Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
alle paar Meter hinsetzen und ausruhen mussten, und Stefano litt überdies unter starkem Schwindel und Kopfschmerzen und konnte nur noch verschwommen sehen. Catalina führte ihn am Arm, damit er nicht in die Tiefe stürzte.
Am nächsten Tag schien ihnen alles wehzutun; am schlimmsten stach und brannte es in den Oberschenkeln. Immer wieder massierten sie ihre Beine, ohne sich damit Erleichterung verschaffen zu können. Jeder Meter wurde zur Qual.
»Stefano, siehst du jetzt endlich ein, dass dieser Weg der falsche ist?«
Stefano schüttelte den Kopf. »Wir müssen doch gar nicht mehr viel höher! Nur noch ein kleines Stückchen, dann haben wir es geschafft. Komm weiter!«
Doch das »kleine Stückchen« – es zog sich, und das umso mehr, als sie vor Müdigkeit und Schmerzen nur noch geringste Distanzen und auch die nur im Zeitlupentempo zurücklegen konnten. Immer enger schnürte sich ein Ring um ihren Brustkorb, immer schneller rasten ihre überlasteten Herzen, und auf einmal musste sich Stefano übergeben. Catalina sprang zu ihm und hielt ihm die Stirn. Wieder und wieder würgte es ihn, und Catalina sah, dass es ihn seine letzten Kraftreserven kostete, das Hochgewürgte wirklich herauszubringen und nicht zurück in die Lungen sacken zu lassen. Den Tränen nahe flehte Catalina ihn erneut an umzukehren. »Das geht nicht gut aus, Stefano, bitte, so nimm doch Vernunft an!«
Zunächst war der viel zu schwach, um antworten zu können, aber eine Stunde später rappelte er sich doch wieder hoch. »Weiter, weiter, wir müssen weiter«, keuchte er. »Je schneller wir die Berge überwinden, desto eher wird es uns wieder besser gehen.«
Er stützte sich auf sein Muli und ließ sich von ihm weiterziehen.
Zwei volle Tage mussten sie noch in der gleichen Höhe mit all den damit verbundenen Qualen laufen, dann endlich hatten sie den Gipfel erreicht und konnten sich an den Abstieg machen. Catalinas Körper erholte sich schnell, Stefano aber hatte weiter mit großer Müdigkeit, Kopfschmerzen und Atemnot zu kämpfen. Erst noch einmal zwei Tage später besserte sich auch sein Zustand, doch zu diesem Zeitpunkt sahen sie schon den nächsten Berg vor sich aufragen …
»Dieser Berg ist bestimmt nicht so hoch«, beharrte Stefano. »Den schaffen wir mit links. Und irgendwann werden wir diese verdammte Cordillera auch ganz hinter uns lassen!«
Catalina hoffte, dass er Recht hatte, und sorgte sich dabei weit mehr um ihn als um sich. Seit sie sich nicht mehr in den höchsten Regionen befanden, fühlte sie sich wieder frisch und munter; Stefano aber sah noch immer mitgenommen aus, und auch das Atmen fiel ihm weiter schwer. Oft sah Catalina beim Weitergehen zu ihm zurück und bemerkte auf einmal, dass ihm trotz des eisigen Windes, der ihnen um die Ohren pfiff, dicke Schweißperlen auf der Stirn standen.
Catalina legte ihm die Hand auf die Stirn. Sie glühte. »Stefano, warum sagst du denn nicht, dass du Fieber hast?«
»Fieber? Ach woher, das sind nur die Nachwirkungen der veta. Das geht von allein wieder weg. Und jetzt mach, dass du weitergehst: Ich will diese verdammte Cordillera endlich hinter mir lassen!« Unwillig schob er Catalinas Hand weg und ging weiter.
»Jetzt sei doch nicht so ein Sturkopf«, knurrte Catalina ihm hinterher. »Lass uns ein paar Tage hier bleiben und ausruhen. Du kannst so nicht weitergehen!«
Doch Stefano setzte eisern weiter einen Fuß vor den anderen, und Catalina konnte nichts anderes tun, als ihm zu folgen und sich zu sagen, dass sie inzwischen sowieso nicht mehr zurückkonnten. Stefano würde die hinter ihnen liegenden Berge nie und nimmer noch einmal überqueren können. Blieb zu hoffen, dass die vor ihnen liegenden Berge gnädiger sein würden.
An diesem Tag kamen sie trotz Stefanos Fieber gut voran, überdies fanden sie am späten Nachmittag eine Höhle, die ihnen eine warme, trockene Nacht versprach. Angekuschelt an ihre Tiere – Stefano an sein Maultier, Catalina an ihr Lama – hatten sie es tatsächlich mollig warm, und als Catalina sich am nächsten Morgen in dem fahlen Lichtschein streckte, der vom Eingang her zu ihnen fiel, fühlte sie sich so ausgeruht und kräftig wie schon lange nicht mehr.
Sie lief zu Stefano, legte ihm die Hand auf die Stirn und freute sich, weil sein Fieber über Nacht zurückgegangen war. Lautlos zog sie ihre Jacke über und packte ihre Steinschleuder ein.
Das wollen wir doch einmal sehen, ob ich Stefano zum Frühstück nicht einen Vogel oder zumindest eine
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