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Die Nymphe Eva

Die Nymphe Eva

Titel: Die Nymphe Eva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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versuche mich zu vergewaltigen, und ich
brauchte Hilfe. Dann riß mir der Lieutenant den Hörer aus der Hand und legte
auf. Ich wich bis zum Tisch zurück, und er kam hinter mir her, und dem starren
Blick in seinen Augen nach dachte ich, er müsse irre geworden sein und wäre im
Begriff, mich zu ermorden!«
    Sie
hielt einen Augenblick lang inne, um tief und zitternd Luft zu holen, und der
gesamte Gerichtssaal hielt ebenfalls inne, niemand wagte zu atmen aus Angst,
sich sonst das nächste faszinierende Wort entgehen zu lassen.
    »Was
geschah dann?« warf Cranston im genau richtigen
Augenblick ein.
    »Plötzlich
fiel mir ein, daß die Pistole nach wie vor auf dem Tisch lag, wo er sie zuvor
hingelegt hatte«, sagte Josie mit gequälter Stimme. »Ich nahm sie und richtete
sie auf ihn. Ich sagte ihm, ich würde schießen, wenn er näher käme. Er zögerte
keine Sekunde! Er kam immer näher und beschimpfte mich die ganze Zeit über mit
dumpfer monotoner Stimme auf eine scheußliche Weise. Als er noch etwa zwei
Meter von mir entfernt war, bekam ich es mit der Panik und drückte ab! Die
Kugel traf ihn ins Bein, aber das hielt ihn noch immer nicht ab. Er kam auf
mich zu, entriß mir die Pistole, und dann klingelte
es an der Tür.
    Er
drückte mir den Pistolenlauf gegen die Schläfe und zwang mich, die Tür zu
öffnen. Marvin Lucas stand draußen, aber er war hilflos, als er die Pistole an
meinem Kopf sah. Der Lieutenant befahl ihm, in den Korridor zu gehen, sonst
würde er erst mich und dann ihn umbringen. Und als Marvin nahe bei der Treppe
war, nahm der Lieutenant seine eigene Waffe heraus und schoß ihm absichtlich in
die Schulter! Dann ging er zu Marvin hin, der an der Wand lehnte, drehte sich
um und schoß mit der Pistole, von der er behauptet hatte, mit ihr sei Sam
erschossen worden, in die Decke. Danach wischte er sie mit seinem Taschentuch
sauber ab und streckte sie Marvin mit der linken Hand hin, während er seine
eigene Pistole in der Rechten auf ihn gerichtet hielt. >Nehmen Sie sie und
werfen Sie sie vor sich hin<, sagte er. >Sie werden mir nicht auf diese
Weise die Sache in die Schuhe schieben können<, sagte Marvin. Der Lieutenant
lachte und sagte, es sei ihm gleich, ob er sie ihm lebend oder — tot in die
Schuhe schöbe. Also tat Marvin, wie ihm geheißen wurde, und der Lieutenant
humpelte zurück zur Wohnungstür. Er befahl mir, in seinem Büro anzurufen und
dort auszurichten, er sei angeschossen worden, während er Lucas wegen Ermordung
meines Mannes festgenommen habe. Wenn ich versuchte, etwas anderes zu sagen,
würde mir doch niemand glauben, aber er, der Lieutenant, würde dafür sorgen,
daß ich verhaftet würde, weil ich versucht hätte, Lucas zur Flucht zu
verhelfen; und er könne auch dafür sorgen, daß die Sache hinhaute, denn niemand
würde unsere Aussage gegen die eines Polizeilieutenants ernst nehmen.«
    Josie
zuckte unglücklich die Schultern. »Ich tat, was er sagte. Ich dachte,
vielleicht stimmte das, was er behauptet hatte, und in jedem Fall hätte er uns,
wenn ich mich weigerte, vielleicht alle beide umgebracht, bevor die anderen
Polizeibeamten eintrafen.«
    »Vielen
Dank, Mrs. Fletcher«, sagte Cranston mit leiser Stimme. Er drehte sich um und blickte die Jury für ein paar Sekunden
mit gedämpfter Beredsamkeit an, bevor er zu seinem Tisch zurückschritt und sich
setzte. »Sie können mit dem Kreuzverhör beginnen, Counselor «,
sagte er mit gedämpfter Stimme. So wie er es sagte, klang es, als wenn ein
Bischof irgendeinem Wilden die geheiligte Erlaubnis erteilt, in seiner Kirche
heidnische Kriegsgesänge zu heulen.
    »Euer
Ehren.« Ed Levine stand auf wie ein Nachtwandler, der einen Alptraum hat. »Die
Anklage würde gern eine Pause beantragen, um diese neue und völlig unerwartete
Zeugenaussage zu besprechen.«
    Richter Kleban warf einen Blick auf die Wanduhr. »Sehr gut,
Mr. Levine. Aber da es jetzt ohnehin kurz nach sechzehn Uhr ist, halte ich es
für besser, wenn wir die Verhandlung auf morgen vertagen.«
    Ich
warf einen Blick zur Geschworenenbank hinüber, und mein schweifender Blick
begegnete dem bösartigen Starren zweier kalter, blauer Knopfaugen. Ich
bemerkte, daß der kleine Mund zu einer grausamen Linie zusammengepreßt war, und
es war überdeutlich, daß die plumpe Matrone bereits geurteilt hatte. Was sie
anbetraf, so war der Rest des Prozesses nur noch reines Theater.
     
     
     

ZWÖLFTES KAPITEL
     
    W ir saßen in Levines Büro, der Sheriff auf der
einen Seite des

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