Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
keine Angst. Sie lehnte ihre Stirn gegen das kühle Gitter.
Auch die nächsten Tage hämmerte und sägte es draußen weiter von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, dann war alles aufgebaut und geschmückt. Vor dem Rathaus flatterten die Fahnen des Spanischen Königreichs und der heiligen Inquisition in edelster Eintracht, und auf den Balkonen waren für die höchsten Festgäste Baldachine aus feinstem Gold- und Silberbrokat angebracht worden. Nicht weniger prächtig war die große Tribüne mit ihren Logen und Rängen anzusehen. Vor den Logen standen drei Podeste. Eines war für die Relatoren bestimmt, welche die Urteile verlesen würden, das zweite für den jeweiligen Angeklagten und das dritte für den Bischof, der die Predigt halten und das Autodafé ausrufen würde. Mit dem Sonnenaufgang strömten die ersten Händler und Schaulustigen herbei. Verkaufsstände wurden aufgebaut, Schießbuden und Angelspiele, alles unter den strengen Blicken der überall gegenwärtigen Hellebardisten, die den reibungslosen Ablauf des Festes und der Hinrichtungen sicherzustellen hatten.
Das Eintreten des Kerkermeisters riss Catalina aus ihren Betrachtungen. Zur Feier des Tages hatte er einen frisch gewaschenen Wams und ein paar ansehnliche Gamaschenhosen angelegt und stellte Catalina ihr Frühstück mit einer gewissen Feierlichkeit auf das steinerne Bett. Als Catalina sich wieder zum Fenster drehte, trat er zu ihr und berührte sie am Arm.
»Komm, iss! Sind Eier auf deinem Teller und Bohnen und Speck und Wein aus der Heimat. Hat meine Frau gemacht, weil ich ihr gesagt habe, dass du noch so jung und trotzdem so tapfer bist.«
Catalina sah ihn an. Zum ersten Mal hatte der Mann eine menschliche Regung gezeigt. Als er ihr noch einmal zunickte, setzte sie sich und aß ihm zuliebe wenigstens ein paar Bissen.
Schon eine Stunde später kam der Kerkermeister wieder, um sie zur Beichte abzuholen.
»Komm, beeil dich! Fray Domingo wartet nicht gern.«
Catalina hob abwehrend die Hände.
»Aber Junge!«, rief er entsetzt. »Du musst doch beichten, bevor du vor den Herrn trittst. Willst du denn bis in die Ewigkeit in der Hölle schmoren?«
Doch Catalina wollte nicht mitkommen, obwohl sie sehr wohl einiges auf dem Herzen hatte, um das sie gern um Vergebung gebeten hätte. Aber ihre schlimmste Sünde – die ihrer Verkleidung – hätte sie ohnehin nicht zu gestehen gewagt, weil sie viel zu viel Angst hatte, doch noch auf einem der Scheiterhaufen da draußen zu enden. Ohne dieses Geständnis wäre ihre ganze Beichte ohne Wert gewesen. Und so wollte sie ihre letzten Stunden lieber alleine verbringen.
Der Kerkermeister versuchte noch eine ganze Weile, Catalina umzustimmen, bis er einsehen musste, dass er gegen ihren Starrsinn nicht ankam. Mit verdrossener Miene nahm er den kaum geleerten Blechteller und ging. Im gleichen Moment hörte Catalina draußen das Klappern von Hufen und Rattern von Kutschenrädern. Sie warf einen Blick hinaus und sah, dass die ersten Festgäste der höheren Gesellschaft eintrafen. Galant reichten prächtig gekleidete Herren den Damen die Hand, halfen ihnen beim Aussteigen aus den Kutschen und geleiteten sie zur Tribüne.
»Mein Gott, jetzt ist es so weit«, murmelte Catalina und fasste sich an den Hals.
Catalina hatte den Eindruck, dass nur wenige Minuten vergangen waren, als der Kerkermeister schon wieder zurückkam. Sie hatte den Mund schon geöffnet, um ihm zu sagen, dass sie ihre Meinung bezüglich der Beichte nicht geändert habe, als sie den leinenen Sanbenito bemerkte, den er in der Hand hielt.
»Hier, zieh an«, brummte er und reichte ihr den mit den Teufelsköpfen und Flammen bemalten Kittel der Ketzer. »Und beeil dich! Gleich geht es los.«
Entsetzt wich Catalina zurück. Bislang war sie davon ausgegangen, dass ihr dieses Schandkleid erspart bleiben würde, da sie ja nicht auf den Scheiterhaufen kam.
»Nun komm, mach schon!« Ungeduldig fuchtelte der Kerkermeister mit dem Kittel vor ihr herum. »Die letzten Tage hast du mir doch auch keinen Ärger gemacht, fang jetzt nicht noch damit an!«
Catalina drückte sich in die Ecke. Zu oft hatte sie sich in ihren Albträumen schon in diesem Kittel in Flammen aufgehen sehen. Nein, um nichts in der Welt würde sie ihn anlegen. Der Kerkermeister drückte Catalina gegen die Wand und versuchte, ihr den Kittel mit Gewalt überzuziehen, doch Catalina entwand ihm immer wieder die Arme und hielt sie schützend über den Kopf.
»Nein, nein, bitte nicht«, flehte
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