Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
auch ein vertrautes Wort auf: Giuseppe …
Trotzdem hielt dies Catalina nicht davon ab, in den nächsten Tagen immer mehr Zeit mit Giuseppe zu verbringen. Sie ließ sich von ihm den Achterknoten, den Palstek, den Roringstek und die Affenfaust zeigen, hörte ihm aufmerksam zu, als er ihr den Gebrauch der verschiedenen Segel erklärte, und lernte von ihm, dass das Plankenputzen keine Schikane, sondern notwendig sei, damit das Holz nicht austrocknete und dadurch rissig wurde. Von Tag zu Tag fasste Catalina mehr Vertrauen zu ihm, und wenn er vorn am Bug neben ihr stand, ihr den Arm um die Schulter legte und sie mit der anderen Hand auf ein Rudel Delfine aufmerksam machte, war ihr auch das nicht unangenehm.
An diesem Abend half Catalina Giuseppe beim Ausbessern eines Segels. Schon seit einer Stunde saß sie neben ihm auf dem Deck und bemühte sich eifrig, den Flicken ebenso sorgfältig einzusetzen, wie er es ihr gezeigt hatte, als Tao Te Chen zu ihr kam und sie anknurrte, dass sie den Abwasch noch nicht zu Ende gemacht hätte.
Catalina sah zu Giuseppe, der gleichmütig die Achseln hob. Sie legte ihre Nadel und den Faden beiseite, erhob sich und folgte Tao Te Chen nach unten.
Als sie in die Kombüse kam, sah sie, dass er schon alles gespült hatte.
»Warum scheuchst du mich hier runter, wenn du doch schon alles gemacht hast?«
»Damit du wenigstens noch die Schüsseln wegräumst«, gab Tao Te Chen brummig zurück.
Catalina zeigte ihm den Vogel. »Für den einen Handgriff lotst du mich zwei Stockwerke weit unter Deck?«
»Wenn mir danach ist, ja. Schließlich bist du mir als Gehilfe zugeteilt!« Tao Te Chen sah sie mit wütend blitzenden Augen an.
»Tao, was ist denn los?«
Tao Te Chen sah sie nur weiter an.
»Nun sag doch mal endlich, was los ist!«
Tao Te Chen zeigte auf die Schüsseln. Catalina stöhnte und räumte sie weg. »Und? Kann ich jetzt wieder gehen?«
»Erst wenn du mir sagst, was du auf einmal ständig mit diesem italienischen Gockel hast.« Tao Te Chen packte sie am Arm und zwang sie, ihn anzusehen. »Hast du denn gar keine Angst, dass er bei dem ganzen Rumgegrabsche mal auf deinen Brustwickel aufmerksam wird? Was willst du ihm denn antworten, wenn er dich fragt, was du unter deinem Hemd verbirgst?«
Catalina wurde über und über rot. Tao Te Chen ließ sie los und lief in der Kombüse auf und ab. Dann blieb er wieder vor ihr stehen und sah sie ernst an. »Es gibt so vieles, was du noch nicht weißt. Und ich will nicht derjenige sein, der dich als Erster damit bekannt macht. Ich habe dich schon einmal gewarnt und du hast nicht gehört und dir hinterher die Seele aus dem Leib gekotzt. Giuseppe ist verderblicher als Meerwasser!«
Catalina verdrehte die Augen. »Kann es sein, dass du Giuseppe nur deswegen schlechtmachst, weil du eifersüchtig bist? Und zwar eifersüchtig darauf, dass ich an Bord den Anschluss gefunden habe, den du hier nie finden wirst?«
Augenblicklich verhärtete sich Tao Te Chens Miene. Catalina merkte, dass sie zu weit gegangen war. »Tut mir leid, ich … ich habe das nicht so gemeint.«
Tao Te Chen wandte sich ab. »Es muss wohl jeder seine eigenen Erfahrungen machen, aber einen Rat will ich dir trotzdem noch geben: Achte darauf, mit Giuseppe nie allein in irgendwelche dunklen Winkel zu gehen!«
Dann verließ er die Kombüse. Catalina sah ihm noch lange nach.
Kaum war Catalina wieder bei Giuseppe, erschienen ihr Tao Te Chens Worte noch absurder. Diese haselnussbraunen Augen, das waren doch nicht die Augen eines Strolchs! Verderblicher als Meerwasser … Nichts als die wirren Auswüchse eines gelben Hirns waren das! Catalina beschloss, Tao Te Chens Mahnung zu vergessen, und half Giuseppe weiter beim Flicken der Segel. Als sie damit fertig waren, schickte der Erste Offizier Catalina zum Füttern der Hühner und Giuseppe bot ihr an, sie zu begleiten.
»Ach, nicht nötig.« Catalina lachte. »Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich mich um die Hühner kümmern muss.«
Giuseppe ging trotzdem mit ihr mit. Als Catalina nach ihm die Leiter in den Laderaum hinabstieg, spürte sie seine Hand über ihr Bein streichen. Es war ihr nicht unangenehm. Sie empfand die Berührung als warm und fürsorglich. Im Unterdeck nahm Giuseppe eine Petroleumlampe und ging ihr voran zu dem Verschlag der Hühner, der am Ende eines düsteren Ganges lag. Vor dem Verschlag schippte Catalina einen Krug voll Mais aus einem Fass, das wegen der Ratten auf dem Schiff immer sorgsam mit einem Deckel
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