Die Nymphe Eva
Stellvertretenden Staatsanwalts und Captain Parker auf der
anderen. Ich saß dreien gegenüber und täuschte mich keinen Augenblick darüber
weg, daß dies kein Zufall sei.
»Was
ich nicht begreife«, polterte Sheriff Lavers , »ist,
warum, zum Teufel — nach allem, was sich heute nachmittag im Gerichtssaal ereignet hat — , er Wheeler überhaupt als seinen Zeugen vorgeladen hat?«
»Weil
er gerissen ist«, sagte Ed Levine wütend. »Er ist so gerissen, und ich bin so
verdammt dumm gewesen! Ich will Ihnen sagen, warum, Sheriff. Er nahm an, daß
ich aller Wahrscheinlichkeit nach Wheeler gar nicht in den Zeugenstand rufen
würde. Für die Anklage brauchte ich seine Aussage nicht, und der Lieutenant
mußte sich von einer Schußwunde erholen, was noch
eine Weile dauern konnte, und ganz gewiß würde ich ihn nicht aufrufen, wenn es
nicht notwendig schien. Aber Cranston brauchte
Wheeler dort, und so lud er ihn vor. Damit veranlaßte er mich, genau das zu
tun, was ich dann auch tat — nämlich Wheeler zuerst als Zeugen für die Anklage
aufzurufen. Dann konnte er ihn ins Kreuzverhör nehmen und anschließend mit
seiner Starzeugin aufwarten.«
»Damit
ist vermutlich der Damm schon ganz schön vom Wasser ausgehöhlt«, sagte Parker
bedächtig. »Die Frage ist, wieviel Schaden wurde bis
jetzt angerichtet?«
»Es
reicht«, sagte der Stellvertretende Staatsanwalt mürrisch. »Vielleicht schon zu
viel. Es wird verdammt schwierig sein, die Aussage dieser Frau morgen vormittag zu erschüttern, und je weiter ich mit ihr
verfahre, desto schlimmer kann die Reaktion der Jury sein.«
»Wir
haben alle unsere Probleme, Ed«, sagte Parker schwerfällig. »Vielleicht kommen
wir am besten gleich zur Sache und finden heraus, wie groß unser Problem ist?«
»Meinen
Sie mich?« sagte ich höflich.
Er
betrachtete mich mit bewußt ausdruckslosem Blick. »Stimmt, Wheeler — Sie!«
Schon
in den Tagen, als Parker mein Boss in der Mordabteilung gewesen war, war ich
nicht allzugut mit ihm zurechtgekommen und hatte
immer das Gefühl gehabt, er nähme es mir übel, daß ich nach wie vor als
permanent zeitweilige Leihgabe im Büro des Sheriffs arbeitete, denn er hatte
damals, als er mich dorthin schickte, erwartet, ich würde mich als großer
Reinfall herausstellen. Parker war ein guter und ehrlicher Beamter, aber er
hielt sich eisern an die Buchstaben des Handbuchs für Polizeibeamte, und das war der Grund, warum sich
sein Magengeschwür beim bloßen Gedanken an mich krümmte. Vielleicht, so dachte
ich mürrisch, war jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem sein Magengeschwür in
Triumphgeheul ausbrach und Wheeler sich krümmte.
Ich
wurde mir bewußt, daß die drei mich eindringlich betrachteten. Ed Levines kluge
Augen waren zwei große Fragezeichen hinter seiner Hornbrille, und er gab sich
nicht einmal die Mühe, dies zu verbergen. Lavers machte sein gewohntes finsteres Gesicht, und es war unmöglich,
dahinterzukommen, was er dachte. Es war einer dieser Augenblicke, in denen man
sich plötzlich darüber klar wird, wie verlassen man sein kann, wenn man auf dem
äußersten Ast eines Baumes sitzt und das summende Geräusch in den Ohren aller
Wahrscheinlichkeit nach von einer Kreissäge stammt.
Parker
warf einen schnellen Blick auf die beiden anderen, zuckte die Schultern und
übernahm dann stillschweigend die Verantwortung eines Sprechers auf sich.
»Okay,
Wheeler.« Er räusperte sich kräftig. »Wie steht’s?«
»Wie
steht was?« fragte ich ungerührt.
»Machen
Sie uns die Sache nicht noch schwerer«, sagte er kalt. »Wie steht es mit dieser
Aussage heute im Gericht? Mit Mandels Behauptung, Sie
seien hinter Fletchers Frau her gewesen, und der Geschichte der Witwe über
diese Stunde, die Sie bei ihr zugebracht haben, bevor Lucas in die Wohnung
kam?«
»Sie
meinen die Zeit, die ich mit Vergewaltigungsversuchen verschwendete, bevor sie
mit der Mordwaffe, die ich, als ich Fletchers Leiche fand, in meiner Tasche
versteckt gehalten hatte, auf mich schoß?« fragte ich beiläufig. »Die Waffe,
welche ich benutzt hatte, um Lucas den Mord in die Schuhe zu schieben, nachdem
ich ihm am Ende des Korridors nur spaßeshalber eine Kugel in die Schulter
gejagt hatte? Wollten Sie wissen, Captain—«, ich entblößte meine Zähne zu einem
wütenden Grinsen, »wollten Sie wissen, wie es damit steht?«
»Werden
Sie nicht unverschämt, Lieutenant«, knurrte Parker. »Schließlich bestimme ich,
und Sie parieren.«
»Warum
erzählen Sie uns nicht, was sich
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