Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
verstecken – wenn der Chinese mitspielte. Als sie als Nächstes etliche Bund Kräuter aus dem Sack zog, von denen sie einige aus Schwester Euralias Apothekengarten kannte, versuchte sie, den Schiffskoch ins Gespräch zu ziehen. »Das sind Heilkräuter, nicht wahr?«
»Kennst du dich damit etwa aus?« Der Chinese musterte sie. »Also los, spuck’s schon aus. Du hast mir doch nicht aus purer Nächstenliebe geholfen. Was willst du von mir?«
Catalina sah ihn bittend an.
Der Koch schüttelte den Kopf. »Vergiss es!«
»Ich würde alles dafür tun.«
Der Chinese legte den leeren Sack in den Vorratsraum und schloss die Tür hinter sich ab. »Los, hoch mit dir, und dann runter von Bord!«
»Aber ich könnte dir beim Kochen und beim Abwaschen und beim Herstellen von Medikamenten helfen.«
»Ich habe dir doch vorhin schon gesagt, dass ich hier nur der Schiffskoch bin. Und ich habe keine Lust, wegen eines blinden Passagiers am Mast zu baumeln.«
»Und wenn du mit dem Ersten Offizier redest?«
»Reden? Mit dem?« Der Chinese zeigte ihr den Vogel.
»Oder mit dem Kapitän«, beharrte Catalina.
Sie war ihrem Ziel so nahe, dass sie jetzt unmöglich aufgeben konnte.
Der Koch schob sie zur Leiter. »Los, hinauf mit dir, ehe wir noch beide von Bord fliegen.«
»Aber ich … ich muss weg von San Sebastián.« Sie warf ihm einen flehenden Blick zu. »Und in Sevilla wärst du mich auch sofort los. Ich habe da einen Freund. Der hilft mir dort weiter.«
»Nichts da, und nun mach schon, los, ab mit dir!« Der Chinese fluchte. »Verdammt noch eins, was bin ich für ein Trottel. Eine Hilfe, die man umsonst kriegt, kommt einen hinterher immer besonders teuer zu stehen.«
Er schien so wütend, dass Catalina nun doch die Leiter hochstieg. Oben an Deck zerrte der Chinese sie zum Landungssteg. Auf einmal stand der Erste Offizier vor ihnen. Er ließ die Peitsche gegen seine Stiefel knallen.
»Das habe ich doch vorhin schon gerochen, dass hier etwas faul ist«, knurrte er den Chinesen an. »Wolltest einen blinden Passagier an Bord schmuggeln und musstest feststellen, dass er nicht zahlt, was du dir vorgestellt hast, was?«
»Nach all den Jahren solltet Ihr mich besser kennen!« Der Schiffskoch erwiderte ruhig seinen Blick. »Der Bursche hat mir beim Tragen geholfen, und jetzt geht er wieder, und das ist alles.«
»So war es wirklich, aber ich … ich suche allerdings eine Passage nach Sevilla.« Was hatte sie schon zu verlieren? »Bitte, wenn Ihr mich an Bord lassen könntet …«
»Du weißt, was man bei uns mit blinden Passagieren macht, oder?« Wieder knallte der Erste Offizier die Peitsche gegen die Stiefel. Trotzdem wagte Catalina noch einen Versuch. »Ich … ich würde auch arbeiten für zwei.«
Mitten in ihrem Satz kam dem Ersten Offizier wieder der krummbeinige Matrose in den Blick. Augenblicklich wurde seine Miene noch dunkler. »Du stinkende Landratte! Wer, bei allen Seeteufeln, hat dir gesagt, du sollst die Taue da wegnehmen?«
Wütend schoss er auf den Tollpatsch zu, packte ihn am Hosenbund und warf ihn über Bord.
»Kannst seinen Job haben!«, bellte er Catalina anschließend an. »Aber sieh dich vor, dass du nicht genauso endest wie er!«
Catalinas erste Aufgabe bestand darin, das Deck zu schrubben. Ein kleiner, drahtiger Mann, dessen spanisch-portugiesisch-italienischem Sprachgemisch sie entnahm, dass er Adriano hieß, drückte Catalina einen Eimer Meerwasser und eine Bürste in die Hand.
Catalina zuckte verständnislos mit den Achseln. Da bückte sich Adriano und machte ihr vor, was sie tun sollte. Seinem Beispiel folgend kniete sich Catalina hin, kippte einen Schwall Wasser über die Planken und begann zu schrubben.
Adriano nickte und kehrte an seine Arbeit zurück. Eine halbe Stunde später schrubbte Catalina noch immer. Sie wischte sich den Schweiß vom Gesicht und massierte sich die Arme, die allmählich höllisch brannten. Auch ihre Knie schmerzten. Sie setzte sich auf und blickte sich um, ob sie nicht einen alten Sack finden konnte, um ihn sich unter die Beine zu legen. Auf einmal spürte Catalina einen scharfen Schmerz auf dem Rücken. Sie schrie auf, fuhr herum – und blickte direkt in die zornigen Augen des Ersten Offiziers.
»Das nennst du arbeiten?«, herrschte er sie an und holte schon wieder mit der Peitsche aus. Hastig begann Catalina wieder zu schrubben.
Inzwischen hatte das Schiff den Hafen verlassen. Ruderboote hatten es an Tauen hinaus auf die offene See geschleppt, jetzt
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