmosis und dem Ungeheuer und äußerte den Verdacht, dass sein Freund vielleicht im berühmten Labyrinth sein könnte.
    Glaukos wirkte sehr besorgt, als er sagte: »Leider ist es in Knossos gar nicht so harmonisch, wie es nach außen hin scheint. Der Minos ist alt, wie ihr wisst, und hinter seinem Rücken sind längst die Kämpfe um seine Nachfolge entbrannt. Zwar hat mein Vater mich dafür ausgewählt, doch meine Brüder Katreus und Deukalion sind damit nicht einverstanden. Ich weiß auch nicht, welche Bündnisse die beiden geschlossen haben, um meine Thronbesteigung zu verhindern. Nun fürchte ich, dass euer Freund zwischen die kretischen Fronten geraten ist.«
    »Könnt Ihr uns nicht ins Labyrinth einlassen, damit wir dort nach Seshmosis suchen?«
    »Das ist nicht so einfach, wie ihr denkt. Es ist viel zu gefährlich, nicht nur, weil man sich dort hoffnungslos verirrt. Kein Mensch geht freiwillig hinein, weil noch keiner je wieder daraus zurückgekehrt ist. Ich kann lediglich die Wächter anweisen, dass, wenn ein gewisser Seshmosis von innen an die Tür klopft, sie ihn sofort herauslassen sollen. Mehr kann ich im Augenblick nicht für euren Freund tun.«
    Kalala dankte dem Prinzen, dennoch war sie enttäuscht. Sie hatte sich mehr Hilfe erwartet. Entmutig und in großer Sorge um ihren Freund, verließen Kalala und Nostr'tut-Amus den Palast.
    »Jetzt kann uns nur noch GON helfen«, sagte der Seher. »Der Schrein ist in Seshmosis' Quartier. Wir sollten uns dort versammeln und zu unserem Gott beten. Lass uns die anderen vom Theater abholen.«
     
    *
     
    Seshmosis trottete wie blind hinter Daedalos durch das unterirdische Labyrinth. Längst hatte er die Orientierung verloren. Unzählige Male bogen sie in dem unübersehbaren Gewirr von Gängen nach rechts und links ab, passierten kleine Kammern und größere Räume. Endlich erreichten sie ihr Ziel. Es war einer der größeren Räume, und hier hausten wohl mehrere Menschen, denn es standen einige Pritschen an den Wänden. Dazwischen lagen Stoffbündel, Teller, Krüge und Unrat herum. Von einer der Pritschen erhob sich ein junger Mann, eher noch ein Knabe, von ungefähr fünfzehn Jahren. Gähnend schlurfte er auf sie zu und schaute frustriert auf ihre leeren Hände. Dann sagte er verärgert: »Was soll das? Warum habt ihr kein Essen mitgebracht?«
    »Mein Sohn Ikaros«, stellte Daedalos den Jungen vor.
    »Bitte entschuldigt seine grobe Art, aber er lebt schon fast sein ganzes Leben hier. Da ist es schwer, ihm den Sinn von guten Manieren zu vermitteln.«
    Wortlos wandte sich Ikaros ab und legte sich wieder auf seine Pritsche.
    Seshmosis fühlte mit dem Jungen, der schon als kleines Kind in dieses furchtbare Labyrinth gesperrt worden war, obwohl er nichts verbrochen hatte. Der Minos kam ihm inzwischen gar nicht mehr so weise und gut vor. Wie konnte man einem Kind nur so etwas antun? Es hätte wahrlich

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