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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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flehentlich an. »Dass du mit einer Lüge aufgewachsen bist, heißt nicht, dass du dein ganzes Leben lang lügen musst.«
    Einen Moment lang schwieg er und wollte mir wohl Zeit zum Nachdenken geben. Czyne verschränkte die Arme vor der Brust und seufzte.
    »Hast du irgendwas von dem getan, was man dir vorwirft?«, fragte sie. Es klang ungeduldig.
    »Nein.«
    »Bist du eine Hexe?«
    »Nein.«
    Sie drängte sich zwischen mir und Richard hindurch. »Herzlichen Glückwunsch. Du darfst bleiben.« Sie warf Richard einen kurzen Blick zu. »Du machst immer alles so kompliziert«, sagte sie, bevor sie die Herrenhaus-Höhle verließ.
    Ich blieb allein mit ihm zurück. So dicht standen wir uns gegenüber, dass ich die Feigen in seinem Atem riechen konnte.
    »Ist jetzt alles zwischen uns geklärt?«, fragte ich ruhig.
    »Ja.« Richard strich sich mit einer Hand über die Augen. Er wirkte müde. »Was Czyne gesagt hat … Was ich damit meinte …«
    »Hat sie gelogen?«, fragte ich schärfer als beabsichtigt.
    »Nein. Czyne lügt nicht, nie. Obwohl es vielleicht besser wäre, wenn sie es manchmal täte.« Sein Lächeln war flüchtig, aber ich glaubte, echte Zuneigung darin zu erkennen.
    »Ich muss nicht hierbleiben.«
    Sein Lächeln kehrte zurück, blieb dieses Mal länger. »Bleib. Ich würde mir nur Sorgen machen.«
    Ich sah ihn an. Es wurde still in der Höhle, aber ich spürte nicht das Bedürfnis, etwas zu sagen. Die Süße seines Atems, der Blick, der über mein Gesicht glitt – mehr brauchte ich in diesem Moment nicht.
    Richard räusperte sich und wandte das Gesicht ab. Ich blinzelte, fühlte mich, als würde ich aus tiefem Schlaf erwachen.
    »Ketlin?«, rief Paul von draußen. Seine Stimme schien aus einer anderen Welt zu kommen. »Bist du hier?«
    »Ja, Moment!«, rief ich zurück.
    »Er klingt aufgeregt«, sagte Richard. »Ich hoffe, er hat sich nicht schon wieder verletzt.«
    »Ich auch.«
    Ich trat in den Gang, aber Richards Stimme hielt mich zurück. »Es gibt eine Sache, die ich dich schon immer fragen wollte. Dein Vater – weißt du, wer er ist?«
    »Ketlin?«, rief Paul erneut.
    Ich drehte mich zu Richard um. »Ja.«
    Ich verließ die Herrenhaus-Höhle, bevor er noch etwas sagen konnte.
    Eine ganze Gruppe Schmuggler war zurückgekehrt, während ich mit Czyne und Richard gesprochen hatte. Es war seltsam, aber trotz der Dinge, die gesagt worden waren, fühlte ich mich besser, fast wie innerlich gereinigt.
    »Was ist denn los?«, fragte ich Paul. Dass er sich nicht verletzt hatte, sah ich sofort, denn er grinste breit und zufrieden.
    »Guck mal«, sagte er. Mit dem Kinn deutete er zum Eingang der Höhle.
    Ich wandte den Kopf. Einen Moment lang sah ich nichts außer einem Schatten, doch dann trat er in die Höhle, und das Licht der Öllampen beschien sein Gesicht.
    Meine Knie wurden weich.
    »Jacob …«

Kapitel 28
    Wir lagen uns in den Armen. Jacob hielt mich so fest, dass ich nach Atem rang. Trotzdem ließ ich ihn gewähren, grub mein Gesicht in seine Schulter und genoss seinen Geruch. Bis zu diesem Augenblick war mir nicht klar gewesen, wie sehr ich ihn vermisst hatte. Und doch stieß ich ihn schließlich weg.
    »Du hast mich angelogen.«
    Er sah mich an. »Das stimmt.« Es klang überrascht, so als hätte erst meine Anschuldigung ihn daran erinnert. »Ich entschuldige mich dafür.«
    Die Schmuggler hatten uns den vorderen Teil der Höhle überlassen und sich zu den Tischen zurückgezogen. Ich ergriff Jacobs Hand – er trug weiche, staubige Lederhandschuhe – und führte ihn zu meiner Schlafstätte. Er setzte sich auf den Hocker, ich auf das Bett. Im Licht der Öllampen wirkte er blasser und dünner, als ich ihn in Erinnerung hatte. Trotz des warmen Wetters trug er einen schweren, vor der Brust zusammengebundenen Umhang über seiner Weste.
    »Du hättest versucht, mich aufzuhalten«, sagte er und nahm damit meine Frage vorweg. »Ich konnte dir nicht die Wahrheit sagen.«
    »Das weißt du nicht.« Ich schluckte meinen Ärger hinunter. »Wo bist du gewesen?«
    »Maastricht.« Und da war sie auf einmal wieder, die Begeisterung in seinem Blick, dieses Leuchten wie von einer Kerzenflamme, die sein ganzes Gesicht erhellte. »Erasmus steht in Kontakt mit einem Apotheker dort. Von ihm wusste ich, dass ein persischer Arzt in der Stadt weilte, ein Mann namens Abdullah.« Er zog die Handschuhe aus und legte sie neben sich. »Ketlin, du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr es mich danach drängte, diesen Arzt

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