Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
ziehen und alles vergessen. Sie hatte Glück. Der Schlafsaal war leer. Sie ließ sich auf ihre Pritsche fallen, blickte auf Mikels Bett, das direkt neben dem ihren stand, und erstarrte. Seine Sachen waren weg. Catalina biss sich auf den Finger, aber die Tränen ließen sich nicht mehr aufhalten.
20
C atalina war kaum eingenickt, als jemand in den Saal kam und heftig mit den Füßen aufstampfte. Verschlafen öffnete sie die Augen und sah, wie Gilen sich den Staub von den Stiefeln trat. Als er sie bemerkte, fielen ihm fast die Augen aus dem Kopf.
»Was treibst du denn hier?«, rief er. »Francisco, bist du wahnsinnig? Was meinst du, was unser Hauptmann mit dir angestellt, wenn er dich am helllichten Tag im Bett erwischt?«
Catalina zuckte mit den Achseln, schwang aber doch die Beine von der Pritsche und massierte sich die Schläfen.
»Und eure Kutsche habt ihr auch noch nicht abgespannt!«, erregte sich Gilen weiter. »Andreu hat es eben beim Essen erzählt.«
Catalina sah ihn erstaunt an. Die Pferde einfach angespannt zu lassen – das war eigentlich nicht Mikels Art. Wieder schaute sie auf sein abgeräumtes Bett. Catalina fasste unter ihre Pritsche, fischte nach ihren Stiefeln, fand sie nach dem dritten Fehlgriff und schob ihre Füße hinein.
»Was ist denn bloß mit dir los?« Gilen schüttelte den Kopf.
Catalina brummte nur: »Ich gehe nach den Pferden sehen«, und ging weg.
Die Pferde waren tatsächlich noch angespannt. Catalina schaute unter die Plane und stellte fest, dass zumindest die Lebensmittel abgeladen waren. Catalina führte die Pferde weg. Kaum knirschten die Wagenräder über den Kies, erschien der Koch am Küchenfenster und schimpfte ihr hinterher. »Eine Schande ist das mit euch! Täglich kommt ihr später zurück, und jetzt seid ihr auch noch zu faul, die Pferde abzuspannen!«
Ohne sich umzublicken lief Catalina weiter zu den Ställen, brachte die Pferde in ihre Boxen und reinigte die Ladefläche der Kutsche von Obst- und Gemüseabfällen. Dabei fiel ihr Blick auf die Box, in der ihr Maultier und ihr Lama untergebracht waren. Sie schienen sie vorwurfsvoll anzusehen. Catalina ging zu ihnen und kraulte ihnen die Ohren.
»Habt ja Recht, ihr zwei, habt ja Recht«, murmelte sie und musste an Stefano denken. Er hatte sie geliebt. Wirklich geliebt. Und sie hatte ihn abgewiesen. Catalina fragte sich, ob ihr in ihrem Leben noch einmal eine so reine und selbstlose Liebe begegnen würde. Sie schnappte sich die Heugabel und stürzte sich auf den Mist in der Box.
Drei Stunden später blitzten außer der Box ihrer Tiere auch die der umliegenden Pferde. Als der Stallbursche hereinkam, um den Tieren ihre abendliche Ladung Heu zu geben, staunte er nicht schlecht.
»Habt ihr Soldaten nichts anderes mehr zu tun?«
Wortlos drückte Catalina ihm die Heugabel in die Hand und ging hinaus in den Hof, wo die Sonne gerade ihre letzten Strahlen über die hohen Mauern blitzen ließ. Die Essensglocke hallte über den Hof. Catalina wusch sich die Hände und ging in den Speisesaal. Sie nickte ein paar Soldaten zu, holte sich ihr Essen und verzog sich an einen der hinteren, noch unbesetzten Tische. Kaum hatte sie zu essen begonnen, betrat Mikel den Saal. Sein Anblick durchfuhr Catalina wie ein Blitz. Sie wusste nicht, ob sie eher froh oder beunruhigt sein sollte, dass er den Dienst doch nicht quittiert hatte. Wahrscheinlich hatte er nur um eine Verlegung in einen anderen Schlafsaal gebeten. Da bemerkte auch Mikel sie, sah aber durch sie hindurch. Direkt nach ihm betraten Gilen und Andreu den Saal. Sie begrüßten Mikel mit einem Schulterschlag und holten sich ihr Essen. Die beiden wollten zu ihr gehen, aber Mikel setzte sich an einen der vorderen Tische. Gilen machte ihn auf Catalina aufmerksam, doch Mikel reagierte nicht, sondern begann zu essen. Erstaunt blickte Gilen zwischen ihnen hin und her, zuckte mit den Achseln, setzte sich neben Mikel und tauchte ebenfalls den Löffel in die Suppe. Andreu tat es ihm gleich und vermied es, Catalina anzusehen. Am liebsten hätte Catalina den Kanten Brot, den sie in ihrer Hand hielt, geradewegs in ihre Suppe geklatscht, aber ihr war klar, dass sie Mikel damit nur gezeigt hätte, wie sehr sie sein Verhalten traf. Also spielte sie die Gleichgültige, sah ebenfalls durch ihn hindurch und merkte gar nicht, dass sie das Brot in ihrer Faust zu einem Klumpen zusammenpresste.
Auch während der nächsten Tage übersah Mikel Catalina geflissentlich. Es fiel ihr schwer zu glauben,
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