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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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einmal an der frischen Luft bin, wird mein Kopf schon wieder klar.«
    »Nimm die Lampe mit, damit du nicht über irgendetwas stolperst.« Etwa über die eigenen Beine, dachte ich, verkniff es mir aber zu sagen. Ich schob die Öllampe über den Tisch, hielt sie jedoch fest, als Agnes danach griff. »Du darfst niemandem verraten, was ich gesagt habe.«
    Sie nickte. »Mach dir keine Sorgen. Mutter Immaculata kriegt es früher oder später auch so heraus.«
    Ich blieb in der Tür stehen und sah Agnes nach, während das Licht in ihrer Hand in der Dunkelheit hin- und herschwankte.

Kapitel 25
    Ich schreckte hoch.
    Um mich herum war es dunkel, draußen zirpten Grillen. Es war bestimmt nur ein Traum gewesen, der mich geweckt hatte, doch erinnern konnte ich mich an nichts mehr. Dennoch blieb meine Unruhe bestehen.
    Ich drehte mich von einer Seite auf die andere, fand aber keinen Schlaf mehr, obwohl die Müdigkeit meine Glieder bleischwer machte. Doch meine Gedanken kreisten um das, was Agnes über Johannita erzählt hatte. Und ich dachte auch daran, dass ich ihr verraten hatte, wie Schwester Johannita ihre Zeit außerhalb des Klosters verbrachte.
    Ich hätte den Mund halten sollen, sagte ich mir nicht zum ersten Mal.
    Als die Glocke zur Laudes rief, stand ich auf, ohne dass ich zwischenzeitlich wieder eingeschlafen wäre, und warf mir meinen Umhang über die Schultern. Es gelang mir einfach nicht, den Schlaf zu erzwingen, und noch immer grübelte ich über Agnes nach. Wenn sie das, was ich ihr anvertraut hatte, Mutter Immaculata berichtete, würde Schwester Johannita wissen, wer sie verraten hatte. Und da Agnes das Kloster nie verließ, würde für Johannita klar sein, dass ich mich irgendwo im Kloster versteckt halten musste, und zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Gärten. Wenn man mir aber auf die Schliche kam, würde man Agnes bestrafen, da sie grob gegen die Klosterordnung verstoßen hatte, und sie vielleicht sogar der Gemeinschaft verweisen.
    Das wird nicht geschehen, dachte ich. Nicht wegen meiner unbedachten Worte und ein wenig Wein.
    Ich verließ die Kräuterhütte und ging unter den Bäumen entlang zum Kloster. Es war bewölkt, aber warm, der Geruch nach Regen hing in der Luft. Ich glaubte nicht, dass man mich aus einem der Fenster sehen konnte, selbst wenn dort jemand gestanden hätte. Es war zu dunkel.
    Die Kellertür war nicht verriegelt. Ich öffnete sie leise und betrat den Raum dahinter, dann machte ich mich auf den Weg nach oben. Die Gänge waren verlassen, nur weit entfernt, auf der anderen Seite des Klosters, hörte ich die leisen Gesänge der Nonnen. Sie waren alle auf dem Weg zur Kapelle, alle bis auf die Konversinnen, die wegen der harten körperlichen Arbeit, die sie leisten mussten, von den Nachtgebeten befreit waren.
    Ich ging zu dem großen Schlafsaal, den sie sich teilten. Meine Augen hatten sich längst an die Dunkelheit gewöhnt, und ich hatte nicht vergessen, wo Agnes schlief, doch sie war nicht da. Einen Moment lang lauschte ich dem Schnarchen und Schmatzen der schlafenden Frauen, betrachtete das unberührte Lager mit seinen gefalteten Decken und dem schlichten Holzkreuz über ihm an der Wand. Ich fühlte mich auf einmal unwohl, so als hätte ich etwas Schlechtes gegessen. Wenn Agnes nicht im Schlafsaal war, wo dann?
    Ich ging weiter durch die Gänge, in Richtung des Nonnentrakts und an den Zellen vorbei. Die von Schwester Johannita befand sich ganz am Ende des Gangs, dort, wo er abknickte und in jenen Korridor überging, der zum Refektorium führte. Ich sah flackernden Lichtschein unter der Tür. Im Gegensatz zu den Zellen der Novizinnen gab es kein Türfenster, durch das man ins Innere hätte blicken können. Ich blieb vor der Tür stehen und lauschte, aber das Holz war zu dick, ich hörte nur meinen eigenen Atem. Selbst die Gesänge der Nonnen waren verklungen. Sie mussten die Kapelle erreicht und mit den Gebeten begonnen haben. Mir blieb nicht mehr viel Zeit, die nächtlichen Andachten waren kurz.
    Es war kaum vorstellbar, dass Schwester Johannita nicht daran teilnahm, also zog ich die Tür zu ihrer Zelle ohne große Vorsicht auf. Darin stand eine brennende Öllampe auf einem kleinen Tisch – meine Öllampe. Und daneben hockte Schwester Agnes, den Oberkörper halb in einer geöffneten Truhe verborgen.
    Sie zuckte hoch, als sie die Tür hörte, ihr Kopf wirbelte herum, und ihre Augen weiteten sich, erschrocken legte sie sich eine Hand auf die Brust.
    »Mach die Tür zu, schnell!«
    Ich

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