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Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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nach und antwortete: »Nein, doch nicht alle. Westlich von Walhall, direkt auf dem Weltenbaum, wächst eine Mistel. Diese erschien mir zu jung und zu gering, um von ihr den Eid zu fordern.«
    Mit dieser Information verließ Loki Frigg, verwandelte sich zurück und begab sich sofort zu Yggdrasil. An der besagten Stelle fraß Dain gerade die knospenden Stunden, und von unten her knabberte die Ziege Heidrun an den Zweigen des Baums.
    Unwirsch verscheuchte Loki den Hirsch und die Geiß und riss einen Zweig von der Mistel ab. Triumphierend lief er zum Idafeld.
     
    Der blinde Hödur war in allem genau das Gegenteil seines strahlenden Bruders. Baldur verkörperte das Licht, den Sommer, die Reinheit, die Schönheit, die Lebenslust. Er war ein germanischer Apollon, ein Stern am Götterhimmel, Odins Lieblingssohn, die Zukunft der Asen.
    Hödur war die Finsternis, der Winter, die Kälte, die Einsamkeit, der Widerpart, der dunkle Zwilling.
    Loki näherte sich Hödur und fragte mit schmeichelnder Stimme: »Warum schießt du nicht auch auf Baldur? Er scheint Freude daran zu haben. Auch du solltest deinem Bruder diese Ehre erweisen.«
    »Wie soll ich auf ihn schießen, wenn ich ihn nicht sehen kann? Zudem habe ich nicht einmal eine Waffe.«
    »Ich will dir gerne helfen, mein guter Hödur. Nimm Pfeil und Bogen von mir. Ich richte dich aus. Wenn ich Schuss sage, lässt du den Pfeil einfach los.«
    Und so legte Loki den Mistelzweig auf die Sehne, drehte Hödur mit dem Bogen in Richtung seines Bruders und sagte Schuss.
     
    *
     
    Drei Reiter näherten sich nordöstlich von Keflavik einem einsamen Gehöft. Getrieben von ihrem Missionseifer hielten Tangbrand, Torarin und Hallfred Ausschau nach taufwilligen Heiden. Im Auftrag von Håkon, dem König von Norwegen, den man den Guten nannte und der in England bei König Æthelstan Christ geworden war, weilten sie auf dieser kalten, unwirtlichen Insel. Und sie waren nicht freiwillig hier. Jeder von ihnen hatte zu Hause in Norwegen Schuld auf sich geladen. So große Schuld, dass Håkon keine andere Wahl geblieben war, als sie möglichst weit weg von Trondheim zu verbannen. Die Priester waren natürlich über diese Maßnahme keineswegs erfreut. Vor allem Tangbrand fand die Bestrafung äußerst ungerecht. Er war immer noch der Überzeugung, dass er den Jarl von Vik völlig zu Recht hatte erschlagen dürfen, weil dieser unbeirrt der Trollkunst gefrönt und die heilige Taufe vehement verweigert hatte.
    Mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch und brennendem Bekehrungseifer im Herzen traten die drei Missionare nun an, die frohe Botschaft in Eislands Wildnis zu verkünden.
    Für Gunnar Svenson und seine Familie spielte der Begriff »Religion« keine Rolle. Religion war ein viel zu großes Wort für die einfachen Leute, die in einem in die Erde geduckten Haus lebten und im danebenliegenden Stall gerade einmal vier Stück Vieh hielten.
    Man konnte auch nicht behaupten, dass sie an die Götter glaubten – sie wussten einfach, dass es sie gab. Gunnar wusste mit Sicherheit, dass die zwei Kerle, die ihm vor drei Sommern all sein Bier weggetrunken hatten, Odin und Loki auf einem ihrer berühmten Ausflüge in die Menschenwelt gewesen waren.
    Freundlich begrüßte der Hofbesitzer die drei Ankömmlinge und fragte, wie er zu Diensten sein könne.
    Torarin reckte ein hölzernes Kruzifix gen Himmel, Hallfred lief kreuz und quer über den Hof und segnete alles, was ihm in die Quere kam, sogar zwei Hühner. Währenddessen redete Tangbrand nachdrücklich auf Gunnar ein.
    »Es gibt kein Heil außerhalb des Christentums! Schwöre den alten Göttern ab, zerstöre die Götzenbilder! Lass dich und die Deinen taufen und bekenne dich zu Jesus Christus! Wer sich jetzt nicht zur heiligen Kirche bekennt, wird das Fegfeuer schon auf Erden schmecken!«
    Gunnar verstand nichts. Tangbrand wurde deutlicher.
    »Wenn ihr euch nicht sofort taufen lasst, wird hier bald Rauch aufsteigen. Merke, so etwas geschieht schnell einmal, wenn einer das Geschenk der heiligen Taufe nicht annimmt: Erst brennt das Vieh, dann brennt der Mensch!«
    Jetzt verstand Gunnar, aber er konnte und wollte es nicht glauben.
    »Verschwindet von meinem Hof, ihr Bastarde!«, schrie er die Missionare an. Doch die dachten nicht im Geringsten daran, das Gehöft unverrichteter Dinge zu verlassen.
    Tangbrand zog ein Schwert, das unter seiner Kutte verborgen war, und bedrohte damit Gunnar. Zugleich rief er: »Torarin! Entzünde den Stall zur Ehre des Herrn!«
    Der

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