Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
nicht rührte, packte er sie am Arm und zog sie mit. Im Laufen sah Catalina sich um. Indios, Indios – überall waren auf einmal Indios und gingen mit Musketen, Degen, Grabstöcken, Stangen, mit allem, was sie hatten auftreiben können, auf sie los.
»Jetzt zieh schon deinen Degen!«, brüllte Stefano sie an, und im gleichen Moment ging einer der Indios mit einem Knüppel auf Catalina los. Seinem ersten Hieb entging sie nur, weil Stefano sie zur Seite stieß, sein nächster Hieb schrammte ihr knapp am Kopf vorbei, der folgende erwischte sie an der Schulter. Der Schmerz ließ Catalina zu sich kommen. Sie riss ihren Degen aus der Schneide, sprang mit einem wütenden Schrei auf den Indio zu und rammte ihm den Degen in den Bauch. Danach eilte sie Stefano zu Hilfe, der sich gegen drei Angreifer zur Wehr setzen musste. Ein Indio nach dem nächsten sank unter ihren Klingen zu Boden.
»Gut gemacht!«, hörte Catalina ihren Bruder hinter sich rufen. Er winkte sie und Stefano zu sich.
»Da vorn sind ein paar von uns in arger Bedrängnis. Los, kommt mit, wir hauen sie da raus!«
Als sie ihre Kameraden freigekämpft hatten, rief Miguel ihnen zu, dass sie zu den Pferden laufen sollten.
Die Indios versuchten, sie am Besteigen der Pferde zu hindern. Einige klammerten sich gar an die Beine ihrer Reittiere und versuchten, sie zu Fall zu bringen. Immer wieder hieben Miguel, Stefano und Catalina auf sie ein, dann endlich hatten sie ihre Pferde frei und konnten lospreschen, um ihren Kameraden beizustehen.
Das Chaos, die Verwirrung, die Verzweiflung im Lager der Spanier war kaum geringer als am Vortag in den Dörfern der Indios, doch die Spanier dachten trotz der gewaltigen Überzahl der Angreifer nicht an Flucht, sondern kämpften mit todesmutiger Entschlossenheit. Immer mehr Spanier eroberten ihre Rösser zurück, so dass Miguel die verstreuten Reiter formieren und zu einem gezielten Angriff gegen die Indios führen konnte.
Mitten im Kampfgewirr schrie auf einmal jemand: »Die Fahne! Die Indios haben unseren Fähnrich getötet und rennen mit der Fahne davon!«
Catalina wusste mittlerweile, dass die Fahne einer Kompanie nicht einfach nur ein Stück Tuch war, sondern ihr Erkennungs- und Richtungszeichen, sie diente als Sammelpunkt des Heereshaufens und wurde oft zur Befehlsübermittlung benutzt. Nun war sie in den Händen des Feindes.
Miguel feuerte sie mit dem alten Santiago-Schlachtruf an. Mit einem markerschütternden »Auf ihn!« gab er seinem Ross die Sporen, durchbrach mit einer Schar tapferer Männer, zu denen auch Stefano und Catalina gehörten, die Reihen der Angreifer und setzte dem Fahnendieb nach, um den sich schnell eine ganze Traube von Indios zu seiner Verteidigung gesammelt hatte.
Vor einer Felswand stellten sie die Gruppe. Mann gegen Mann kämpften sie, und fast hatten sich Miguel und Catalina schon zu dem Fahnendieb durchgeschlagen, als der zwischen seinen Kameraden hindurchhuschte und mitsamt der Fahne über die Felsen floh. Catalina sah es und rief es ihrem Bruder zu, doch der hörte sie nicht. Kurz entschlossen stürmte Catalina dem Fahnendieb nach, hatte ihn bald erreicht und stürzte sich mit einem gewagten Sprung von hinten auf ihn. Der Indio ging zu Boden, die Fahne fiel ihm aus der Hand, doch noch ehe Catalina nach ihr greifen konnte, packte der Indio sie am Arm und schleuderte sie gegen die Felsen. Catalina sprang wieder auf und stürmte erneut auf ihn los. Plötzlich zog der Indio ein Messer und stieß es ihr in den Arm. Catalina warf sich trotz des brennenden Schmerzes auf ihren Gegner und schlug seine Hand so lange gegen den Fels, bis er das Messer fallen ließ. Sie hob es auf und drückte es ihm gegen die Kehle, fischte mit der anderen Hand nach der Fahne und presste sie gegen ihr Herz.
»Hervorragende Leistung, Francisco, wirklich hervorragend«, keuchte ihr Bruder hinter ihr, der ihr zusammen mit ein paar anderen Soldaten nachgeeilt war. Catalina rollte sich zur Seite und überließ ihnen den Indio. Die Fahne aber trug sie selbst zum Lager zurück.
Bis zum Abend hatten die Spanier auch noch den letzten Indio in die Flucht gejagt, ihre knurrenden Mägen mit einem Teller dicker Suppe besänftigt und den als Belohnung ausgegebenen Becher Rum genossen. Während sie noch in Feierlaune beisammen saßen, erhob sich Miguel und bat um Aufmerksamkeit.
»Es geht um Francisco«, rief er mit seiner vollen, warmen Stimme. »Und um den Dienst, den er heute uns allen und unserem Vaterland erwiesen
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