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Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)

Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)

Titel: Die Nonne mit dem Schwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Tagen im Rahmen der jährlichen Festlichkeiten statt. Und führe gleich den Nächsten vor! Ich bin nachher beim Bürgermeister zum Essen eingeladen und möchte nur ungern zu spät kommen.«

22
    O bwohl Catalina jedes Wort verstanden hatte, konnte sie es zunächst doch nicht begreifen. Selbst als sie es ihrem Mitgefangenen wiederholte, verstand sie es noch nicht, und auch nicht, als der daraufhin durch seine Zahnlücke pfiff.
    »Hinrichtung heißt Tod durch den Strang«, meinte er und zündete die Kerze an.
    Als das Kerzenlicht seine Schatten auf die Kerkerwand malte, verspürte Catalina ein ebenso großes Bedürfnis zu heulen wie hysterisch loszulachen. Seit Jahren fürchtete sie sich davor, eines Tages von der Inquisition für das Tragen von Männerkleidung angeklagt und dafür auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, und nun sollte sie für etwas gehängt werden, das nur eine Verkettung unglücklicher Umstände war …
    Irgendwann war die Kerze heruntergebrannt. Catalina merkte es erst, als sich die schwere Kerkertür wieder öffnete und ihnen erneut das Licht der Öllampe in die Augen stach. Der Kerkermeister brachte ihnen einen Topf gräuliche Suppe und steinharte Kanten Brot. Catalina sah teilnahmslos zu, wie sich ihre Mitgefangenen um die größten Stücke stritten. Obwohl sie seit über einem Tag nichts gegessen hatte, verspürte sie keinen Hunger. Sie spürte nichts mehr, nicht einmal mehr Angst. Der Bärtige stellte einen Blechnapf vor sie hin und forderte sie auf zu essen, bevor es ihr die anderen wegnähmen.
    »Sollen sie doch.« Catalina sah zu ihm auf. »Ob ich jetzt verhungere oder in zwei Wochen gehängt werde – wo ist der Unterschied?«
    »Jetzt warte doch erst einmal!« Er drückte ihr das Brot in die Hand. »Manchmal geschehen ja Wunder.«
    Catalina schüttelte den Kopf, nahm aber doch einen ersten Bissen.

    Die nächsten Tage dämmerte Catalina vor sich hin, bis sie eines Morgens aus diesem gnädig dumpfen Zustand gerissen wurde, als von draußen markerschütternde Schreie in die Zelle drangen.
    »Mein Gott, was ist das? Was geschieht da?«, rief sie und rückte näher zur Wand.
    »Na was wohl?«, brummte ihr Gegenüber und bekreuzigte sich. Kurz darauf ertönten wieder Schreie, noch schrecklicher, noch schmerzerfüllter als zuvor.
    »Nun sag doch schon«, hauchte Catalina. »Was tun die mit denen?«
    »Foltern, was glaubst du denn«, rief ein Mann aus der hinteren Ecke.
    Catalina drehte sich zu ihm um. Er zeigte ihr seine Hände. Auch wenn das Kerzenlicht den Kerker nur spärlich erhellte, konnte Catalina doch erkennen, dass er an allen zehn Fingern nur noch seltsam verbogene Reste von Fingerkuppen hatte, und seine linke Hand war dermaßen aus der Form geraten, als hätte sie jemand zu schmelzen versucht. Catalina blickte dem Mann ins Gesicht. Er musste im Alter ihres Vaters sein, hatte milde braune Augen und ein offenes Gesicht. Wieder ertönten Schmerzensschreie.
    »Wie … wie ist das passiert?« Sie zeigte auf seine Hände.
    »Sie haben mir kleine Schwefelhölzer unter die Fingernägel geschlagen und mir dann ihre Fragen gestellt. Als ich nicht sagte, was sie hören wollten, zündeten sie die Hölzchen an. Das tat weh, das kann ich dir sagen, und als ich danach immer noch nicht sagte, was sie hören wollten, haben sie mir den eisernen Handschuh angezogen. Nur über die linke Hand – meine rechte brauchten sie ja noch: Schließlich sollte ich später mein Geständnis unterschreiben können.«
    »Den eisernen Handschuh?« Catalina sah ihn fragend an.
    Er hielt seine formlose Hand in die Höhe. »Bevor sie meine Hand hineingezwungen haben, haben sie den Handschuh in glühende Kohlen gelegt …«
    Alles in Catalina krampfte sich zusammen und das noch mehr, als im gleichen Moment neue Schmerzensschreie zu ihnen drangen.
    Der Mann vor ihr zog seine Schuhe aus und zeigte ihr seine Fußsohlen. Die Fußballen, die Fersen – Catalina rückte ein Stück zur Seite, um besser sehen zu können, doch dann musste sie erkennen, dass sie wirklich nicht da waren. Nur seltsam wulstige Hautpartien mit kraterartigen Vertiefungen gab es, in deren Zentrum blanke, weißliche Stellen zu erkennen waren.
    »Mein Gott, und was haben sie da gemacht?«
    »Ziegenfolter.« Der Mann ließ seine Füße wieder sinken. »Dafür reiben sie dir die Füße mit Salz ein und führen dann Ziegen heran, die ganz versessen darauf sind, jeden Krümel von dem verdammten Zeug abzulecken. Zuerst kitzelt es nur schrecklich, aber

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