Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
hier schien alles unversehrt zu sein. Sie bewegte die Arme, die Beine und den Kopf und kam zu dem Schluss, dass sie trotz allem glimpflich davongekommen war: Außer der Stichwunde an ihrem Arm hatte sie anscheinend nur Prellungen und Schürfwunden. Und auch in anderer Hinsicht hatte sie Glück gehabt: Stefano hatte die Wunde an ihrem Arm versorgt, ohne ihr dafür das Hemd auszuziehen …
Catalina trank noch einen Schluck, danach ließ Stefano sie zurück auf ihr Lager sinken. »Ich verbinde dir jetzt die Wunde, damit kein neuer Dreck hineinkommt, einverstanden?«
Catalina nickte. Während Stefano seine Arbeit tat, musterte sie ihn. Sie mochte seine ruhige, selbstverständliche Art. Mit geübten Handgriffen legte er ihr den Verband an.
»Das machst du nicht zum ersten Mal, wie?«
»Allerdings nicht!« Stefano riss die Enden des Verbands ein und verknotete sie um ihren Arm. »Ich bin schon seit drei Jahren dabei, und da ich zuvor eine Weile bei einem Bader gearbeitet habe, musste ich von Anfang an jedwede Art von Verletzungen versorgen. Sogar Kugeln habe ich schon rausoperiert, wenn der Feldscher zu viel zu tun hatte.«
»Seit drei Jahren dabei …?«
»Na ja, bei der Armee.«
»Wie bin ich eigentlich hierher gekommen?«, fragte Catalina. »Ich habe doch gar nichts mit der Armee zu tun. Warum musst du mich trotzdem versorgen? Haben die Mädchen Don Alfredo doch noch davon überzeugen können, dass alles ganz harmlos war, und du hast jetzt die ehrenvolle Aufgabe, mich wieder aufzupäppeln?«
»Einen Don Alfredo kenne ich nicht. Und dass du nichts mit der Armee zu tun hast …« Stefano strich sein dickes, schwarzes Haar aus der Stirn und hob die Augenbrauen. Catalina sah ihn verständnislos an. Da lachte er auf. »Du hast tatsächlich keine Ahnung, wie?«
»Ahnung wovon?«
»Na, dass du einen Vertrag geschlossen hast. Mit der Armee. Für fünf Jahre, genau wie ich.«
»Was?« Catalina fuhr mit einem Ruck in die Höhe. Ein scharfer Schmerz flammte durch ihren Körper. »Nie und nimmer habe ich das getan!«
Stefano ging zu dem Tisch, der am anderen Ende des Zeltes stand, holte eine Pergamentrolle und hielt sie Catalina unter die Nase. »Ich weiß ja nicht, ob du lesen kannst …«
Catalina entriss ihm das Papier. Je weiter sie las, desto blasser wurde sie. »Ich … ich habe mich … Aber das kann doch gar nicht sein.«
Stefano rollte das Dokument wieder zusammen und legte es zurück an seinen Platz. Dann setzte er sich wieder neben sie. »Jetzt nimm es nicht so tragisch. Übrigens bin ich auch nicht ganz freiwillig dabei: Ich hatte beim Würfelspiel gewonnen und mich hinterher vor lauter Freude darüber total zulaufen lassen. Als ich wieder zu mir kam, steckte ich in einer Uniform, und irgendein gelackter Kavallerist erklärte mir, dass ich mich für fünf Jahre verpflichtet hätte. Als ich es nicht glauben wollte, hielt er mir genauso ein Dokument vor, wie ich es dir eben gezeigt habe.«
»Aber … aber das können die doch nicht machen«, stammelte Catalina.
»Und wie die das können. Und glaub bloß nicht, dass es in Spanien anders zugeht. Wenn sie Leute für die Armee brauchen und sich nicht genug Freiwillige melden, kennen die hier wie da kein Pardon. Hast du noch nie die Werber gesehen, die von Ort zu Ort laufen, auf Marktplätzen und in Gasthäusern von den Freuden des Soldatenlebens schwärmen und die Dorfjugendlichen mit Wein und Schnaps freihalten, bis sie einen Vertrag unterschreiben? Meinst du wirklich, auch nur einer von denen weiß am nächsten Tag noch, was er da unterschrieben hat?« Stefano lachte auf. »Zuerst war ich auch total entsetzt, aber je länger ich dabei bin, desto besser gefällt es mir.«
»Dir, ja, dir!«, stöhnte Catalina. Sie schloss ihr Auge und wünschte sich, wieder das Bewusstsein zu verlieren.
In den nächsten Tagen hatte Catalina auf ihrem Krankenlager reichlich Zeit, über ihre neue Lage nachzudenken. Als Erstes bat sie Stefano, ein paar Nachforschungen anzustellen. Schnell wurde klar, dass Don Alfredo selbst sie hier abgeliefert und den Vertrag für sie unterschrieben hatte. Er hatte wohl Manolo mehr geglaubt als den Mädchen, falls er ihnen überhaupt zugehört hatte. Sie sah keine Möglichkeit, an ihn heranzukommen, um ihm alles zu erklären, und selbst das hätte wohl keinen Unterschied mehr gemacht: Wen die Armee einmal in den Fingern hatte, den ließ sie nicht wieder los. Angesichts der Bedrohung durch aufständische Indios gab es in der Neuen Welt
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