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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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ich zum ersten Mal diese Höhle betreten hatte, war mir aufgefallen, dass Wände und Decke mit fremdartigen Schriftzeichen und Symbolen bedeckt waren, die man in den Stein gehauen hatte. Nun sprach ich Georg darauf an und wollte wissen: »Was ist das?«
    »Heidenzeug, so wie die Statuen im Gang«, sagte Georg. Er griff sich an die Brust und zog ein Holzkreuz unter dem Hemd hervor, das dort an einer Kordel hing, dann küsste er es. »Ich hab schon eine ganze Menge von dem Kram weggekratzt und abgeschlagen, aber an manches komm ich nicht heran. Würde schneller gehen, wenn ich Hilfe hätte, aber ich bin ja anscheinend der Einzige hier, der sich um sein Seelenheil sorgt.« Er legte die Bandagen auf das Strohlager und sah mich an. »Vielleicht ändert sich das ja jetzt.«
    Im ersten Moment verstand ich nicht, was er meinte, dann begriff ich. »Wenn du Gottes Hilfe brauchst, solltest du dich an jemand anderen wenden. Ich habe meine Novizinnentracht abgelegt und lebe jetzt heimlich auf dem Klostergelände, weil ich nicht weiß, wohin ich sonst gehen soll.«
    »Oh.« Georg kratzte sich am Kopf. »Dann sollte ich wohl doch mal einen Priester fragen.«
    »Wenn du einen Priester hier unten anschleppst«, sagte Paul mit noch immer schwacher Stimme, »wird Czyne dich eigenhändig mit seinem Rosenkranz erwürgen.«
    »Da hast du wahrscheinlich recht, aber gut ist es trotzdem nicht, dass wir uns an diesem heidnischen Ort aufhalten«, war Georg überzeugt. »Lach ruhig über mich, aber ich mache mir Sorgen um unsere Seelen.«
    Ich hatte währenddessen eine Handvoll getrockneter Kräuter in die Schüssel gegeben und wartete, bis sie ihren bitteren Geruch entfaltet hatten. »Trink die Hälfte davon«, sagte ich dann zu Paul.
    Er verzog nicht einmal das Gesicht, obwohl der Sud alles andere als gut schmecken musste.
    Ich nahm ihm die halb leere Schüssel ab und tauchte eine Bandage hinein, dann pflückte ich die Maden aus der Wunde.
    »Ist Czyne eure Anführerin?«, fragte ich.
    »Schwer zu sagen.« Georg hob die Schultern. »Früher haben wir nur zusammen ein bisschen was geklaut und hier und da mal Waren in die Stadt geschmuggelt, weil ihre Besitzer keinen Zoll zahlen wollten. Nicht zu vergleichen mit dem, was wir machen, seit sich uns Richard mit seinen Gauklern angeschlossen hat.«
    »Er hat kommen sehen, dass sie die Tore schließen würden«, sagte Paul. In seinen Augen sah ich immer noch das Fieber, aber ich war mir sicher, dass es bald zurückgehen würde. »Er hat Czyne geraten, mit dem Geld, das wir zusammengeklaut hatten, die Wachen zu bestechen und alle Waren, die wir irgendwie auftreiben können, in die Stadt zu schaffen. Die gottverdammt beste Idee, die je einer gehabt hat.«
    Georg räusperte sich. »Fluchen ist eine Sünde.«
    »Klauen auch.«
    »Wir sind als Diebe auf die Welt gekommen, das war Gottes Wille. Ob wir dabei fluchen, hängt allein von uns ab.«
    Ich hatte den Eindruck, dass sie diesen Streit nicht zum ersten Mal führten. »Also ist Richard euer Anführer?«
    »Auch das wäre falsch zu behaupten«, meinte Georg. »Normalerweise tun wir einfach, was Richard oder Czyne will, egal, wer von beiden es befiehlt.«
    Paul nickte. »Beide kriegen den größten Anteil der Beute, beide schlafen im Herrenhaus …«
    »Herrenhaus?«, unterbrach ich ihn.
    »Der Raum, zu dem der schmale Gang dort führt.« Paul deutete mit dem Kinn auf den zweiten Stollen, den, in den ich noch nicht gegangen war, während ich die feuchten Bandagen um seine Hand wickelte. »Wir nennen ihn Herrenhaus, weil dort die Luft besser ist.«
    »Und weil unsere … na ja, unsere Anführer dort schlafen.« Nun benutzte Georg das Wort doch.
    »Beide?« Während ich das fragte, sah ich ihn ganz bewusst nicht an.
    »Ja.«
    »Dann …« Ich wusste nicht, wie ich die Frage stellen sollte. »Dann sind sie … Mann und Frau?«
    Die beiden lachten. Meine Wangen fühlten sich auf einmal heiß an.
    »Nun, verheiratet sind sie nicht«, sagte Paul. »Ich weiß nicht, was sie sind oder ob sie überhaupt etwas sind, und ich werde sie verda… bestimmt nicht danach fragen.«
    Ich widerstand dem Drang nachzuhaken.
    Sein Leben geht mich nichts an, dachte ich. Was auch immer er tut, ist allein seine Angelegenheit.
    Ich wünschte, ich hätte mir selbst glauben können.
    Pauls Fieber war bereits am nächsten Tag verschwunden, und auch die Wunde begann zu heilen. Andere kamen zu mir, damit ich sie heilte: Femeke, die seit der Totgeburt ihres dritten Kindes Schmerzen im

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