Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
und Läusen, als die Mühe auf sich zu nehmen, sich sauber zu halten, und so dachte sich niemand etwas dabei, dass auch Catalina selten zum Fluss ging, um darin zu baden. Überdies passte sie ihr Auftreten dem der Soldaten an: Sie übernahm ihre derben Ausdrücke und brüstete sich beim abendlichen Lagerfeuer mit Weibergeschichten. Einzig wenn sie mit Stefano allein war, fand sie zu ihrem stillen und gesitteten Wesen zurück. Sie wusste, dass ihn das laute Auftreten der anderen Soldaten abstieß, und wollte ihn nicht als Freund verlieren.
Eine Woche später gab der Hauptmann den Befehl zum Aufbruch. Weiter südlich im Land war es wieder zu Indioaufständen gekommen; die dort stationierten Truppen konnten sich nur noch mit Mühe gegen sie behaupten und brauchten dringend Verstärkung. Catalina wurde zum Hauptmann bestellt. Inzwischen kannte sie seinen Namen: Luis Fernandez. Er vergewisserte sich, dass sie ihren rechten Arm wieder uneingeschränkt benutzen konnte, und wies sie Stefanos Kompanie zu.
»Nur als was, weiß ich noch nicht.« Nachdenklich ging er um Catalina herum. »Was kannst du denn noch – außer dich zusammenschlagen lassen?«
Catalina ärgerte sich über die Hochnäsigkeit des großen, hageren Madrileño. »Ich mag kein guter Faustkämpfer sein, aber ich möchte behaupten, dass ich mit dem Degen besser als die meisten umzugehen verstehe«, sagte sie selbstbewusst.
Hauptmann Fernandez warf ihr einen Degen zu und machte einen Ausfallschritt auf sie zu. Catalina parierte flink, wagte aber nicht, ihn anzugreifen, bis er sie so sehr mit seinem Degen bedrängte, dass sie sich zumindest etwas entschlossener zur Wehr setzen musste. Geschickt huschte sie unter seinem Stahl hindurch und griff ihn so geschwind von der Seite an, dass sie einen Treffer auf seinem Arm landen konnte. Lachend senkte er den Degen. »Nicht schlecht für einen jungen Burschen, wirklich nicht schlecht. Willkommen in der Kompanie des Königs!«
Er rief den Waffenmeister und wies ihn an, Catalina einen der guten Toledaner Degen zu geben. »Und jetzt geh zu Stefano und hilf mit zusammenzupacken!«
Catalina nickte und verließ sein Zelt. Sie empfand Stolz – mehr vielleicht als je zuvor in ihrem Leben.
12
S chon seit vier Wochen trieb Fernandez sie nun über die Cordillera, und allmählich drückte ihnen allen der dichte Nebel nicht nur auf die Atmung, sondern auch aufs Gemüt. Außerdem hatte es in den letzten Tagen auch noch viel geschneit: Das Weiß des Nebels war mit dem des Schnees zu einem monotonen, alabasterfarbenen Weiß verschmolzen, so dass man das Gefühl hatte, ständig auf der Stelle zu treten. Entsprechend schwunglos kamen die Soldaten an diesem Morgen dem Befehl des Hauptmanns zum Aufbruch nach: Gern wollten sie ihren bedrängten Landsleuten zu Hilfe eilen, aber nicht ständig weiter in dieser blind machenden Suppe herumirren …
Auch Catalina sattelte ihr Maultier ohne jeden Elan. Mit froststeifen Händen legte sie dem Tier die Quersäcke über, in denen sich auf der einen Seite ihr Mundvorrat, auf der anderen ihre Muskete und Schießpulver befanden, und ritt mit Stefano bergan. Kaum hatten sie ein paar Meilen hinter sich gebracht, wurde der Weg schon wieder so steil, dass sie absitzen und die Maultiere am Zügel hinter sich herziehen mussten. Damit ging es ihnen immer noch besser als jenen, welche die sehr viel ängstlicheren Pferde und das Schlachtvieh weiterzutreiben hatten: Immer wieder bockten oder scheuten die Tiere, und beinahe täglich hatte eines auf den schmalen Felsgesimsen, die oft kaum breiter als ein Pferderücken waren, einen Fehltritt getan und war einige hundert Fuß in die Tiefe gestürzt.
Nach vier Stunden Weg in der weißen Unendlichkeit ging es endlich bergab. Die Sonne zerstäubte den Nebel und brachte den Schnee mit ihrem brennenden Strahlen zum Schmelzen. Es war, als ginge ein Ruck durch die Truppe: Mensch wie Vieh reckte und streckte die allzu lange unterkühlten Glieder der Sonne entgegen, die lichtentwöhnten Augen blinzelten oder duckten sich unter zu ihrem Schutz erhobenen Händen, gewöhnten sich dann an das gleißende Licht und blickten strahlend auf die Gräser und Sträucher am Wegrand, die umso grüner wurden, je weiter sie hinabstiegen. Als sie die Hochebene verließen und sich vor ihnen die Täler der niedrigeren Bergregion mit zahlreichen Indianerdörfern ausbreiteten, beschleunigten sie noch einmal ihren Schritt.
»Das müssen die Dörfer der Aufständischen sein«, rief
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