Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Oder gluckste vor Vergnügen

Die Oder gluckste vor Vergnügen

Titel: Die Oder gluckste vor Vergnügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
Vom Netzwerk:
hartgesotten.
    »Wie spät ist es denn?« fragte Bibi.
    »Zwölf Uhr.«
    »Aber da müßten wir doch schon bald drüben sein?«
    »Wir sind kein Schnelldampfer«, sagte ich. Nach einer Weile sprang der Wind um, und nun sah es aus, als würden wir doch noch das Blaue Band gewinnen. Wir fuhren wie geschmiert. Die Rumpelei hörte auf, dafür tauchte der Bug tief ein. Und wenn der Kahn sich schräg legte, brodelte das Wasser dicht unter den Fenstern vorbei.
    Plötzlich sah ich, daß der Flaggenknauf am Bug so schnell und verdächtig an den Wolken entlangglitt. Was war das? Auf einmal lagen wir quer zum Wind.
    »Wohin steuerst du denn?« fragte Cotta.
    »Der Käpt’n pennt!« rief Bibi.
    »Bin hellwach«, sagte ich. »Aber das Steuer will nicht mehr.«
    Cotta beugte sich übers Heck. »Dreh mal am Rad!« Ich tat es. »Funktioniert«, sagte Cotta. »Hallo, aber die Schraube dreht sich nicht.«
    Dabei hämmerte der Motor auf vollen Touren.
    »Wahrscheinlich hast du Leerlauf geschaltet«, sagte Cotta. »Ach Rex!« Sie lachte. »Was bist du für ein Käpt’n!«
    Aber ich wußte schon, daß ich richtig geschaltet hatte. Die Kupplung faßte nicht.
    »Kupplung?« fragte Bibi ungläubig. »So was gibt’s doch nur beim Auto.«
    Da tat’s einen Ruck unter den Planken, und wir fuhren wieder.
    »Na, also«, sagten Bibi und Cotta.
    Ich hielt es für geraten, die Fahrrinne der großen Schiffe anzusteuern. Da hatten wir Hilfe in nächster Nähe, falls etwas passierte.
    Unbekümmert ging Bibi im Badeanzug auf den Bug, um die Wellenspritzer zu genießen.
    »Ist es kalt?« forschte Cotta.
    Bibi quietschte nur. Das Quietschen wirkte anregend auf Cotta. Sie raschelte hinter meinem Rücken, zog sich aus und sprang auch auf den Bug.
    Ich lauschte auf die Geräusche des Motors, blickte bald auf die Qualmwolke, bald auf den Leuchtturm, der die Fahrrinne markierte. Und da — das Ungeheuer mit dem Betonsockel war schon ganz nahe — machte der Motor ft — ft — ft — und blieb stehen. Mein Herz setzte auch für einen Augenblick aus. Jetzt drehte uns der Wind, wie er wollte. Die Wellen taten ein übriges. Wir schlingerten wie verrückt auf die Betonwand zu.
    Bibi und Cotta kamen herein.
    »Ach, ich weiß«, meinte Cotta, »der Kraftstoff ist alle!«
    Das war’s! Sie schleppten die Kanister aus dem Heck heran. Ich füllte fieberhaft ein. Schon verdunkelte der Betonsockel des Leuchtturms die Fenster.
    Bibi freute sich, daß das Ding so nahe war. Sie wollte es knipsen. Plötzlich ein Schrei vom Bug: »Fototasche über Bord!«
    Cotta kam ihr mit dem Enterhaken zu Hilfe, während ich mich bemühte, den Motor in Gang zu bringen.
    Da sah ich Cotta und Bibi mit den Köpfen über der Schanze hängen. Sie klammerten außenbords und fischten nach dem verlorenen Etui.
    »Zurück!« schrie ich. »Zurück da! Ihr seid wohl wahnsinnig geworden. Dumme Gänse! Seht ihr denn nicht...«
    Ich weiß nicht, was ich alles schrie. Es ging so schnell. Die beiden zogen die Köpfe ein, und schon krachten wir gegen den Betonsockel. Rums... Die Scheiben sanken in sich zusammen. Fast gleichzeitig sprang der Motor an.
    Wir lösten uns von dem Leuchtturm.
    »He«, sagte ich, »noch mal gut gegangen, was?«
    Bibi und Cotta antworteten nicht. Ich dachte, sie hätten mich nicht verstanden oder seien noch sprachlos vor Schreck.
    Aber da schaute Bibi zur Tür herein, nicht erschreckt, sondern höchst aktiv und konzentriert: »Rex, Cotta fragt, ob wir richtig gehört haben...«
    »Inwiefern?«
    »Daß du uns dumme Gänse nanntest!«
    »Kann sein«, sagte ich. »In der Aufregung. Ich dachte, es würde zerquetschte Köpfe geben.«
    »Danke«, sagte Bibi. Sie klammerten sich an die Schanze und berieten. Bibi kam wieder. »Schafe hast du auch gesagt.«
    Ich erwiderte, man könne doch die Gänse und die Schafe nicht auf die Goldwaage legen, in einer solchen Situation.
    Die Situation war kein Argument. Für Mädchen gab es nur psychische Situationen, das sah ich jetzt.
    Cotta kam, um mich zur Rede zu stellen. Barfuß und im Badeanzug wollte sie durch das zerbrochene Glas.
    »Halt!« rief ich.
    Cotta blieb stehen, aufrecht, so gut sie es in dem schwankenden Kahn vermochte. »Ich verbitte mir diesen Ton«, sagte sie. Da machte das Boot einen Sprung, und sie fiel beinahe in das Glas.
    »Aufpassen, festhalten!« brüllte ich. »Siehst du denn nicht...« Und jetzt hatte ich »dummes Frauenzimmer« gesagt. Es war verzeihlich. Sie hätte sich zu Tode stürzen können. Die Splitter lagen

Weitere Kostenlose Bücher