Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
Sie erzählte ihm, dass ihr Vater ein adliger Spanier und ihre Mutter die Zofe seiner Frau gewesen sei. Catalina stand bei diesem Gespräch neben Mikel und musste sich eingestehen, dass das Mädchen wirklich bezaubernd war. Sie ertappte sich dabei, wie sie sie um ihre zarte, olivenfarbene Haut und ihr dickes, langes Haar beneidete …
Je mehr Mikel seiner kleinen Leila den Hof machte, desto zutraulicher wurde sie und versprach ihm schließlich, sich am Samstagabend aus dem Haus ihres Dienstherrn zu schleichen, um sich mit Mikel zu treffen. Als Mikel das Catalina kurz vorm Einschlafen berichtete, fuhr diese wieder von ihrer Pritsche hoch.
»Aber … aber du willst sie doch nicht …« Catalina geriet ins Stottern.
»Keine Sorge, ich werde schon nichts mit ihr tun, was sie nicht auch will.«
Im fahlen Licht der über der Eingangstür zum Schlafsaal brennenden Kerze sah Catalina, wie sich Mikel auf den Rücken drehte und mit versonnenem Lächeln zur Decke blickte. »Habe ich dir schon gesagt, dass sie mich an meinen Engel erinnert?«
»An deinen WAS?«
»An meinen Engel.« Mikel wandte ihr wieder den Kopf zu. »Ganz ehrlich, mir ist einmal ein Engel erschienen!«
Catalina tippte sich an die Stirn.
»Na ja«, grinste Mikel. »Wahrscheinlich war es nur ein Traum; ich hatte ihn einen oder zwei Tage nach dieser Stichverletzung in Potosí … Eigentlich hatte ich mich damals schon aufgegeben, aber dann hat sich dieser Engel zu mir herabgebeugt … Ich weiß noch, dass er wunderschön war, aber wirklich vor mir sehen kann ich nur noch seine Augen. Ganz dunkel waren sie und warm und voller Liebe. Diese Liebe und der wundervolle Kuss, den er mir gegeben hat, haben mir die Kraft verliehen, wieder gesund zu werden.«
Catalina sah ihn fassungslos an. Mikel hatte gemerkt, dass sie ihn geküsst hatte? Und gespürt, dass sie ihn liebte?
Mikel warf ihr sein Kopfkissen ins Gesicht. »Nun guck nicht so! Ich sage doch, dass es nur ein Traum war, aber trotzdem …« Er grinste. »Irgendetwas hat dieses Indiomädchen von meinem Engel, auch wenn es albern klingt. Und eigentlich auch egal ist.«
»Aber … aber gerade dann solltest du sie nicht … ich meine …«
»Du meinst, du meinst, oh Mann, Francisco, jetzt sei doch nicht so kleinkariert, sondern such dir lieber endlich selber eine Frau!«
Catalina zuckte zusammen.
»Und sei nicht so empfindlich«, brummte Mikel und sah sie an. Catalina spürte seinen Blick bis auf den Grund ihrer Seele. Auf einmal ging eine Veränderung in Mikel vor. Sein Blick wurde nachdenklich, forschend, insistierte …
»Manchmal frage ich mich wirklich, was das nur ist mit dir …«
Schweigend musterte er Catalina weiter, dann sagte er: »Ach, Francisco, ich bin einfach normal. Verstehst du: nor-mal!« Er drehte sich um und zog sich die Decke über die Schulter.
Catalina sah noch lange zu ihm hin. Sie ahnte, dass Mikel ihr mit seinen Worten mehr hatte sagen wollen, mehr vielleicht gar, als er sich selbst einzugestehen wagte. Sie fragte sich, ob er auch etwas für sie empfand. Falls dem so war, musste ihn das tief beunruhigen, weil er sie doch für einen Mann hielt. Und auf einmal fand sie es höchst verständlich, dass er derzeit so sehr nach einer Frau suchte, nach einer Frau, die ihm bewies, dass zumindest er »normal« war …
In den nächsten Tagen ließ Catalina der Gedanke, dass Mikel sich vielleicht auch zu ihr hingezogen fühlte, keine Ruhe mehr. Sie dachte zurück an die zwei, drei Male, in denen sich ihre Augen ineinander verfangen hatten, und wie abrupt sich Mikel hernach immer von ihr zurückgezogen hatte … Was sollte sie jetzt tun? Sich Frauenkleider anziehen, vor Mikel hintreten und ihm ihre Gefühle für ihn gestehen? Immer wieder malte sich Catalina diese Szene aus, aber kaum war sie darüber mit einem seligen Lächeln eingeschlafen, überfielen sie auch schon die schlimmsten Albträume: Von allen Seiten kamen Menschen auf sie zu, stachen mit grotesk langen Fingern auf sie ein und schrien, dass sie auf den Scheiterhaufen gehöre. »Verbrennt die Hexe, verbrennt sie!«, kreischten sie und trieben sie mit brutalen Tritten und Stößen zum Hinrichtungsplatz …
Noch mehr verunsicherte Catalina aber Mikel selbst. Nachdem er mit Leila zwei Wochen lang regelmäßig geschlafen hatte, erklärte er Catalina, dass er sich von dem Mädchen wieder trennen wolle. »Dieser Hundeblick, mit dem sie mich auf Schritt und Tritt verfolgt, macht mich wahnsinnig. Ich möchte wirklich
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