Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Obelisken von Hegira

Die Obelisken von Hegira

Titel: Die Obelisken von Hegira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
lag sein Ursprung? Am Weltenwall?
    Barthel erfuhr von Avra, warum wenige Seeleute aus Weggismarche jemals in die Bleichen Meere gereist waren, und keine so weit wie sie jetzt. Er erzählte es Bar-Woten weiter. Zusätzlich zu den Legenden über unbekannte Gefahren wurden die Bleichen Meere in regelmäßigen Abständen von giftigen Schadstoffen durchflutet, und von diesen Strömungen stiegen gefürchtete Gase auf, die eine Durchfahrt unklug erscheinen ließen. Der Halbinsel-Obelisk, so wurde allgemein gemutmaßt, bezeichnete eine Grenze, weil nördlich davon keine weiteren Obelisken aufzufinden waren. Was sich daraus folgern ließ, so sagte Barthel, wußte keiner. Aber für die Einwohner Weggismarches, Pallastas und der umliegenden Länder war der Norden offenkundig wenig gastfreundlich. Und doch hatten sie jetzt den Beweis, daß dort Menschen lebten!
    Das Schiff-auf-Beinen rief sie am späten Nachmittag an und befahl ihnen, den Anker zu lichten. Man werde jetzt den Hafen verlassen und gegen die Strömung segeln. Zum Glück werde der Wind mit ihnen sein.
    Gegen Abend sahen sie Rauch und Dunstschleier. Sie kämpften sich unter Volldampf gegen das unbarmherzige Wasser voran, die Segel gebläht von einer steifen Brise; Masten und Spieren knarrten unter der Belastung. Ein unangenehmer Geruch wehte ihnen wie zur Begrüßung entgegen, untergründiger, aber stechender als der Gestank der Methantanks allein. Er biß in der Nase und ließ die Augen tränen.
    Von der fernen Küste stiegen Rauchfedern aus einer Kolonade von Schloten auf. Die Luft war gesättigt mit Schmiere und Ruß. Ein kurzer, unangenehmer Gedanke schoß Kiril durch den Kopf – sie waren schnurstracks unterwegs in die Hölle, und vor ihnen lag nichts als Feuer und Eis.
    Die Nacht war unerfreulich und brachte keinen Schlaf. Während sie in einer kleinen Bucht außerhalb der wirbelnden Strömung vor Anker lagen, erfüllte sich die Dunkelheit mit dem Röhren von Maschinen und dem Brüllen von Hochöfen. Der Wind war abgeflaut, und der Rauch wallte jetzt zäh rings um sie herum, ein dunstiger Schleier, der sich langsam um sie schloß, sie zu ersticken. Barthel gestand, daß ihm das gar nicht gefiele. Das Trio hatte sich um Mitternacht auf dem Hauptdeck getroffen und unterhielt sich nun darüber, was sie tun würden, wenn sie das Schiff würden aufgeben müssen. Barthel widerstrebte es, auch nur darüber nachzudenken; Kiril hingegen war beinahe begierig darauf. „Ich sehe keine andere Chance“, sagte er. „Auf uns allein gestellt wären wir jetzt besser dran …“
    „Wie das?“ fragte Bar-Woten. „Wir beherrschen die hiesige Sprache nicht, ja, wir wissen nicht einmal, was für ein Menschenschlag hier lebt, oder sonst etwas von dem, was wir wissen müssen, wenn wir unerkannt durchschlüpfen wollen. Diese Maschinen machen mir Angst – ich gebe das offen zu und lache jedem ins Gesicht, der sagt, ihm nicht.“
    „Ihr habt den rechten Geist verloren. Es ist uns aufgegeben, voranzuschreiten, wann immer uns das möglich ist“, sagte Kiril.
    Der Ibisier musterte Kiril beim gedämpften Schein ihrer abgedeckten Laterne. Der Mediwewaner starrte in die Dunkelheit.
    „Nicht, wenn wir dadurch in ein offenes Feuer spazieren statt drumherum“, sagte Barthel, indem er sein Gewicht von seinem Sitz aus Tauen auf das hölzerne Deck verlagerte. Kiril schnaubte verächtlich.
    „Hört her“, zischte Bar-Woten. „Falls dieses Schiff in eine Lage gerät, aus der niemand entkommen kann, dann sind auch wir gefangen, und das ist gar nicht gut, wie ich zugeben muß. Dazu dürfen wir es allerdings nicht kommen lassen. Aber für den Augenblick können wir nur abwarten und zusehen. Wenn die Leute, die die Maschinen betreiben, so weise sind, wie sie tüchtig sind, mögen wir besser dran sein, als wir glauben.“
    Eine Pfeife schmetterte jenseits der Hügel, die die Bucht umgaben. Sie klang wie ein sterbender Saurier. Kiril brach der Schweiß aus, obwohl die Nachtluft beinahe frostig kalt war.
    „Also tun wir nichts“, sagte er. „Wir setzen uns hin und warten, bis es uns erwischt, und geben alles auf.“
    Die anderen sagten nichts. Bar-Woten wandte sich der schimmernden Nachtluft jenseits der Hügel zu und leckte seine trockenen Lippen. Er haßte es, nicht zu wissen, gegen was es zu kämpfen galt.

 
     
18
     
     
    Der Morgen war nebelig trübe. Die Mannschaft der Dreizack konnte ringsumher weder irgendwelche Schiffe noch sonst etwas sehen. Es war eine denkbar schlechte Zeit

Weitere Kostenlose Bücher