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Die Nonne und der Tod

Die Nonne und der Tod

Titel: Die Nonne und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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für eine Prellung halten können, aber als ich mich ihr mit der Hand näherte, spürte ich bereits, wie heiß sie war.
    Vorsichtig legte ich das feuchte Tuch darauf. Jacob seufzte kurz im Schlaf, wachte aber nicht auf.
    Ich blieb neben ihm stehen, lauschte auf seinen Atem, beobachtete das Zucken seiner Mundwinkel und die Schweißtropfen, die ihm auf der Stirn perlten. Er roch krank, so wie die Menschen in meinem Dorf, die an der Seuche gestorben waren. Nach einer Weile wurde sein Atem regelmäßiger, und die Falten rund um seinen Mund glätteten sich. Der Sud linderte den Schmerz, doch ich bezweifelte, dass er mehr konnte.
    Ich muss zurück, dachte ich. Wenn ich ihm helfen will, muss ich ins Kloster.
    Als ich Schritte und Stimmen hörte, verließ ich den Verschlag und zog den Vorhang zu.
    Richard und die anderen Schmuggler kehrten aus der Herrenhaus-Höhle zurück. Czyne hatte die Arme vor der Brust verschränkt und wirkte unzufrieden, ebenso wie Georg, der sich an einen der Tische setzte und sich Wein in einen Krug einschüttete. Die Gesichter der anderen konnte ich nicht deuten.
    »Ihr könnt beide bleiben«, sagte Richard.
    Ich schloss für einen Moment die Augen und erlaubte es mir, ganz, ganz leise aufzuatmen.
    »Fürs Erste.« Czyne sah Richard an, nicht mich, während sie dies sagte. »Aber sollte auch nur einer von uns erkranken, muss Jacob weg. Und du auch.«
    Georg schüttelte den Kopf. »Irrsinn«, sagte er so leise, dass ich ihn beinahe nicht verstand.
    »Wir haben es beschlossen«, schnauzte Czyne ungehalten. »Finde dich damit ab oder geh!«
    Georg presste mürrisch die Lippen aufeinander und starrte in seinen Weinkrug.
    Ich hörte Jacob stöhnen, ging zurück an sein Lager und tauschte das Tuch auf seinem Hals aus. Als ich aufsah, stand Richard vor dem Vorhang. »Was brauchst du?«
    Ich hob die Schultern. »Etwas, um das Fieber zu senken.«
    »Kann man das kaufen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Die Kräuter, die ich dafür brauche, wachsen im Klostergarten.«
    »Dann sag mir, welche du benötigst, und ich hole sie dir.«
    Ich legte meine Hand auf Jacobs Stirn. Sie war so heiß, dass ich erschrak. »Ich werde gehen, sobald es dunkel ist.«
    »Dann komme ich mit.«
    Warum bist du so nett zu mir?, dachte ich, und aus einem Impuls heraus, stellte ich die Frage tatsächlich laut.
    Richard lächelte und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich bin nicht nett, ich will nur hier raus. Alles ist besser, als Georgs Gejammer zuzuhören.«
    »Kann ich sicher sein, dass Jacob noch hier ist, wenn wir zurückkommen?«
    »Czyne wird dafür sorgen.«
    Den Rest des Tages verbrachte ich an Jacobs Seite. Ich konnte nicht viel tun außer sein Gesicht zu kühlen, ihm immer wieder Bier einzuflößen, wenn er aufwachte, und seine Schmerzen zu lindern. Trotzdem ging es ihm mit jeder Stunde schlechter.
    »Es ist so weit«, sagte Richard irgendwann. »Draußen wird es dunkel.«
    Ich nickte und stand auf. Er hatte sich umgezogen, trug dunkle Kleidung und einen schwarzen Umhang mit großer Kapuze. Einen zweiten hielt er in der Hand. Ich legte den dunklen Umhang über meine Schultern.
    Femeke zog ihre Kinder beiseite, als wir uns an ihr vorbei auf den Weg zum Ausgang machten. Die Katze, mit der die Mädchen gespielt hatten, sah ich nirgends. Ich hoffte, dass sie das Tier nicht gefunden hatten.
    Paul nickte mir zu, Georg wandte sich ab. In den Gesichtern der anderen sah ich Angst und ein wenig Mitleid. Nur Czyne wirkte unbeteiligt. An die Wand gelehnt, saß sie auf einer Holzbank und bearbeitete ein schmales Stück Holz mit ihrem Messer. Sie sah nicht einmal auf, als wir gingen.
    »Warum darf Jacob hierbleiben?«, fragte ich, als wir schließlich den Innenhof verließen. »Niemand scheint besonders glücklich darüber zu sein.«
    Die Nacht war kühl, die Luft angenehm frisch. Tief atmete ich durch, spürte, wie meine Gedanken klarer wurden. Manchmal vergaß man in der Höhle, dass es noch eine andere Welt oben gab.
    »Das stimmt. Aber ihn will auch niemand anfassen, seit ich gesagt habe, dass man sich anstecken kann, wenn man einem Kranken näher als Armeslänge kommt.«
    Ich wollte Richard ins Gesicht blicken, aber er hatte die Kapuze bereits über den Kopf gezogen. »Du hast sie angelogen?«
    »Wer sagt, dass ich das nicht glaube?« Mit langen Schritten ging er vorwärts. Ich folgte ihm.
    Wir schwiegen, bis wir die Klostermauer erreichten.
    »Hier entlang«, sagte ich. »Es gibt eine Stelle, an der wir recht leicht über die

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